Herpes: Reitverein fordert in offenem Brief die Melde- und Impfpflicht

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Nach dem Herpesausbruch in Valencia wird eine Impfpflicht gegen das Equine Herpesvirus diskutiert. Es geht auch um eine mögliche Meldepflicht der hoch ansteckenden Krankheit. Ein Reitverein aus Hessen fordert beides in einem offenen Brief an die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN).

Nach dem Herpesausbruch in Valencia, bei dem die Zahl der toten Pferde mittlerweile auf zehn angestiegen ist und immer noch etliche Pferde vor Ort behandelt werden müssen, gibt es erneut Diskussionen um eine mögliche Impf- und Meldepflicht des Equinen Herpesvirus (EHV-1). Weder national noch international gibt es bisher eine EHV-1-Impfpflicht. Die Impfung wird aber von der Ständigen Impfkommission Veterinärmedizin (StIKo Vet) und der FN für alle Pferde in Deutschland empfohlen.

In einem offenen Brief, der an die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN) adressiert ist, berichtet das Team der Reitanlage Meilinger und des RSC Obertiefenbach aus Hessen von ihren Erfahrungen eines Herpes-Ausbruchs: „Wir waren in 2016 von einem solchen Ausbruch (schwere neurologische Form Variante D) betroffen. Die Folge waren 12 tote Pferde = 25 % des zu diesem Zeitpunkt nicht EHV-geimpften Pferdebestandes. Bei uns gibt es seit dieser Zeit nur noch eines – die EHV-Impfpflicht aller eingestallten Pferde (Bestandsimpfung)! Alle Pferde, die nur zum Training auf die Anlage kommen, müssen sich ebenfalls dieser Impfpflicht unterziehen und auch bei den auf unserer Anlage durchgeführten Turnieren ist EHV-Impfpflicht vorgeschrieben und wird auch konsequent kontrolliert (nicht korrekt geimpfte Pferde dürfen nicht teilnehmen). Durch diese Maßnahmen haben wir ­– wie vielleicht viele befürchten – weder weniger Nennungen an unseren Turnieren (Springen/Dressur Kl. E-S) noch weniger Einsteller auf der Reitanlage. In diesem Zusammenhang möchten wir noch darauf hinweisen, dass es bei allen in den vergangenen 5 Jahren durchgeführten EHV-Impfungen (ca. 500 Impfungen) zu keinerlei Impfschäden gekommen ist…“

Impflicht für alle?

Eine Impfung gegen EHV-1 kann den Ausbruch der Erkrankung beim einzelnen Pferd nicht sicher verhindern. Aber sie bewirkt, dass ein infiziertes Pferd weniger Viren ausscheidet und somit das Risiko einer Krankheitsübertragung sinkt. Je mehr Pferde geimpft sind und damit weniger Viren ausscheiden, desto mehr sinkt auch der Infektionsdruck. Die Impfung kann zudem die Krankheitsanzeichen, die Herpes hervorruft, in vielen Fällen abmildern. Eine Impfpflicht könnte die FN nur für Turnierpferde über die LPO festlegen, so wie es zum Beispiel bei der Influenza-Impfung der Fall ist.

„All die schrecklichen und folgenschweren EHV-Ausbrüche der letzten Jahre, incl. des jetzigen in Valencia, hätten größtenteils verhindert oder zumindest abgeschwächt werden können, hätten sich die Pferdeverbände sowohl national als auch international dazu entschieden, hier zumindest eine EHV-Impfpflicht auf Turnieren und Veranstaltungen einzuführen und vorzuschreiben. Im Idealfall würde dieses vielleicht auch dazu führen, dass sich die Impfpflicht auf Turnieren positiv auf die Bestandsimpfungen auswirkt“, heißt es weiter in dem offenen Brief.

