Hagen und Mannheim – Leuchttürme in Zeiten der Pandemie

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Moment mal! Die Kolumne von St.GEORG Herausgeberin Gabriele Pochhammer (© Foto Bugtrup/Montage: www.st-georg.de)

„Wir wollen keine Bezahlturniere wie in den USA“, sagt Ullrich Kasselmann, Chef des Turniers Horses & Dreams, das am vergangenen Wochenende mit Springen und Dressur gleich zwei Seuchen die Stirn bot. Aber Corona kostet – nicht nur Gesundheit und Freiheit, sondern auch viel Geld. Und die Vorsichtsmaßnahmen gegen einen Herpes-Ausbruch bei den Pferden sind auch nicht umsonst.

Gewaltige Anstrengungen sind nötig, um ein Turnier zu machen, das in Pandemie-Zeiten nicht zur Virenfalle wird. Die bekannten Corona-Maßnahmen – keine Zuschauer, Vorlegen eines maximal 24-Stunden alten Tests, Masken auf dem gesamten Turniergelände, kein VIP-Bereich, nur zwei Aussteller mit Zubehör für Reiter und Pferd, waren an sich schon etwas anderes, als das fröhliche Gewusel um die schicken Stände, die man sonst von Horses & Dreams in Hagen kennt. Und diesmal war alles noch ein bisschen komplizierter. Denn der von Spanien ausgehende Ausbruch der Herpes-Seuche im Februar und März forderte noch einmal besonders strenge Maßnahmen.

Nicht weniger strikt als die Regeln für die Menschen waren deswegen die für die Pferde. Bei Ankunft mussten ein negativer Herpes-Test und die Fieberkurve der letzten fünf Tage vorgelegt werden. Auch vor Ort wurde täglich Fieber gemessen, die Tierärztliche Hochschule Hannover schickte ein Team von Praktikanten, die die Pferde mehrfach täglich auf Symptome kontrollierten. Jedes Pferd wurde einzeln in den Stall geführt, bei jedem Pferd wechselte das Veterinärpersonal den Schutzanzug. Alle Boxen hatten Außenfenster, Stallgemeinschaften wurden zusammengelegt. Die Wege im Stall waren so konzipiert, dass sich die Pferde und Menschen nicht begegneten.

„Das macht alles keinen Spaß“, sagt Ullrich Kasselmann, „und wir hoffen, dass wir bei der Dressur-Europameisterschaft im September wieder Zuschauer haben werden. Wir wollen keine reinen Bezahlturniere wie in den USA, die von den Leuten finanziert werden, die selbst reiten.“ Dort bezahlen die wohlbetuchten Reiter – beziehungsweise ihre ebenfalls nicht am Hungertuch nagenden Sponsoren – derzeit die Turniere quasi aus eigener Tasche. Soweit sind wir hierzulande noch nicht, aber schon jetzt müssen sich die Reiter an den Kosten für die Tests bei Mensch und Pferd beteiligen. Wer vom Sport lebt, und das ist ja die Legitimation der Profis, dass überhaupt etwas stattfindet, muss jetzt mit spitzem Bleistift rechnen. Und trotzdem zahlen viele im Moment zu.

Maimarkt-Turnier ohne Maimarkt

Einen gewissen Mut zum Risiko beweist Peter Hofmann, Chef des Mannheimer Maimarktturniers am kommenden Wochenende. Die Corona-Inzidenz der Stadt liegt bei 223,1 (Stand 26. April), da machen andere Kommunen alles dicht. Aber Hofmann holte die städtischen Behörden zu sich ins Boot und so ist er überzeugt, dass kein einziger Virusträger es in das abgesperrte Maimarktgelände schaffen wird. Das sollen tägliche Tests vor Betreten des Platzes gewährleisten, ausnahmslos für alle. „Auch für die Geimpften“, sagt Hofmann. Das lässt er sich 7500 Euro pro Tag kosten.

