Gabriele Pochhammer über sinnvoll investiertes Geld und sichere Geländehindernisse

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Immer wieder wird darüber diskutiert, wie Geländehindernisse rund um den Globus sicherer gemacht werden können. Eine Erfindung ist das sogenannte Mim-System, das auch in Luhmühlen zum Einsatz kommt. St.GEORG-Herausgeberin Gabriele Pochhammer hat den Mann kennengelernt, der hinter dem System steckt.

Der Turnierplatz in Luhmühlen ist in diesen Tagen wie ausgestorben, die großen Eisentore sind abgeschlossen, das Richterhaus leer, die Tribünen sowieso. Wenig erinnert an das quirlige Durcheinander, das im Juni die Westergellerser Heide für ein paar Tage zur Großen Welt befördert. Zur großen Welt der Buschreiter. Doch halt, im Hintergrund Richtung Milford Teich kreischt eine Motorsäge. In einer hölzernen Baracke am Randes des Platzes werkeln drei Männer an einem großen Holzbalken. Es ist das schwedische Team von Mats Björnetun, das die künftigen Hindernisteile mit Sicherheitsscharnieren versieht, die bei heftigem Anschlagen den Balken freigeben und damit schwere Unfälle verhindern sollen, dem „Mim-System“. Das ist die Abkürzung für „Mats in Myra“. Letzteres ist der kleine Ort, in dem Björnetun wohnt, 100 Kilometer von Göteborg entfernt.

Von Autos zu Hindernissen

Er sei kein Ingenieur, sagt Mats Björnetun, aber er beschäftige sich seit mehr als 30 Jahren mit Sicherheitsproblemen. Zunächst in der Autoindustrie, unter anderem bei VW, Audi und Mercedes, wo er Crashtest-Dummies entwickelte.

1986 gründete er seine eigene Firma. Und weil seine Frau sich für Pferde interessierte, begann sich auch Mats Björnetun mit dem Reitsport zu beschäftigen. Und stieß schnell auf das Thema Sicherheit, vor allem bei Geländeprüfungen – damit kannte er sich schließlich aus. 2009 bei der Europameisterschaft in Fontainebleau (FRA) präsentierte er den Veranstaltern sein Sicherheitssystem. Es erfüllte alle Kriterien: Es war für die Richter leicht zu beurteilen, das Hindernis kann nach dem Auslösen des Mim-Scharniers schnell wieder hergestellt werden, und es arbeitete zuverlässig. „Es dient in erster Linie dazu, Überschlagstürze (Rotation Falls) zu vermeiden“, sagt er. Die am meisten gefürchtete Art von Stürzen, bei denen das Pferd auf den Reiter fällt und ihn schwer, mitunter tödlich verletzen kann. Daneben wird das „Pin-System“ vor allem in Großbritannien angewendet, bei dem kleine Holzstäbe eingesetzt werden, die bei entsprechend heftiger Berührung brechen. Beim Viersterne-Event in Badminton sind inzwischen 25 Prozent der Hindernisse mit Sicherheitsvorrichtungen ausgestattet.

„Wir werden nicht alle Reiter retten können“

Auch in Luhmühlen wird das Mim-System schon verwendet, für verschiedene Arten von Hindernissen: Steilsprünge, Oxer, Gattern, Ecken und sogar Tische. Das Scharnier löst bei starkem Anschlag eine kontrollierte Bewegung des Hindernisteils aus, so, dass eine Stange nicht wegrollen kann und zwischen Boden und Hindernis genügend Platz für Kopf und Körper des Reiters bleibt. „Wir werden nicht alle Reiter retten können“, sagt Björnetun, „aber 75 Prozent. Das ist wie mit dem Airbag. Er verhindert nicht alle Verkehrstoten, aber sehr viele.“ Die Fälle, in denen das  Mim-System in den vergangenen Jahren in Luhmühlen ausgelöst wurde, kann man an einer Hand abzählen.

Einem hätte es nicht helfen können, dem 2014 tödlich verunglückten Ben Winter. Am Rande des Platzes, neben der Stelle, an der der Bundeswehrsportschüler mit seinem Pferd Ispo über einen Tisch stürzte und sich schwerste innere Verletzungen zuzog, mahnt eine große hölzerne Libelle an den schrecklichen Tag. Ein Hindernis steht dort seitdem nicht mehr.

Viel Neues, Kurs schwerer in 2018

In diesem Jahr wird auch der Rest der Wiese neu gestaltet, dafür ist Parcoursdesigner Mike Etherington-Smith für ein paar Tage nach Luhmühlen gekommen. Auch der Europateich bekommt ein anderes Gesicht, die Insel ist verschwunden. „Das gibt mehr Möglichkeiten, ein Hindernis im Wasser aufzustellen“, sagt Turnierleiterin Julia Otto. Viele Sprünge werden ganz neu gestaltet, andere werden versetzt. Neun werden „gemimt“, wie es in Fachjargon hießt, also mit Mim-Scharnieren ausgestattet. Es ist keine Vorschrift des Weltverbandes FEI. Aber es wird empfohlen auch von der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN). Julia Otto:

Sie stellt uns die Mim-Vorrichtungen kostenlos zu Verfügung

Das ist ja mal gut ausgegebenes Geld.

Der 64-jährige Mike Etherington-Smith ist einer der Großen der Szene, der Brite hat bei Europameister- und Weltmeisterschaften gebaut, jede Menge Viersterne-Events und zweimal Olympische Spiele, 2000 in Sydney und 2008 in Hongkong. Im vergangenen Jahr musste sich Mike Etherington-Smith nach seiner Luhmühlen-Premiere sagen lassen, die Strecke sei für ein Viersterne-Event zu leicht gewesen. Tatsächlich wird es kein Insider kritisieren, wenn ein Aufbauer im ersten Jahr nicht gleich Höchstschwierigkeiten fordert, sondern vorsichtig zu Werke geht und sich behutsam in die Strecke einfühlt. In diesem Jahr, so kündigt Etherington-Smith an, werde es bedeutend schwerer. „Damit die Reiter schon mal Bescheid wissen“, sagt er.Air Jordan 1 Outlet Store online | jordan 1 mid university blue release date

Gabriele PochhammerHerausgeberin

Herausgeberin des St.GEORG, den sie als Chefredakteurin von 1995-2012 als erste Frau auf dieser Position verantwortet hat. Als Berichterstatterin auf elf Olympischen Spielen und unzähligen Welt- und Europameisterschaften. Erfolgreiche Pferdezüchterin: Der von ihr gezogene Wallach Leonidas II war eines der besten Vielseitigkeitspferde seiner Zeit. Eines der Fachgebiete: internationale Sportpolitik, schreibt für die Süddeutsche Zeitung.

  1. Donald Kasper

    Fachfrage zum Thema Stall/ Haltung.
    Werte Fachleute,
    ohne erklärlichen Grund fängt mein Wallach (1,5 Jahre) in der Nacht an, die Boxe um zu drehen. Beim Scharren dröhnt der ganze Stall (zum glück ohne Eisen), neben der Ruhestörung kommt noch die einseitige Hufabnutzung (Zehe) zu den Unannehmlichkeiten.
    Weiß jemand Rat?
    MfG
    Donald Kasper


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