EM Aachen: Knapper Vorsprung für deutsche Dressurequipe nach Tag Eins

Von

Immerhin hatte der Niederländer Diederik van Silfhout mit dem hübschen Arlando v. Paddox zwei Startplätze vor Werth vorgelegt. In Piaffen und Passagen kann der gerade erst zehn Jahre alte Hengst richtig punkten: Immer im Rhythmus und von seinem Reiter Diederik van Silfhout mit äußerst vorsichtiger Handeinwirkung vorgestellt, hatte das Paar 75,814 Prozent bekommen. Hätte es keinen groben Patzer in den fliegenden Galoppwechseln zu zwei Sprüngen gegeben, wäre es sicherlich eine hohe 76-Prozent-Runde gewesen, vielleicht sogar noch mehr. Die Tendenz in Zeitlupe zu gehen, wie es noch bei den Weltreiterspielen in Caen im vergangenen Jahr der Fall gewesen war, hat Arlando mittlerweile nahezu abgelegt. Nur sein mäßiger Schritt ist nicht besser geworden. Dennoch hatten die Niederländer vorgelegt und Werth musste liefern. Eine Situation, die Werth erstens kennt und der sie mit ihrer Championatsroutine – 1989 war sie erstmals bei den Senioren in Mondorf bei der EM am Start – gewachsen ist.

Pauline von Hardenberg

Starke Passagen und Piaffen: Arlando und Diederik van Silfhout (NED) führen nach dem ersten Tag in Aachen. Foto: Pauline von Hardenberg (© Pauline von Hardenberg)

Pauline von Hardenberg

Pauline von Hardenberg

Und dann kamen die Einerwechsel. In der Einleitung klemmte es. Ihr Fehler sei das gewesen, sagte Isabell Werth hinterher. „Ich bin in die Einerwechsel reingeritten, habe die erste Hilfe schwach gegeben, er hat dann nicht sofort reagiert.“ Danach lief alles ohne grobe Patzer ab, aber die Galopppirouetten, gerade die erste nach links, hat man auch schon als Highlight des Paars gesehen. Heute waren sie gelungen, aber eben nicht brillant. Und es geht bei diesem Championat um jeden Punkt. Mit 74,9 Prozent war Werth schlussendlich Vierte, hinter Jessica von Bredow-Werndl, die ebenfalls nicht 100 Prozent der erwarteten Leistung hatte abrufen können.

Isabell Werth machte aus den für ihr Verständnis zu niedrigen Beurteilungen ihres Hannoveraners kein Hehl: „75 bis 76 Prozent hätte er verdient gehabt. Es war eine sehr stabile Prüfung, ich fand ihn besser in der Anlehnung als in Hagen.“ Ihrer Meinung nach sei taktisch gerichtet worden. „Aber“, fügt sie schulterzuckend hinzu, „dass wir hier nicht nur Freunde haben, ist nun mal so.“ Rückendeckung erhält sie von Equipechef Klaus Roeser. „Isabell ist super geritten, die waren nicht nett zu ihr. Jeder hat mit einer höheren Note gerechnet.“

Deutschland kommt in der Zwischenwertung auf 150,100 Punkte, die Niederländer auf 148,214 und das Team Großbritannien auf 145,743. Die Briten sorgten für eine erste Überraschung. Allerdings eine mit Ansage: Nach einem relativ schwachen Auftritt von Michael George Eilberg mit Marakov, 69,943 Prozent, was aber nach dem Verkauf seines Championatspferd Halfmoon Delphi zu erwarten war, war mit Spannung der Auftritt von Fiona Bigwood und Atterupgaard’s Orthelia erwartet worden. Die Gribaldi-Tochter, in Dänemark geboren, oldenburgisch gebrannt und genau so schwarz wie ihre Halbbrüder Totilas und Unee BB, ging in Aachen den sechsten Grand Prix ihrer Karriere. Und was für einen!

Jan TönjesChefredakteur

Chefredakteur ab 2012, seit 2003 beim St.GEORG. Pferdejournalist seit 1988. Nach Germanistik/Anglistik-Studium acht Jahre tätig bei öffentlich rechtlichem Rundfunk, ARD, SFB, RBB in Berlin. Familienvater, Radiofan, TV-erfahren, Moderator, Pferdezüchter, Podcasthost, Preise: Silbernes Pferd, Alltech Media Award. Präsident Internationale Vereinigung der Pferdesportjournalisten (IAEJ).

  1. N.

    Mittlerweile ist sehr offensichtlich, dass diese EM NICHT im Viereck, sondern in den Richterhäuschen entschieden wird.
    Es kann doch nicht angehen, dass die Richter jetzt auch noch Richter brauchen, die ihnen auf die Finger schauen.
    Die momentane Vorgehensweise in Aachen läßt einen als Dressurfan sprachlos und entsetzt zurück!

  2. Anja Sieg

    Ich habe das Paar Rath/Totilas nicht live gesehen, sondern studiere gerade nur sprachlos die Wertnoten. 3x auf 1, Frau Wüst und Herr Roudier auf Platz 11. 10,1 Punkte Unterschied in der Wertnote. Wo Menschen urteilen, gibt es immer Differenzen, aber in der Dressur, wo es eigentlich auf dem Papier klare Vorgaben für klassisches Reiten gibt… Jetzt bin ich auf die Wertnoten für die letzten Reiter gespannt. Ob die Richter bei Edward Gal auch so genau hinsehen und entsprechend kritisch werten?

