Dubioses FEI-Vorgehen bei Starterfeld Weltcup-Finale Dressur

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Morgens um sechs: Full House im Scandinavium. Die Dressurreiter haben offiziell Gelegenheit, ihre Pferde an das Göteborger Viereck zu gewöhnen.

(© Dressurreiter beim morgendlichen Abreiten im Wettkampfviereck für das Weltcupfinale 2015 im Scandinavium in Göteborg.)

Stell dir vor, es ist Weltcup-Finale 2021 und niemand weiß so genau, welcher Dressurreiter an den Start gehen darf. Mit einer Regeländerung, bedingt durch Corona, hat der Weltreiterverband (FEI) die Verteilung der 18 Startplätze geändert. Offiziell mitgeteilt hat die Federation es aber niemandem, auch nicht dem internationalen Dressurreiter Club (IDRC). Nun wittern die „Nicht-Europäer“ einen Komplott. [UPDATE, 6.1.]

Das Weltcup-Finale der Dressurreiter soll 2021 in Göteborg stattfinden, auch wenn Corona-bedingt noch weitere Qualifikationsturniere abgesagt werden müssen. Neumünster hat bereits die Reißleine gezogen, Salzburg und ’s-Hertogenbosch stehen noch auf der Agenda. Aber sowohl Österreich (dritter Lockdown) als auch die Niederlande erwecken momentan nicht den Anschein, dass die Durchführung von Reitturnieren in ihren Ländern oberste Priorität habe.

Wer darf in Göteborg starten?

Es gibt 18 Startplätze für das Weltcup-Finale der Dressurreiter. Qualifizieren können sich Paare auf der ganzen Welt, aufgeteilt nach vier Ligen: Westeuropa-, Zentraleuropa-, Nord Amerika- und Pazifik-Liga. Bislang sah die Verteilung vor, dass neun Starter sich in der Westeuropa-Liga sich ein Ticket sichern konnten. Dazu kamen je zwei für Kombinationen aus Zentraleuropa und Nordamerika, ein Starter aus der Pazifik-Liga, einer für einen „Non-League Rider“, also jemand, der keiner der Ligen zuzuordnen ist (beispielsweise Mittel- und Südamerika). Zu diesen 15 Teilnehmerinnen oder Teilnehmer kamen dann noch der Vorjahressieger, ein Vertreter des veranstaltenden Landes und derjenige Reiter, der sich nicht über seine Liga hatte qualifizieren können, aber die meisten Punkte gesammelt hatte.

Mit einer Veränderung des Regelwerks für die Finalteilnahme 2021 hat die FEI bereits Anfang Dezember eine neue Grundlage für das Starterfeld nach einer Entscheidung des FEI-Dressurkomitees online gestellt.  Demnach fallen die drei Startplätze für den „Non-League Rider“, die Wildcard für die veranstaltende Nation und den Punktbesten der Saison jenseits seiner Liga weg. Diese drei sollen nun mit Startern aus Westeuropa aufgefüllt werden.

Weil das Gros der der Weltcupqualifikationsturniere der Corona-Pandemie zum Opfer gefallen ist, reichen jetzt zwei Starts mit mehr als 68 Prozent in einer Grand Prix Kür seit dem 1. Januar 2019 in einem CDI3/4/5* oder CDIO aus, um sich qualifizieren zu können.

Die US-amerikanische Website dressage-news.com hatte gestern zuerst die neue, unbekannte Beschlusslage veröffentlicht. Tenor: In Lausanne in der Schweiz, also in Europa, hätten Europäer in der Zentrale der FEI zusammengesessen und dem Weltcup ein Stück seiner Internationalität geraubt. Mit diesem Vorwurf hat daraufhin die Webseite Eurodressage den Vorsitzenden des FEI Dressurkomitees Frank Kemperman konfrontiert. Der Niederländer, Leiter des CHIO Aachen, wies den Vorwurf zurück. Man habe vielmehr in schwierigen Zeiten nach einer Lösung gesucht. Dass Geld bei der Entscheidung eine Rolle gespielt habe – der Veranstalter eines Weltcup-Finale zahlt die Anreise der zwei- und vierbeinigen Sportlern – weist er aber von sich.

Änderung am Nikolaustag

Fakt ist: Die FEI hat es nicht für notwendig erachtet, eine Pressemitteilung zu veröffentlichen oder zumindest einen Hinweis an die betroffenen Interessenvertretungen nach der am 6. Dezember 2020 vorgenommenen Regeländerung zu geben.

Der Internationale Dressurreiterclub (IDRC) wurde erst von der Reiterin aus der Dominikanischen Republik davon in Kenntnis gesetzt. Isabell Werth, seit kurzem Präsidentin des IDRC, sagte gegenüber St.GEORG online: „Wir klären gerade, wie diese Entscheidung getroffen wurde und haben eine entsprechende Anfrage an das Dressurkomitee und die FEI gerichtet.“ Der Weltcup sei ein internationales und kein europäisches Event, „eine Lösung wird da sicherlich gefunden.“

Am härtesten trifft es die für die Dominikanische Republik startende Yvonne Losos de Muniz, die in den USA bereits Punkte für die Finalteilnahme gesammelt hat. Sie aus dem Rennen. Als Non-League Rider ist für sie kein Startplatz vorgesehen. In einer Stellungnahme gegenüber St.GEORG betont sie, dass sie das Vorgehen der FEI nicht nachvollziehen könne. Einerseits sei immer die Rede von einer Öffnung des Reitsports, Stichwort „more flags“, also mehr Flaggen, sprich Nationen, zu Großevents zu bekommen. Andererseits würde den Non-League Reitern nun die Chance auf einen Start beim Weltcup-Finale versagt.

„Viele Reiter aus Mittel- und Südamerika haben mich kontaktiert, um ihrer Enttäuschung , Wut und Verständnislosigkeit Ausdruck zu verleihen. Das ging so weit, dass sie sagten, wenn es jemandem wie mir widerfahre (Anm. d. Red.: Losos de Muniz hat schon an zwei Weltcup-Finals und den Olympischen Spielen von Rio 2016 teilgenommen) , sie sich die Frage stellen würden, warum sie Zeit und Geld investieren sollten, wenn die Türen ihre Nationen tendenziell verschlossen blieben.“

Die Dominikanerin betont, dass die europäischen Reiter auch kein Interesse am Ausschluss anderer Nationen vom Weltcup-Finale hätten. „Ich hoffe, dass die Aktivitäten vom IDRC und anderen dazu führt, dass die FEI ihre Fehleinschätzung überdenkt.“jordan retro shoes mens release dates | air jordan 1 mid unc cheap

Jan TönjesChefredakteur

Chefredakteur ab 2012, seit 2003 beim St.GEORG. Pferdejournalist seit 1988. Nach Germanistik/Anglistik-Studium acht Jahre tätig bei öffentlich rechtlichem Rundfunk, ARD, SFB, RBB in Berlin. Familienvater, Radiofan, TV-erfahren, Moderator, Pferdezüchter, Podcasthost, Preise: Silbernes Pferd, Alltech Media Award. Präsident Internationale Vereinigung der Pferdesportjournalisten (IAEJ).