Holsteiner Dressurpferde: Gibt’s die?

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Moment mal_Gabriele Pochhammer

Gabriele Pochhammer, Herausgeberin St.GEORG (© Toffi)

Das Image des Holsteiner Dressurpferdes liegt am Boden, seitdem als klares Zuchtziel das Springpferd propagiert wurde. Und ist der Ruf erst ruiniert … dann wird es schwer. Aber machbar, ist die Arbeitsgruppe Dressur im Holsteiner Verband überzeugt und will dem Holsteiner Dressurpferd zu altem Glanz verhelfen.

Annabelle schaut in eine rosige Zukunft. Grüne Weiden statt sandiger Dressurvierecke, so schnell oder langsam laufen wie man möchte, jedes Jahr ein hübsches Fohlen (hoffentlich) – im Gestüt Schierensee ist sicher gut Pferd sein.

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Die schöne 15-jährige Conteur-Tochter hat den Ruhestand verdient, nach letzten beachtlichen Erfolgen wie dem Sieg in der Weltcup-Kür von Madrid und Platz vier in Göteborg unter ihrer Ausbilderin und Reiterin Helen Langehanenberg. Die hat es immer wieder geschafft, „Mausi“ die Schüchternheit zu nehmen und auf ihre Seite zu bringen. Annabelle hielt die Fahne hoch für die Holsteiner Dressurpferde, unter denen es doch einst so brillante Gestalten gab wie Granat (lange her, Olympiasieger 1976), oder Antoinette und Venetia, (noch länger her, beide Olympia-gekrönt 1964 und 1972) und Chacomo (nicht ganz so lange her, Mannschaftsolympiasieger 2000.) Wo sind sie geblieben?

Holstein im Dressurranking abgeschlagen

Holstein ist im Zuchtverbandsranking des Weltzuchtverbandes WBFSH Sparte Dressur weit abgefallen, auf Platz zehn. Die vorderen Ränge teilen sich der niederländische Verband KWPN, Oldenburg und Westfalen. Dann erst kommt Hannover, vorbei also auch die Zeiten, zu denen auf den internationalen Vierecken hannoversch gewiehert wurde. Auch andere haben es nicht auf vordere Plätze geschafft, der Trakehner Verband etwa muss sich mit Platz 25 begnügen.

Zurück zu Holstein: Auf der Züchterrangliste des Weltzuchtverbandes WBFSH rangiert Annabelles Züchter Günther Fielmann auf Platz 18, die nächsten Holsteiner Züchter sind 41. und 62. Gewertet werden die erreichten Prozentpunkte in Grand Prix-Prüfungen auf Drei-, Vier- und Fünf-Sterne-Niveau. Nun hat jede Rangierung auch ihre Schwächen, aber ein Anhaltspunkt ist sie doch.

Kennzeichen der Holsteiner Dressurpferde war die natürliche Aufrichtung und der hohe Gang, was eine perfekte Silhouette gerade in den Lektionen Piaffe und Passage ergab, von kaum einem Pferd idealer vorgeführt als von dem Cor de la Bryère-Sohn Corlandus, Europameister unter Magret Otto-Crépin 1987 und Olympiazweiter 1988. Er und andere waren die Erben der weltweit begehrten Holsteiner Luxuskarrossiers, und das ist hier gar nicht despektierlich gemeint, veredelt durch das Vollblut der 60-iger Jahre. Das Zuchtziel hat sich seitdem gewandelt, Holstein hat sich mehr oder weniger einseitig als Springpferdezucht profiliert und dabei die Dressurgene vernachlässigt.

