Bucha 2020: sechsjährige Dressurpferde – Dalera-Moment entscheidet Secret-Valverde-Duell

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Bundeschampionat Dressur-Reitpferde 2020

Bundeschampion der sechsjährigen Dressurpferde 2020: Secret v. Sezuan mit seinem Züchter Hubert Vogler (li.) (© www.equitaris.de)

Spannend bis zum letzten Moment war das Finale der sechsjährigen Dressurpferde beim Bundeschampionat. Denn Valverde und Eva Möller hätten Secret und Jessica Lynn Thomas den Sieg streitig machen können. Doch dann unterlief Valverde ein Dalera-Moment. Und es gab eine Überraschungs-Zweite.

Der Regen hatte ein Nachsehen mit den 22 Startern im Finale des Bundeschampionats der sechsjährigen Dressurpferde. Anders als in der Regenschlacht der vierjährigen Reitpferde schien die Sonne. Zumindest bis zum Ende der Prüfung. Als der DSP-Hengst Secret als neuer Bundeschampion zur Siegerehrung gebeten wurde, hatte Petrus die Schleusentore wieder auf „fluten“ gestellt.

Secret, der unter Jessica Lynn Thomas bereits die Einlaufprüfung gewonnen hatte, zeigte eine gute Runde mit einigen Höhepunkten. Nicht immer war das Genick der höchste Punkt, aber das noch oben federnde Vorderbein des Sezuan-Sohns (Z.: Hubert Vogler) ist sehenswert.

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Das Unternehmen Titelgewinn lief erfolgreich an. Alles federte, alles im Takt. Kommentator Dr. Dietrich Plewa lobte die „Dynamik, die sowohl nach oben als Erhabenheit als auch nach vorne in der Verstärkung“ sich auszahle. Besonders hob Plewa neben der Fähigkeit, sich versammeln zu lassen, das Reiten von Jessica Lynn Thomas hervor, die die Kadenz des kapitalen Braunen „nicht in einen Schwebetrab übergehen“ ließ. Trabnote: 9,5, „für eine Zehn hätte es mehr Streckungsmoment in den Verstärkungen“ haben dürfen. Tatsächlich waren es nur wenige Pferde, die in der Prüfung in diesem Kriterium der Lehrbuchvorstellung entsprachen.

Aber dann kam die erste Schrittpirouette, die nach links. Hier verlor der Hengst komplett den Viertakt, trat mehrere Tritte klar gleichseitig. Umso erstaunlicher und bemerkenswerter (!), dass er in der anschließenden Rechtspirouette wieder vollkommen klar im Viertakt war.

Nachdem es in jedem der vier geforderten fliegenden Galoppwechseln Momente gab, in denen das Publikum (also die Anwesenden, Zuschauer gibt es ja 2020 nicht) die Luft anhielt, schien der Titel nicht mehr so sicher. Im zweiten Galoppwechsel tauchte Secret ab, den dritten sprang er hinten beidbeinig.

Diese Fehler landeten aber in der Durchlässigkeitsnote. Den Galopp beurteilten die Richter mit einer glatten Zehn, den Schritt mit einer 8,0. „Die Galoppade lässt gar keine Wünsche mehr offen.“ Neben den Problemen in den fliegenden Wechseln summierten sich ein „minimal enger Hals“ und zu wenig Stellung in der Linkstraversale zu einer 8,5 in der Durchlässigkeit.

„Zweifellos ein ganz, ganz tolles Dressurpferd“ (Gesamteindruck: 9,0). Ein Bundeschampion für das Gestüt von „Ecki“ Wahlers.

Valverdes Dalera-Moment

Zwanzig Minuten später kam der westfälische Körsieger Valverde ins Viereck. Da lag Spannung in der Luft. Eva Möller hat schon of bewiesen, dass sie Nerven hat, wenn es drauf ankommt. Und der Helgstrand-Hengst ist ihr erklärter Liebling. Vor Aufgabenbeginn trabte Valverde mit stabiler Anlehnung außen herum. Erste Wetten wurden gemacht. Tenor, „sie kann es packen.“ Nach dem Gruß gab es eine erste Taktstörung noch auf der Mittellinie und auch die Rückführung nach der ersten Trabverstärkung war nicht so geschmeidig, wie man es schon gesehen hat. Sonst lief es aber bei dem Paar (9,0).

Im Schritt punktete der Vitalis-Sohn (Z.: Reesink Pferde GmbH), 9,0. „Schulmäßige Dehnung“, lobten die Richter.

Kleinere Ungereimtheiten häuften sich dann aber im Galopp. Auf dem Mittelzirkel sprang der Hengst zunächst einmal um. Später tat er das noch einmal an der langen Seite. Die fliegenden Wechsel waren aber dennoch deutlich sicherer als bei Secret. Doch vor dem dritten fliegenden Galoppwechsel kam es zum Dalera-Moment. Auf Höhe der Mitte der langen Seite, wo Außengalopp gefordert ist, hob der Westfale den Schweif und parierte durch zum Schritt. Eva Möller war machtlos, das erinnerte an den Moment bei der letztjährigen Europameisterschaft in Rotterdam, als Daleras aktive Verdauung den Fluss in den Traversalen im Grand Prix von Jessica von Bredow-Werndl massiv störte. Schöner Sch…

Was blieb war die Erkenntnis, dass es sich bei Valverde um ein „hervorragend talentiertes“ unter den sechsjährigen Dressurpferden handelt. Aber die Galoppnote 8,5 und die mit 7,5 bewertete Durchlässigkeit ließen am Ende nicht mehr als eine 8,5 – Platz vier.