  3. Minky

    Liebe Leute der Toto läuft hinten aber nicht so Bombe , was ist den in Trabverstärkung hinten links los ?
    Und das Pferd hats Maul auf ……

  4. Duncan

    Bei der Fehlersammlung und den durchgehend ungleichen Tritten im Trab, Piaffe mit Rückwärtstendenz, Einerwechsel nicht ganz durch…. frage ich mich was die Richter übersehen möchten. Der Kommentator der ARD hat es treffend gesagt als er meinte es müsse auf den Takt geachtet werden etc. Da haben andere Reiter eine bessere Leistung abgegeben.

  5. Melanie Schmidt

    Totilas war unter Edward Gal unvergleichlich gut, der Verkaufspreis heißt aber nicht dass er dass für immer ist. Hier sitzt der falsche Reiter auf dem Pferd, er kann es nicht und er wird es nie so können wie Edward Gal, dieses Gefühl für ein Pferd kann man nicht erlernen. Dass es am Reiter liegt, zeigt doch auch dass sich Gal wieder mit einem jungen Pferd nach oben geritten hat, hier stimmt die reiterliche Qualität. Es ist schon zu viel Zeit vergangen, dass die Richter die Augen zu gemacht haben, unter Rath gab es keine fehlerfreien Ritte, die hohen Noten hatten doch eher Promistatus Totilas. Während Reiterkollegen saubere Ritte zeigen und dafür weniger bewertet wurden wie Totilas in den letzten Jahren und ein Totilas von Qualifikationen freigestellt wird und dann zur EM zugelassen wird fragt man sich doch wo hier noch fairer Sport ist, die Kollegen die dafür arbeiten sitzen auf der Reservebank. Unser Team hätte ohne Totilas mit Dorothee Schneider oder Hubertus Schmidt, Balkenhol doch eindeutig besser glänzen können. Totilas mit Rath starten zu lassen war schon im Vorfeld zum scheitern verurteilt. Es war ein Fehler Dorothee Schneider aus dem Team zu lassen damals, wenn nicht mit Diva Royal hätte sie auch mit einem anderen Pferd ohne Probleme glänzen können. Sie hat das reiterliche Vermögen und das sollte doch im Vordergrund stehen und nicht 11 Millionen. Wir brauchen Richter die Fehler bewerten, wenn nur noch spektakuläre Bewegungsmechanik zählt brauchen wir den Wettkampf nicht mehr, dann steht gutes Reiten nicht mehr im Vordergrund. Wofür brauchen wir dann noch Bücher der FN wie Richtlienien etc.?
    Wir brauchen Bundestrainer die Sympathien außen vorlassen und Paare nominieren, die reell gut sind, das gilt auch für Springen. Hier ist die Besetzung auch seit Jahrzehnten fast gleich und ein top Reiter wie Hansi Dreher mit mehrern Top Pferden reitet für sich selbst. Insofern ist es nicht verwunderlich wenn Deutschland auf den Rängen abrutscht.

  6. Rina Haym

    Totilas hat seine Qualitäten wie auch Rath. Und es sind alles Lebewesen und keine Maschinen. Jede Paarkombination hat ihre Vor- und Nachteile. Und es ist müßig immer darüber zu diskutieren wie Rath Totilas reitet und wie Totilas vorher ging. Fakt ist Rath ist Totilas Reiter. Fakt ist Rath reitet ihn so gut er kann, mit jede Menge Druck und Erwartungshaltung von außen.
    Ist das gerecht?

    Klar kann die frage aufkommen , ob nicht jemand anderes an seiner Stelle hier hätte reiten sollen. Aber nur aus dem Standpunkt heraus, dass man Totilas schon eine ganze Weile nicht mehr wirklich auf einem Turnier gesehen hat. Aber es wurde anders entschieden! Und ja man hat Takt Unreinheit im starken Trab gesehen. Er kam durch den Vet. Check und wird wohl auch neu untersucht. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Schockemöhle und Familie Rath/Linsenhoff mit einem nicht 100% Pferd auf eine Europameisterschaft fahren. (meine Meinung)

    Worüber hier mehr diskutiert werden sollte, ist das Richtsystem! (Das jeden Reiter betrifft egal welcher Nation!)
    Wie können die Punkte so weit auseinander liegen? Diese „komische“ Punkteverteilung fängt ja schon in den kleinen Prüfungen an. Hier müsste was passieren! Wie kann es sein, dass zwischen der besten Punktzahl und der schlechtesten 18 Plätze liegen? Ich lass mir noch eine Differenz von 3-4 Plätzen gefallen, aber alles andere ist nicht mehr realistisch meiner Meinung nach.
    Bei einem Richtsystem mit drei Richtern sollte eine Abweichung von mehr als 5% gestrichen werden. (Nach oben oder nach unten.) Also nur die Punkte, die eng zusammen liegen kämen in die Wertung.
    Ich glaube, dies könnte man auch in einem Richtsystem mit 7 Richtern tun. Hier sollten sich die FEI sowie die FN mal ein paar Gedanken machen.
    Und hierüber kann man sich aufregen.
    Da ist es im Springen schon unkomplizierter Stange fällt oder Stange fällt nicht!
    Überall wo eine subjektive Punktevergabe ist, gehen Meinungen auseinander!


Schreibe einen neuen Kommentar