Holsteiner Dressurpferde aus dem Hause Ellerbrock

„Es wurde zu wenig getan in den letzten Jahren“, sagt Sonja Ellerbrock. Auf dem elterlichen Hof Barkholz in Kayhude züchten sie und ihre Schwester Nina erfolgreich Dressurpferde mit Holsteiner Blutlinien. Beide sind Pferdewirtschaftsmeisterinnen und können auf zahlreiche Erfolge auf Landes- und Bundesebene verweisen. Während Nina sich vor allem um die Zucht kümmert, bildet Sonja die selbstgezogenen Pferde sowie einige Schülerinnen aus. Aushängeschild des Stalles ist zur Zeit die Deutsche und Europameisterin der Junioren Allegra Schmitz-Morkramer mit ihren Pferden Lavissaro (v. Lissaro van der Helle-Aljano), und Libertad (Hann.) „Es wurde zuviel vermischt, Dressur und Springen, man hat Dressurhengste mit Springstuten angepaart. Die ursprüngliche Holsteiner Art, sich zu bewegen, diese schöne Art, übers Knie zu gehen, ist dadurch verloren gegangen“, sagt Sonja Ellerbrock, „und auch der starke Rücken und der gute Schritt.“

Salopp gesagt, wenn dreimal ein französischer Springhengst durchs Pedigree geschlurft ist, sind Rittigkeit und Kadenz erstmal weg. „Wir züchten nur mit Stuten, die selbst ihre Dressureignung bewiesen haben“, sagt Sonja Ellerbrock. Also gute Bewegungen, Rittigkeit und klaren Kopf. „Solche Pferde sind auch für Otto Normalreiter zu bedienen, selbst, wenn sie keinen Grand Prix gehen.“ Diese Pferde finden auch ihre Abnehmer. Dazu baut Familie Ellerbrock nicht nur auf das Holsteiner L (Loran, Loutano) oder A (Aljano) sondern schaut auch jenseits der Elbe nach vielversprechenden Genen, bis hin nach Holland. Holstein Global macht’s möglich.

Das lukrativere Geschäft?

Andere Zuchtverbände haben sich auf dem Dressurpferdemarkt längst Segmente gesichert, die die Holsteiner erst zurückerobern müssen. Und das wollen sie. Die Arbeitsgruppe Dressur, der neben Sonja Ellerbrock unter anderem auch Zuchtleiter Stephan Haarhoff, Hengst-Chef Sebastian Rohde, Ausbilder Wiger de Boer, Zuchtrichterin Evi Junkelmann und Reiter und Ausbilder Markus Waterhues angehören, hat wieder Fahrt aufgenommen. Letzterer, gebürtiger Westfale, wurde in diesem Jahr erstmalig in die Körkommission berufen. „Es gibt diese Holsteiner Ausnahmepferde auch heute noch“, ist er sich sicher. Man muss sie halt finden. Bei der diesjährigen Körung war keiner dabei, jedenfalls keiner, der als Dressurpferd deklariert war. „Und wenn wir einen als Dressurhengst kören, dann muss er auch ein Tophengst sein. Aber es gab doch einen, von dem ich sicher bin, dass er als Dressurpferd ausgebildet wird“, sagt Waterhues von einem Casall-Sohn.

Der Verband tut ein übriges, die Züchter von Dressurpferden zu ermutigen. „Es gibt eine dressurbetonte Siegerstute bei der Eliteschau und wir stellen auch ein dressurbetontes Siegerfohlen heraus,“ sagt Stephan Haarhoff.

Schicke Fohlen mit Tritt erzielen in anderen Zuchtgebieten Höchstpreise, gekörte Dressurhengste gehen für Summen weg, von denen man zwischen den Meeren nur träumt. Nicht zuletzt könnte es der Blick auf den Geldbeutel sein, der den Holsteiner Züchtern wieder Lust auf Dressurgene macht.

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Gabriele PochhammerHerausgeberin

Herausgeberin des St.GEORG, den sie als Chefredakteurin von 1995-2012 als erste Frau auf dieser Position verantwortet hat. Als Berichterstatterin auf elf Olympischen Spielen und unzähligen Welt- und Europameisterschaften. Erfolgreiche Pferdezüchterin: Der von ihr gezogene Wallach Leonidas II war eines der besten Vielseitigkeitspferde seiner Zeit. Eines der Fachgebiete: internationale Sportpolitik, schreibt für die Süddeutsche Zeitung.

  1. S.Hölscher

    Ich habe eine Compliment x Raphael Dressur Stute. Sie wurde als Fohlen Hannover Papiere ausgestellt. Dressur ist aber ihre Stärke. Ich habe öfter mich gewundert warum Holstein Dressur so ablehnt.


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