WM Herning 2022: Der Liveticker zur Grand Prix Kür ab 20 Uhr

Von
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Charlotte Fry und Glamourdale – Doppelweltmeister Dressur 2022 Herning. (© von Hardenberg)

Heute werden bei der WM in Herning die Einzelmedaillen in der Grand Prix Kür auf dem Dressurviereck vergeben. Ab 20 Uhr berichtet St.GEORG-Chefredakteur Jan Tönjes nach jedem Ritt mit einer kurzen Zusammenfassung.

So, das waren sie also, die Dressurweltmeisterschaften in Herning. Wir halten fest:
GOLD für Charlotte, „Lottie”, Fry und Glamourdale aus Großbritannien
SILBER für Cathrine Dufour und den Westfalen Vamos Amigos aus Dänemark
BRONZE für Dinja van Liere und den KWPN-Hengst Hermes aus den Niederlanden
PLUS: Benjamin Werndl und Famoso auf einem fantastischen vierten Platz und Isabell Werth mit Quantaz mit neuer, toller Kür auf Platz neun.
Und damit erstmal Tschüss für heute aus Herning. Morgen, sprich Donnerstag, ist es ja gleich. Hier steht jetzt die Pressekonferenz an. Da sind sicherlich alle der Meinung, dass ihre Pferde „an amazing job” gemacht haben. Stimmt ja auch.

Cathrine Laudrup-Dufour und Vamos Amigos (DEN)

Aus dem Gruß zunächst ein paar Piaffe-Tritte, dann in die Passage und vor C eine erste Piaffe. Die Reiterin bemüht, das Genick des Vitalis-Sohns oben zu behalten. Es folgt starker Trab auf der Diagonalen. Dann Passage, aus der heraus eine Traversale nach rechts im versammelten Trab, die nach links in der Passage geritten. Daraus sofort in eine Piaffe-Pirouette. Das punktet in der technischen Beurteilung.
Auch schön: In der Passage die Traversale beginnen, dann in den versammelten Trab wechseln und nach dem Umstellen wieder Traversale in der Passage. Sofort streckt sich der Wallach im Schritt mit langem Hals nach unten und schreitet fleißig. Ganz exakt zu einem Glockenspiel dann der Übergang zum versammelten Schritt.
Jetzt Galopp, mit Traversalen. Musical-Klänge: „Le Miserable”, etwas Gesang, die Zweierwechsel gelingen, tolle doppelte Pirouette, 19 Einerwechsel oder 20? Auf der nächsten Diagonale weitere Wecheel – war da zum Schluss ein Fehler? Schwer von der Pressetribüne aus zu sehen. Dann noch Piaffen und Passagen zum Abschluss. Und ein dänisches Publikum, das „seine” Cathrine feiert. 89,411 Prozent

Dinja van Liere und Hermes (NED)

Die Fugees singen zum Auftakt. Auch die Niederländerin reitet viele Passagen und Piaffen zu Beginn. Geradeaus, seitwärts und auch als Pirouetten. Dann wird ein Gang höher geschaltet. Im versammelten und etwas gelaufenem starken Trab geht es gen Schritt. Orchester zum starken Schritt. Piano – ist das etwas von Adele, das da zitiert wird? Zweierwechsel auf gebogener Linie im Galopp, der starke Galopp ist mit deutlich weniger Risiko gezeigt als bei der Konkurrenz. Gehorsam ist der zehnjährige Easy Game-Sohn. Auch die Einerwechsel gelingen auf gebogener Linie. Traversalverschiebungen münden in Pirouetten auf der Mittellinie. Der Schwierigkeitsgrad insgesamt nicht so hoch wie bei anderen Küren heute Abend. Aber Passage wie eine aufgezogene Spieluhr geht immer. Am Ende eine 360-Grad-Fächerpiaffe. 86,9 Prozent – damit ist auch ihr eine Medaille sicher.