Platz zwei für Señor Charming

Bis zum Auftritt von Secret hatte Kira Laura Soddemann mit dem Fuchs Sector Charming v. Stanford (Z.: Christine Schreiner) in Führung gelegen. Schon im Kommentar zu dem mit Platz zwei das Bundeschampionat abschließenden Westfalen hatte sich Dr. Dietrich Plewa begeistert gezeigt: „Logelassen, super elastisch und bei allem Gehorsam ausdrucksvoll. Große Dynamik, super Schulterfreiheit“ – das war eine 9,0. In der Tat ist die Elastizität des Westfalen sehenswert. Im Schritt (8,5) wurde der sichere Takt gelobt, im Galopp hätte man sich nach Jurorenmeinung gelegentlich „noch“ mehr Untersprung erwartet, 8,5.

„Besonders imponierend“ seien aber die Durchlässigkeit, die fließenden Seitengänge sowie die „absolut sicheren fliegenden Galoppwechsel“ gewesen, 9,0. Und dann schwoll das Lobeslied zu recht noch einmal zu einem wahren Lobeschorus, dem großen Finale, an: „Soviel Selbstverständlichkeit und Harmonie mit seiner Reiterin“ sei natürlich auch „sehr gut“. 8,8 bedeuteten also Platz zwei.

0,1 Zähler dahinter: Eyleen v. Escolar. Schritt, Durchlässigkeit und Gesamteindruck wurden bei der braunen Stute für „sehr gut erachtet. Im Trab fehlt ihr noch die letzte Tragkraft, um die durchaus schon vorhandene Kadenz noch ausdruckstärker zu bekommen (8,0). „Der Schritt ein klarer Höhepunkt klar durch den Körper schreitend mit imponierender Taktsicherheit, auch im versammelten Schritt.“ Das gab die 9,0. Und dieses „sehr gut“ bekam die Westfalenstute auch in den Kriterien Durchlässigkeit und Gesamteindruck. Platz drei für die bei Josef Ulmker gezogene Stute, die Yvonne Kläne für das Gestüt Vorwerk vorstellte.

Stall Werth auf Platz vier

Niklaas Feilzer ist schon seit langem bei Isabell Werth als Bereiter angestellt. Nach Warendorf brachte er Falihandro. Der große Fürstenball-Sohn (Z.: Madonna Hedberg) begeisterte durch seine „Versammlungsfähigkeit im Trab“, so Dr. Dietrich Plewa. Er ging dabei auch noch ins Detail. „Sehr viel Grundschwung auch in den Wendungen, imponiert das Pferd in den Übergängen“. Dazu käme noch die klare Bereitschaft zur Lastaufnahme, 9,0. Im Schritt ging der Hannoveraner geregelt, auch „sehr schön durch den Körper“ – allein an Übertritt „wäre mehr erwünscht“, 7,5.

Die guten Übergänge innerhalb der Tempi wurden auch im Galopp gelobt, 8,5. Plewa wies auf „hohe technische Sicherheit, fließende Seitengänge mit gleichbleibender Kadenz“ und „Ausdruck in den Wechseln“ ergaben eine 8,5 für die Ausbildung. Wäre das Genick noch ein bisschen konstanter oben geblieben, hätte es hier noch mehr sein können. Der Gesamteindruck: 9,0 brachte dann das Endresultat auf 8,5.

Sechster wurde der ehemalige Bundeschampion Finest Selection OLD v. Follow Me (Z.: Heinz-Hermann Leismann) mit Patrick Kraft im Sattel. Dem „imponierenden Dressurpferd“ hätte man bei aller Elastik in den Trabverstärkungen „etwas mehr Dynamik gewünscht“. Das gute Gerittensein wurde ebenfalls besonders herausgestellt, Endnote: 8,4.

Platz sieben ging an Kira Laura Soddemann mit ihrem zweiten Pferd, dem Westfalen Van Holli v. Van Vivaldi aus der Zucht von Thomas „Holli“ Holling, 8,3. Wie schon bei den anderen Dressurpferdeprüfungen folgten dann mehrere Pferde ex aequo auf demselben Platz. So gab es drei achte Plätze mit 8,2. Darunter auch der Westfale Anthrazit v. All at Once. Er bescherte Greta Heimsoth einen ähnlich beschissenen Moment wie Valverde Eva Möller. Eine Bilderbuchrunde wurde plötzlich aus heiterem Himmel an der kurzen Seite wegen eines dringenden Bedürfnisses von Anthrazit unterbrochen. Schade, da wäre noch mehr drin gewesen.

8,1, Platz elf, wurde ebenfalls dreimal vergeben.

Nicht alle Darstellungen der sechsjährigen Dressurpferde waren ein wirklicher Augenschmaus. Aber wo es hakte, da wurde es auch im Fazit per Mikrofon recht deutlich benannt. Zu viel Hand, zu eng im Hals, Zunge, seltsamer Schaum am Maul – gut, dass die Dinge aufgezeigt wurden. Man fragt sich nur, wie es solche Pferde nicht nur zum Bundeschampionat, sondern sogar ins Finale schaffen.

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Jan TönjesChefredakteur

Chefredakteur ab 2012, seit 2003 beim St.GEORG. Pferdejournalist seit 1988. Nach Germanistik/Anglistik-Studium acht Jahre tätig bei öffentlich rechtlichem Rundfunk, ARD, SFB, RBB in Berlin. Familienvater, Radiofan, TV-erfahren, Moderator, Pferdezüchter, Podcasthost, Preise: Silbernes Pferd, Alltech Media Award. Präsident Internationale Vereinigung der Pferdesportjournalisten (IAEJ).