Louisdor-Preis Hagen: Sieg für Freischütz und William Matthew vor Werth und Chuck Bass

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Nachwuchs Grand Prix, Dressur, Qualifikationsprüfung

William Matthew mit Freischütz (© von Korff)

Die Gastboxen für den Stall Werth beim Frankfurter Festhallenturnier 2023 füllen sich. Nach der Burg-Pokal- und Louisdor-Preis Qualifikation heute in Hagen sind es schon drei Pferde, die dort untergebracht werden müssen. Allerdings war es nicht die Chefin, die heute im Louisdor-Preis die Nase vorn hatte.

Am Freitag hatten Isabell Werth und Chuck Bass die Stall- und Trainingskollegen William Matthew und Freischütz noch hinter sich gelassen. Heute drehte der Australier den Spieß um und ließ seine Chefin hinter sich.

Freischütz begann seine Karriere einst als Reservesieger der Oldenburger Körung 2015. Franz-Josef Wieghaus-Vorwerk hatte den Foundation-Sohn aus einer Del Martino-Mutter gezogen. Schon bei seiner Körung war Freischütz von Helgstrand Dressage präsentiert worden. Seine ersten Turniererfahrungen sammelte der inzwischen gelegte Dunkelbraune unter dem Luxemburger Sascha Schulz, ehe er in den Stall Werth ging. Dort saß von Anfang an William Matthew in seinem Sattel. Er stellte ihn in Dressurreiterprüfungen der Klasse M, M- und S-Prüfungen und gewann im Herbst letzten Jahres seine erste Intermédiaire II mit dem heute zehnjährigen Dunkelbraunen, der inzwischen Wallach ist.

Heute gelang den beiden eine wunderbare, schon sehr ausgereifte Runde. Dabei stellte William Matthew Freischütz losgelassen und über weite Teile der Aufgabe in passendem Rahmen vor. Highlights waren die schwungvollen, raumgreifenden Trabverstärkungen, der Mittelgalopp mit fliegendem Wechsel bei X – eine wirkliche Herausforderung, der Nachwuchs-Grand Prix-Prüfungen –, aber auch die versammelten Lektionen, die noch nicht alle perfekt gelangen, aber bei allen war das Talent des Wallachs gerade in diesem Bereich offensichtlich. Der ehemalige Fünf-Sterne-Richter Dr. Dietrich Plewa hatte in bewährter Weise die Kommentierung der Ritte übernommen und lobte neben den Verstärkungen insbesondere auch die Rückführungen in die Versammlung. 74,404 Prozent waren das Ergebnis.

Platz zwei für Chuck Bass

Mit 73,765 Prozent wurde Isabell Werth auf dem Cennin-Sohn Chuck Bass Zweiter. Das erste, was Werth bei der Kommentierung ihres Rittes sagte, war, wie stolz sie auf „Will“ ist. Mit dem zweiten Platz konnte sie gut leben. Allerdings hatte sie vergessen, dass sie nach ihr noch ein weiteres Paar kam. Doch sie blieb Zweite und buchte damit das dritte Frankfurt-Ticket für Rheinberg.

Vor der Prüfung machte der neunjährige Westfale sich einmal energisch frei und riss den Kopf hoch. Aber rechtzeitig vorm Klingeln hatte sie ihn wieder bei sich, wenn auch mit sichtlich reiterlichem Aufwand. Sie begannen stark. Im Trab federt der neunjährige Westfale aus der Zucht von Helga Schwätzler los wie sein Vater. Piaffen und Passagen sind noch sehr im Werden und erfordern noch viel Unterstützungen. Gut gelangen die Traversalverschiebungen. Der versammelte Schritt war deutlich Taktverschoben und erhielt Wertnoten von 5 bis 7,5. Im Galopp begannen auch sie mit gelungenem Mittelgalopp inklusive Wechsel bei X. In den Pirouetten nahm der Wallach gut Last auf und sprang dabei fleißig weiter. Die Zweierwechsel waren sicher nach vorne-oben durchgesprungen, wenn auch mit viel Einwirkung. In den Einerwechseln hatten sie dann einen teuren Fehler.