Charlotte Fry und Glamourdale (GBR)

E-Gitarren Motiv aus der Nationalhymne, „God save the Queen” geht über in Queens „Another one bites the dust”. Nach dem Gruß Passage, Freddie Mercury rockt das Stadion. Über Halbdiagonalen ein Wechsel von Passgen und leicht schwankenden Piaffen. Aber jeder Tritt zum Takt passend. „Best of Britain” heißt die Zusammenstellung verschiedener Hits aus Großbritannien. Aber „Lemon Tree” ist auch dabei, das kommt aus Schwaben und wird hier eingesetzt zu Trabtraversalen. Noch war kein choreographischer Aha-Moment da. Der Schritt ist entspannt, aber knapp. Starker Galopp – natürlich gleich zum Auftakt, da wird geraunt und die doppelte Pirouette ist am Ende nicht sauber gesprungen. Die Zweierwechsel zu Genesis. Die Rechtspirouette etwa größer angelegt gelingt, dann Traversalen, „She’s the one” zur nächsten Pirouette, die auch funktioniert. Noch ein starker Galopp. Fehler in den Einerwechseln zu Brit Pop Hymnen. Zu „Hey Jude” dann auf der Diagonalen von den Zweier- direkt in die Einerwechsel und dann wieder das vielleicht berühmteste Bass-Riff der Rock-Geschichte, Queens “Another one bites the dust”. Passage-Traversalen und 360 Grad Piaffe-Pirouette. Da wird noch einmal das E-Gitarrenmotiv von “God save the Queen” bemüht. Applaus ohne Ende. 90,654 Prozent

Benjamin Werndl und Famoso OLD (GER)

Super abgesetzte Passage-Traversale zu den afrikanischen Chören und eine klasse erste Piaffe, aus der es heraus in die Passage-Traversale geht. Kleiner Stolperer, dann aber: sofort starker Trab über die Digaonale. Tolle Traversalen, frisch, weit ausgreifend, super kreuzend, locker. Das Pferd in idealer Silhouette. Aus dem starken Trab in die Passage und in die Piaffe-Pirouette. Alles im Takt, alles schwingend, schön! Und jetzt Passage. Klar abgesetzt von E nach rechts zu Flötenklängen. Jetzt starker Schritt, Famoso ist entspannt. An der kurzen Seite versammelter Schritt. Nach der Ecke Angaloppieren, auf der Diagonale starker Galopp und eine doppelte Pirouette, daraus sichere Zweierwechsel, neun an der Zahl. Wieder Pirouette diesmal vor C, Einerwechsel schließen sich an, einer der mehr als 20 ist kurz gesprungen. Galopptraversalen in vorbildlicher Stellung und Biegung. Eine weitere Diagonale mit 15 gelungenen Einerwechseln, daraus rechtsherum in die Passage, bei X Piaffe. Das Publikum klatscht zur Fächerpiaffe. Das Genick oben, die Nase vor, die Verbindung leicht: Das muss man mögen, auch als Dressurrichter. Der Applaus übertrifft tatsächlich im Ansatz den für die anderen Athleten. 85,893 Prozent
Wer wissen möchte, wie sie Benni mit Famoso vorbereitet hat: Hier geht’s zum Podcast.

Isabell Werth und DSP Quantaz (GER)

Es ist die neue Kür! Wir sind gespannt! Nach dem Gruß kurz hinter A erschallt ein „One, Two, Three” zur Piaffe-Pirouette. Dann eine bekannte Stimme: Bonnie Tyler „Lost in France”. Dabei sind wir doch in Dänemark. Kleiner Scherz. Sorry.
Passagetraversale zu „Total eclipse of the heart”. Aus dem starken Trab in die Passage, und wieder Traversalen, zunächst im versammelten Trab „Holding out for a hero”. Piaffe vor C auf dem Punkt, dann wieder starker Trab und zu Piano Schirtt von F über P auf der unteren Zirkellinie. Quantaz versteht, „Turn around” singt Bonnie Tyler. Also turnt er around, Pirouette im Schritt, dann in der Piaffe und dann Galopp. da geht ein Raunen durch das Stadion und es wird diskutiert. In der nächsten Pirouette einmal ein Taktverlust, aber Quantaz sieht gut aus, voll am mitmachen. Starker Galopp in die Galpppirouette von A dann Zweierwechsel. Da ab und zu Fehler, die gehen in fehlerfreie (!) Einer über die wiederum in eine Pirouette münden, davon ausgehend Übergang in die Piaffe und Passage. Und dann „It’s a heartache”, in der Piaffe klopft Isabell den Hals des Braunen mehrfach mit der rechten Hand. In der Passage und der letzten Fächerpiaffe mit 360 Grad klatscht das Publikum die gesamte Zeit mit. 83,339 Prozent

