EM 2021 Riesenbeck: Deutsche Springreiter weiter auf Medaillenkurs

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Christian Kukuk ist heute der Mann des Tages im deutschen Team und könnte am Sonntag vor heimischem Publikum eine Medaille holen mit seinem erst neunjährigen Mumbai. (© Pauline von Hardenberg)

Auch nach der zweiten Wertung der Europameisterschaft in Riesenbeck ist für die deutschen Springreiter noch alles drin. Sie konnten Platz zwei halten. Und nun ist es Christian Kukuk, der zudem eine Einzelmedaille vor Augen hat.

Die Führung haben nun die Schweizer mit 5,47 Punkten übernommen. Deutschland folgt mit 8,77 Zählern. Die Schweden fielen vom ersten auf den dritten Rang zurück (11,59). Die Entscheidung fällt morgen.

In der Einzelwertung liegt jetzt Titelverteidiger Martin Fuchs (1,31) auf Leone Jei in Führung vor Christian Kukuk auf Mumbai (1,93) und dem Schweden Rolf Göran Bengtsson auf Ermindo (1,96). Der Sieger des gestrigen Tages, David Will, fiel nach einem Abwurf auf Rang zehn zurück. André Thieme mit Chakaria ist vorläufig Siebter, Marcus Ehning auf Stargold 28.

Will enttäuscht

„Das war heute eine ganze Schippe mehr“, sagte David Will, natürlich enttäuscht über den teuren Fehler an Hindernis 13, dem vorletzten Hindernis, aber auch zufrieden über die Leistung des 13-jährigen Holsteiners C-Vier (v. Cardento-Concorde), der den Rest des Parcours souverän überwand. Zwar trägt er die Nase sehr hoch, will immer nach vorne galoppieren, „aber so fühlt er sich einfach am wohlsten, deswegen lass‘ ich ihn so gehen“, sagte Will.

Hindernis 13, ein Doppeloxer, war eine der Klippen im Kurs von Frank Rothenberger, der auch in dieser zweiten von drei Wertungen für den Teamtitel genügend Schwierigkeiten einbaute, um das Feld der 63 Reiter auseinander zu bekommen. Das Hindernis musste aus einer Rechtswendung angeritten werden, die deutschen Reiter hatten sich für neun statt acht Galoppsprünge entschieden, am Ende fehlte bei Will ein wenig der Schwung.

Stilvoll auf Silberkurs

Christian Kukuk auf dem neunjährigen Mumbai v. Diamant de Semilly-Nabab de Reve (BWP) lieferte eine auch stilistisch mustergültige Runde, ließ den Hengst mit langem Hals galoppieren und der sah aus, als ob ihm die ganze Sache Spaß macht.

„Mumbai ist ja in Tokio nur ein Springen gegangen, mit einem Flüchtigkeitsfehler, deswegen kam er frisch nach Hause. Ich freue mich natürlich – vor allem aber für die vielen Menschen, die mich das ganze Jahr unterstützen, denen will ich was zurückgeben. Wenn sie glücklich sind, bin ich es auch“, sagte Kukuk, der als Bereiter von Ludger Beerbaum in Riesenbeck zuhause ist. „Mein Pferd war unglaublich relaxed, man hatte das Gefühl, einen 1,30 Meter-Kurs zu reiten. Aber es kommen ja noch ein paar Runden.“

Thieme null

Auch André Thieme, der als erster Deutscher an der Reihe war, strahlte nach seiner fehlerfreien Runde auf der elfjährigen Brandenburger DSP-Fuchsstute Chakaria v. Chap-Askari. „Das ist ein extrem gutes Gefühl“, sagte er, „nach heute ist alles möglich. Der Flüchtigkeitsfehler gestern hat bei meinem Pferd nichts verändert. Die Stute ist frisch und gesund. In Tokio war sie vielleicht noch ein bisschen grün. Sie hat einfach ein riesengroßes Herz. Aber auch ich habe viel bei den Olympischen Spielen gelernt.“

Ehnings Analyse

Marcus Ehning lieferte mit einem Abwurf und einem Zeitfehler wieder das Streichergebnis. Aber bis auf einen groben Fehler an Hindernis drei, einer Triplebarre, sah der zehnjährige Stakkato Gold-Lord Weingard Sohn Stargold (Oldenburg) gut aus. Was genau an Nummer drei passierte, konnte sich Ehning auch nicht sofort erklären.