In einer Pressemitteilung erklärt die FN, es gebe sowohl Argumente, die für eine Impfpflicht sprechen, als auch Argumente, die dagegen sprechen.Voraussetzung für eine Impfpflicht sei aber, dass genügend Impfstoff zur Verfügung stehe. Das sei in der Vergangenheit nicht immer der Fall gewesen und auch aktuell komme es aufgrund der hohen Nachfrage zu Engpässen. Es werde keine Impfpflicht von heute auf morgen geben, heißt es weiter, diese Entscheidung müsste von den Mitglieds- und Anschlussverbänden der FN im Beirat Sport, der Mitgliederversammlung des Bereiches Sport, mit einer gewissen Vorlaufzeit getroffen werden, damit sich alle Turnierreiter*innen sowie die Tierarztpraxen und Impfstoffhersteller darauf einstellen können. In der Vollblutzucht besteht bereits eine EHV-Impfpflicht für Zuchtstuten, nun soll diese auch für alle Rennpferde gelten, das wurde Anfang März beschlossen, Auslöser für diesen Beschluss waren der Herpes-Ausbruch in Valencia und dessen Folgen.

Das Team der Reitanlage Meilinger schreibt: „Wir erneuern hiermit unsere Forderung nach einer Impfpflicht auf Turnieren und Veranstaltungen und nach einer Meldepflicht und Eintragung der Meldungen in ein Register, das aktuell und zeitnah geführt wird und von allen einsehbar ist (z.B. Equinella/Schweiz). … Es geht hier nicht darum, mit dem Finger auf Betroffene zu zeigen, es geht darum, dass sich jeder informieren kann, wo es aktuell einen Ausbruch gibt, denn dann kann jeder für sich entscheiden, muss oder will ich jetzt mit meinem Pferd an diesen Ort/in diese Gegend fahren oder bleibe ich aus Vorsorgegründen vielleicht mal zu Hause und fahre erst nächste Woche wieder zum Turnier. Wir würden es begrüßen, wenn sowohl die nationalen als auch die inter-nationalen Verbände diesbezüglich endlich zusammenarbeiten zum Wohle der Pferde. FN und FEI würden dann verantwortungsbewusst handeln, wie schon andere Verbände, die eine EHV-Impfpflicht vorschreiben.“

Meldepflicht für EHV wird gefordert

Bisher ist das Equine Herpesvirus (EHV-1) in Deutschland nicht anzeige- oder meldepflichtig. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) entscheidet darüber, ob eine Krankheit als melde- oder anzeigepflichtig eingestuft wird. Die Anzeigepflicht geht mit staatlichen Bekämpfungsmaßnahmen einher, wie etwa der Sperrung von Betrieben, Probennahmen und im schlimmsten Fall der Tötung betroffener Tiere.

„Die FN befürwortet grundsätzlich eine Meldepflicht für Herpes“, heißt es in der Pressemitteilung, „da sie dazu führen würde, dass Ausbrüche den Behörden gemeldet werden müssen. Die FN hat das Thema Meldepflicht für Herpes bereits in Gesprächen mit dem BMEL angesprochen und wird dies auch erneut tun.“

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Hier ist der offene Brief in voller Länge:

Sehr geehrte Damen und Herren,
der aktuelle Ausbruch des EHV 1/4 in Valencia führt traurigerweise wieder mal allen vor Augen, was und wie schlimm die Folgen eines solchen Ausbruches sind.
Wir waren in 2016 von einem solchen Ausbruch (schwere neurologische Form Variante D) betroffen. Die Folge waren 12 tote Pferde = 25 % des zu diesem Zeitpunkt nicht EHV-geimpften Pferdebestandes. Bei uns gibt es seit dieser Zeit nur noch eines – die EHV-Impfpflicht aller eingestallten Pferde (Bestandsimpfung)! Alle Pferde, die nur zum Training auf die Anlage kommen, müssen sich ebenfalls dieser Impfpflicht unterziehen und auch bei den auf unserer Anlage durchgeführten Turnieren ist EHV-Impfpflicht vorgeschrieben und wird auch konsequent kontrolliert (nicht korrekt geimpfte Pferde dürfen nicht teilnehmen). Durch diese Maßnahmen haben wir – wie vielleicht viele befürchten – weder weniger Nennungen an unseren Turnieren (Springen/Dressur Kl. E-S) noch weniger Einsteller auf der Reitanlage. In diesem Zusammenhang möchten wir noch darauf hinweisen, dass es bei allen in den vergangenen 5 Jahren durchgeführten EHV-Impfungen (ca. 500 Impfungen) zu keinerlei Impfschäden gekommen ist – leichte Impfreaktionen, wie geringfügige Schwellungen an der Einstichstelle oder leicht erhöhte Temperaturen für 1-2 Tage sind zu vernachlässigen und verschwinden wieder, so wie dieses auch bei Influenca- und Tetanus-Impfungen vorkommen kann. Wir haben uns immer wieder seit dem EHV-Ausbruch in 2016 mit den schreck-lichen Folgen auf allen Ebenen für eine Impfpflicht auf Turnieren und für eine Meldepflicht von EHV-erkrankten Pferden eingesetzt – leider bis heute ohne Erfolg.
All die schrecklichen und folgenschweren EHV-Ausbrüche der letzten Jahre, incl. des jetzigen in Valencia, hätten größtenteils verhindert oder zumindest ab-geschwächt werden können, hätten sich die Pferdeverbände sowohl national als auch international dazu entschieden, hier zumindest eine EHV-Impfpflicht auf Turnieren und Veranstaltungen einzuführen und vorzuschreiben. Im Idealfall würde dieses vielleicht auch dazu führen, dass sich die Impfpflicht auf Turnieren positiv auf die Bestandsimpfungen auswirkt.
Wie wir leider immer wieder bei Gespächen über die EHV-Impfung feststellen müssen, sind die meisten Pferdebesitzer nicht genau darüber informiert, wie die Impfung wirkt, weshalb eine Bestandsimpfung erforderlich ist und warum auch geimpfte Pferde noch betroffen sein können – die Ansteckungswege in ihrer Vielfalt sind auch sehr vielen nicht bekannt.
Wir erneuern hiermit unsere Forderung nach einer Impfpflicht auf Turnieren und Veranstaltungen und nach einer Meldepflicht und Eintragung der Meldungen in ein Register, das aktuell und zeitnah geführt wird und von allen einsehbar ist (z.B. Equinella/Schweiz). Das vom Friedrich-Löffler-Institut geführte Register TSIS wird monatlich geführt für melde- und anzeigepflichtige Erkrankungen; da es bisher aber keine Meldepflicht gibt, werden EHV-Fälle hier auch nicht bekannt. Es geht hier nicht darum, mit dem Finger auf Betroffene zu zeigen, es geht darum, dass sich jeder informieren kann, wo es aktuell einen Ausbruch gibt, denn dann kann jeder für sich entscheiden, muss oder will ich jetzt mit meinem Pferd an diesen Ort/in diese Gegend fahren oder bleibe ich aus Vorsorgegründen vielleicht mal zu Hause und fahre erst nächste Woche wieder zum Turnier. Anm.: Meldepflicht   = Meldung des Auftretens einer Krankheit, Anzeigepflicht= Das betroffene Pferd wird getötet, sh.z.B. EIA.
Wir würden es begrüßen, wenn sowohl die nationalen als auch die inter-nationalen Verbände diesbezüglich endlich zusammenarbeiten zum Wohle der Pferde. FN und FEI würden dann verantwortungsbewusst handeln, wie schon andere Verbände, die eine EHV-Impfpflicht vorschreiben. Beispielhaft seien hier genannt die Vollblutzucht seit 1984, der deutsche Traberzuchtverband hat seit 2021 eine generelle EHV-Impfpflicht für Trabrennpferde, so wie dieses auch in Frankreich, Belgien, Holland, Spanien und England  für Traber vorgeschrieben ist, der deutsche Galopp-Verband hat die Impfpflicht für Veranstaltungen/Galopprennen mit sofortiger Wirkung eingeführt. Auch EC Equestrian Canada und USEF United States Equestrian Federation verpflichten zur EHV-Impfung.
Wir wünschen allen betroffenen Pferden gute Besserung und den Besitzern viel Kraft !
Mit freundlichen Grüßen
Reitanlage Meilinger                                    RSC Obertiefenbach e.V.dolce gabbana portofino lace up sneakers item | Sneaker News & Release Calendar for 2023 in UK | Grailify | zapatillas air jordan 1 outlet

Laura BeckerRedakteurin

Nach der Lehre zur Pferdewirtin „Klassische Reitausbildung“ und Coach für Longier- und Reitabzeichen Studium der Germanistik. Anschließend Volontariat beim St.GEORG. Mutter von zwei Söhnen, verantwortet alle Themen rund um die Berufsreiterei. Auch Tipps und Hilfen in punkto Pferde- und Reiterausbildung sowie Recherchen rund ums Pferd gehören zu ihrem Aufgabenbereich.