Er hofft dann innerhalb des Zauns „auf ein Stück Normalität“, trotz Maskenpflicht und Luftfilter in allen geschlossenen Räumen. Die Pferde werden in kleinen Stalleinheiten für sechs bis zehn Pferde untergebracht. Es wird keinen Pferdewechsel in den Boxen geben, jedes Pferd kommt in eine frische, nach gründlicher Desinfektion saubere Box. Ein abseits gelegener Quarantänestall steht für den Fall der Fälle bereit. Eine Absage war für Hofmann keine Option, auch wenn der traditionelle Maimarkt mit seinen 1500 Ausstellern, der dem Turnier den Namen gegeben hat, ausfallen muss. Das sei in der 400-jährigen Geschichte des Volksfestes nur zweimal passiert, sagt Hofmann. „Während des Krieges.“

In Zeiten, in denen sich alle Reiter freuen, wenn sie überhaupt zum Turnier können, konnte sich Hofmann vor Anmeldungen kaum retten. 42 Springreiter dürfen starten, nochmal so vielen musste er absagen.

Individuelle Wege

Im Parcours werden die deutschen Tokio-Aspiranten versuchen, vor den Augen von Bundestrainer Otto Becker Bella Figura zu machen. Sichtungen wie in anderen Olympiajahren kann man für dieses Mal vergessen. „Es wird nur individuelle Wege geben“, sagt Peter Hofmann, der auch Vorsitzender des Springausschusses des Deutschen Olympiade Komitees für Reiterei (DOKR) ist. Auf ein Paar wird man in diesem Jahr allerdings verzichten müssen. „Wunderstute“ Alice von Weltmeisterin Simone Blum fällt aus. Simone: „Sie musste wegen eines Blutergusses am Bein operiert werden, das kann zwei, drei Monate dauern.“

Also Tschüss Tokio, aber vielleicht wird es ja was mit der EM im September in Riesenbeck. In diesen Tagen wird Alice zum ersten Mal Mutter. Ihr Fohlen v. Dominator wird von einer Leihmutter ausgetragen. „Wir warten“, sagt Simone, „es lässt sich noch ein bisschen Zeit. Vielleicht wartet es, bis es wärmer wird.“ Könnte man ja verstehen.

Große Namen werden auch im Dressurstadion von Mannheim erwartet, allerdings keines der drei Pferde aus dem EM-Goldteam von 2019 – Bella Rose von Isabell Werth, Cosmo von Sönke Rothenberger und Showtime von Dorothee Schneider, die noch ihre Grundqualifikation für Tokio auffrischen müssen (66 Prozent in einem internationalen Grand Prix vor mindestens einem Fünf-Sterne-Richter). Dorothee Schneider hat einen plausiblen Grund: Beim Sturz mit Rock’n Rose bei der Ehrenrunde in Pforzheim – das Pferd brach unter ihr zusammen – brach sie sich das Schlüsselbein und muss eventuell sogar operiert werden. Am 21. Juni läuft die Uhr ab. Es wird also eng.

Manchmal kommt einfach alles zusammen. Ein bisschen Optimismus ist da Balsam für die Seele. „Ich bin überzeugt, 2021 wird alles besser. Nach Regen kommt Sonnenschein“, sagt Simone Blum. Hoffentlich hat sie Recht.nike air jordan 1 low outlet | zapatillas de running mujer trail apoyo talón talla 31 , Keep it simple and classic with the ® Milano oxford shoes , Sneaker News / Release Info

Gabriele PochhammerHerausgeberin

Herausgeberin des St.GEORG, den sie als Chefredakteurin von 1995-2012 als erste Frau auf dieser Position verantwortet hat. Als Berichterstatterin auf elf Olympischen Spielen und unzähligen Welt- und Europameisterschaften. Erfolgreiche Pferdezüchterin: Der von ihr gezogene Wallach Leonidas II war eines der besten Vielseitigkeitspferde seiner Zeit. Eines der Fachgebiete: internationale Sportpolitik, schreibt für die Süddeutsche Zeitung.