„Ich sah mich schon am Boden“, sagte er. „Ich kam etwas zu groß hin, da machte er zum Glück noch einen kleinen Galoppsprung dazu.“ Sonst wäre es vielleicht wirklich zum Sturz gekommen, so flogen nur die Stangen durch die Gegend. Erstaunlich schnell hatte sich das Pferd wieder sortiert.

„Er ist dann einfach weitergeschnurrt. Die folgende Dreifache musste er ja fast aus dem Schritt springen“, sagte Ehning. „Der Hengst ist extrem schlau und vorsichtig.“ Aber natürlich noch nicht allzu routiniert.

Zwischendurch keilt er immer wieder himmelhoch aus. „Das kenne ich ja von Comme il Faut, aber das kostet natürlich Zeit, ich denke, daher kam der Zeitfehler.“

Fuchs auf Titelkurs

Der Schweizer Martin Fuchs hat nun alle Chancen, seine Titel von 2019 in Rotterdam zu verteidigen. Für seinen durch einen Weideunfall schwer verletzten Clooney hat er schneller als gedacht so was wie einen Ersatz gefunden, den neunjährigen Leone Jei v. Baltic-Corland (KWPN), der mit Riesensätzen über die Hindernisse stieg. Jeden Vergleich mit Clooney verbittet sich Fuchs allerdings energisch.

„Clooney ist das beste Springpferd der Schweizer Geschichte“, sagte er. „Man kann ihn mit niemandem vergleichen und ich werde nie im Leben wieder so ein Pferd bekommen.“

Aber auch sein neuer Schimmel berechtigt zu schönsten Hoffnungen. „Er hat sehr viel Blut, sehr viel Galoppiervermögen und unbegrenztes Springvermögen.“

Drei Schweizer auf den ersten vier Plätzen, die Eidgenossen haben in Riesenbeck überzeugend das Heft in die Hand genommen.

Rang vier teilt sich Elian Baumann auf dem 14-jährigen Campari v. Contact, der sich erst in den letzten 18 Monaten ins Rampenlicht geritten hat, mit Steve Guerdat, der nach missglückten Tokio-Auftritten schon der Ansicht war, er habe zur Zeit „gar keinen Lauf“. Jetzt liegt er mit 2.15 Punkten wie elf weitere Reiter weniger als einen Springfehler von der Spitze entfernt.

Positive Überraschung

Die Überraschung der bisherigen EM war die Griechin Ioli Mytilineou auf dem zehnjährigen Hengst Levis de Muze v. Elvis Ter Putte-Tinka‘s Boy. Bereits in Rotterdam waren der 24-Jährigen zwei fehlerlose Runden im Großen Preis gelungen, jetzt steuerte sie mit Umsicht ihr Pferd zweimal ohne Abwurf durch die Kurse, Zwischenrang neun (3,64).

Auch die drei führenden Teams liegen weniger als einen Abwurf voneinander entfernt. 15 der 62 Starter blieben ohne Fehler, die Spitze liegt also dicht beisammen. Die belgischen Titelverteidiger sind bereits mit deutlichem Abstand auf Rang vier zurückgefallen (17,34).

Alle Ergebnisse finden Sie hier.

Der EM-Tag in Riesenbeck in Bildern

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Gabriele PochhammerHerausgeberin

Herausgeberin des St.GEORG, den sie als Chefredakteurin von 1995-2012 als erste Frau auf dieser Position verantwortet hat. Als Berichterstatterin auf elf Olympischen Spielen und unzähligen Welt- und Europameisterschaften. Erfolgreiche Pferdezüchterin: Der von ihr gezogene Wallach Leonidas II war eines der besten Vielseitigkeitspferde seiner Zeit. Eines der Fachgebiete: internationale Sportpolitik, schreibt für die Süddeutsche Zeitung.