Charlotte Dujardin und Imhotep (GBR)

Das nächste neunjährige Pferd im Finale. Wie es mittlerweile schon beinahe Standard ist, hat Charlotte Dujardin den Wallach erst drei Grand Prix vorher geritten. Nun also WM-Finale.
Die Musik ist nicht neu, sie kennt man schon von anderen Küren der Britin. Am Anfang ein Wechsel zwischen Passagen und Piaffen, der hohe Hals des Everdale-Sohns ist wie schon in den vorhergehenden Prüfungen nicht zu übersehen. Was aber auch da ist, ist das Schwingen, der Rhythmus. Der Schritt ist keiner, bei dem man Achten ziehen möchte.
Sie beginnt mit einer doppelten Pirouette die Galopparbeit, gefolgt von Zweierwechseln auf gebogener Linie und einer weiteren doppelten Pirouette. In den Einerwechseln auf einer „einfachen Schlangenlinie” fällt der Dunkelfuchs – mittlerweile schweißnass – für mehrere Galoppsprünge aus. Aber die Traversalen funktionieren dann wieder. Eine Mittellinie nutzt die Olympiasiegerin, um noch einmal Einerwechsel zu zeigen. Diesmal klappt das. Und in der abschließenden Piaffe-Passage-Tour könnte man meinen, dass sich der Ganaschenwinkel etwas geöffnet hat. 83,132 Prozent

Adrienne Lyle und Salvino (USA)

Die einzige Starterin, die es aus der US-Equipe in die Kür geschafft hat zählt zu den korrekt sitzenden Reitern in der Weltspitze. 15 Jahre ist ihr Sandro Hit-Sohn Salvino. Der Hannoveraner war in Tokio bei den Olympischen Spielen und kann vieles gut, Passage aber sehr gut.
Er steht wie ein Denkmal bei X, los geht’s – Überraschung! – in der Passage. Sehr gleichmäßige Piaffe vor C. Ein kleiner Taktfehler im starken Trab, Traversalen zu „Walking in Memphis”. Amerikanische Hits sind das Motiv. Passage-Traversale, klar abgesetzt zur Mittellinie. Das Ganze dann noch einmal spiegelbildlich. Aus einer Fächerpiaffe in den starken Schritt, zu E-Gitarre und Gesang dehnt sich er Rappe schön ans Gebiss heran. „Land of Hope and Dreams”. Beides kann ja nicht schaden im Dressurviereck, Zweierwechsel auf gebogener Linie. Pirouetten und Traversalen gelingen den beiden großgewachsenen Athleten. Insgesamt sehr konzentriertes und ruhiges Reiten, ruhig – nicht langsam, auch die fliegenden Galoppwechsel von Sprung zu Sprung gelingen fließend, vielleicht nicht mit dem letzten Abdruck im Hinterbein.
Abdruck und Ausdruck bei den letzten Zick-Zack-Linien in Passagen und Piaffe-Pirouetten runden eine schöne Prüfung ab. Die besten, die das Paar hier in Herning gezeigt hat. 83,704 Prozent

Daniel Bachmann Andersen und Marshall-Bell (DEN)