Isabell Werth sagte später, Chuck Bass sei „noch etwas grün“ und der Sprung von der Intermédiaire II sei sehr groß. Insofern sei sie sehr stolz und super happy, wie Chuck Bass das heute gemacht hat.

Geburtstagsgeschenk

So wie bei der Schwedin Anna Blomgren und ihrer neunjährigen Sezuan-Tochter Torveslettens Sunshine (eine Halbschwester zu Marieke van der Puttens Titanium, beide stammen aus der ehemaligen Grand Prix-Stute von Andreas Helgstrand, Stamina), stellt man sich Dressurreiten vor: leicht, selbstverständlich, mit dezenter Einwirkung und einem zufriedenen, motivierten Pferd. Mit 72,978 Prozent wurden die beiden Dritte – das war im Direktvergleich wenig. Der Takt in den Piaffe-Passage-Touren war wir ein Metronom, mit ganz viel Kadenz, erkennbarer Hankenbeugung und wirklich einem Tritt wie dem anderen. Auch die Traversalverschiebungen – keinerlei Verlust von Kadenz, jeder Richtungswechsel sorgfältig vorbereitet und umgestellt. Richtig klasse!

Auch Dr. Dietrich Plewa geriet ins Schwärmen: „Wie selbstverständlich“,  „mit Höhepunkten in schöner gleichmäßiger Anlehnung, in natürlicher Aufrichtung durch das tragende Hinterbein“ waren einige der Äußerungen.

Blomgren hatte heute doppelten Grund zur Freude: Sie hatte nämlich auch noch Geburtstag. Schade, dass die Richter ihr keinen Finalplatz geschenkt haben. Verdient gehabt hätte sie es.

Weitere Paare, die auffielen

Der Hengst, der sich im vergangenen Jahr auf dem Platz in Hagen fürs Burg-Pokal Finale qualifiziert hat, wurde heute im Louisdor-Preis mit 70,148 Prozent Sechster: der Vivaldi-Sohn V-Plus unter Susan Pape. Der Rappe hat sich toll weiterentwickelt, ist viel geschlossener geworden, und Susan Pape stellte ihn mit großem Geschick vor, zum Beispiel wie sie die Piaffen einleitete, aber vor allem, wie sie immer wieder bestrebt war, den Hengst vor sich zu behalten und ihn mit feiner Hand von hinten nach vorne durch die Prüfung ritt.

Etwas unter den 70 Prozent blieben Charlott-Maria Schürmann und der zehnjährige KWPN-Wallach Ivar v. Desperado, ein nicht zu großer Brauner mit gleichmäßiger Blesse, der leichtfüßig und schwungvoll daher kommt. Er und seine Reiterin sind erst seit vier Wochen ein Team und Hagen war ihr zweites Turnier. Tatsächlich machte der Wallach große Augen, als er aufs Viereck kam, blieb aber bei der Reiterin. In der Trabverstärkung wurde er noch sehr eng. Die Übergänge in den Piaffe-Passage-Touren gelangen prima, allerdings merkte Dr. Plewa an, dass der Wallach es sich hier selbst noch schwer macht, indem er fast zu viel Last aufnimmt. Dass ihm das liegt, zeigte sich auch in den Pirouetten. Sicher, Ivar verwarf sich noch zeitweise und wurde auch immer wieder eng. Aber auch wenn noch nicht alles perfekt klappte, sah man: Das kann mal richtig gut werden! Kurz: Alles nicht perfekt, aber alles mit den richtigen Ansätzen. Charlott Schürmann brachte es auf den Punkt: „Ich bin überwältigt von diesem Pferd!“

Alle Ergebnisse des Louisdor-Preises finden Sie hier.

Dominique WehrmannRedakteurin

Studierte Politologin, seit 2006 bei St.GEORG. Als Jugendliche Dressurtraining bei Hans-Georg Gerlach, Michael Settertobulte und Reitmeister Hubertus Schmidt und das auf einem selbstgezüchteten Pferd. Verantwortet die Bereiche Spitzensport und Pferdezucht. Im Presseteam des CHIO Aachen und der Pferdemesse Equitana, hat für den NDR im Fernsehen kommentiert.