Mehr als 82 Prozent haben Daniel Bachmann Andersen und Marshall-Bell im vergangenen Jahr in Hagen bei den Europameisterschaften 2021 in der Kür bekommen. Damals zählten sie sie zu den Überraschungen. Im Grand Prix war der Dunkelfuchs hier in Herning das Streichergebnis von Team Dänemark. Im Grand Prix Special waren die beiden smarten Dänen aber Achte und damit die zweitbeste Kombination aus dem Land der Gastgeber. Und Gastgeber sind die Dänen wirklich mit vollem Herzen. So freundlich, so gut organisiert – kein Vergleich zu den Baustellen-Weltreiterspielen in Tryon 2018 und den legendären Spielen von Caen, bei denen die Organisation so war, wie die ausführlich beschriebenen WCs damals.
Aber das ist jetzt Geschichte. Im Hier und Jetzt kommt jetzt Daniel herein. Mit dem Wallach, der ihm „unterm Hintern” wegverkauft wurde und den er dann von der neuen Besitzerin Nicole Ahorner zum Reiten für die WM zur Verfügung gestellt bekommen hat.
Passagen und Piaffen, letztere besser als im Grand Prix werden zum Auftakt von Streichern untermalt. Wechsel von versammeltem Trab und Passage in der Traversale, daraus vor C in eine 180-Grad-Piaffe und wieder in die Passage-Traversale. Das ganze immer im Takt, auch wenn hin und wieder das linke Hinterbein hyperaktiv ausschwingt. Aber das ist heut recht selten.
Cello unterstreicht (im Wortsinn, wie ich gerade feststelle), den versammelten, Geige (oder Bratsche?), den starken Schritt. Nun gibt der gestrichene Kontrabass zum Galopp den Takt vor. Der verstummt zu gut gesprungenen Pirouetten. Großes Galoppieren im starken Galopp. Zweierwechsel gelingen sicher auf der Diagonalen. 15 Einerwechsel im hundertprozentigen Einklang mit der Musik. Übergang vom starken Trab auf der Diagonalen in die Passage, dann 360-Grad. Piaffe-Pirouette und einhändig in der Passage bis kurz vor C. Gruß! Daniel reißt beide Hände hoch. Das Stadion bebt – und steht. Standing Ovation!
83,646 Prozent.

Gareth Hughes und Classic Briolinca (GBR)

Covid-Gareth müsste man den Briten nennen. Mit Corona-Infektion aber ohne Maske hat er seine Mitstreiter, auch aus anderen Nationen, auf dem Podium umarmt bei der Siegerehrung der Mannschaftsdressur. Das ist, vorsichtig formuliert, nicht gut angekommen bei den anderen Nationen. Gar nicht gut!
„Whose that girl?” fragt Madonna zum Einreiten und zu „La Isla Bonita” geht es mit Passagen und Piaffen los. Das sind die Stärken der 16-jährigen Stute. „Material Girl” zu einer recht verhaltenen Trabverstärkung. Madonna auch weiterhin vorherrschend. Sehr rhythmische Piaffe-Pirouette, daraus in die Passage-Traversale und „True Blue” für die Traversalen im versammelten Trab. Schritt, nun ja, der ist überschaubar und hinten deutlich kurz lang. Der Galopp dürfte dem Reiter da eher liegen. Der ist zwar von der Qualität auch nicht das, was auf dem Bundeschampionat vorne steht, also überhaupt nicht. Aber dafür äußerst praktisch zu verarbeiten. Sichere Zweierwechsel, Traversalen. Madonnas Stimme meldet sich zur Pirouette, sonst hatte sie kurz Sendepause. Und auch zu den Einerwechseln auf der Mittellinie verstummt die Queen of Pop. Dann Bongos, Übergang in die Passage, 90-Grad-Piaffe-Pirouette, um von C auf die Mittellinie zu kommen.
84,043 Prozent – damit führt der Brite zur Pause.

Patrik Kittel und Touchdown (SWE)

Zehnjährig ist der Quaterback-Wallach, der mal gekört war. Mit der Trabarbeit geht es los. Im Geradeaus und vorwärts-seitwärts. Filmmusik, Agenten, großes Kino, Drama. Die Piaffen sind hinten breit. Beim Übergang aus dem starken Trab in den Schritt ist Kürprofi Kittel leicht vor der Musik. Jetzt Streicher. Den Schritt reitet Kittel auf dem Zirkel. Dann Galopp, die Musik nimmt an Fahrt auf. Touchdown auch. Im Galopp dann einmal „geschüttelt, nicht gerührt”: vor der Pirouette einmal umgesprungen. Fehlerfreie Zweierwechsel, dann unter Streichereinsatz Traversalen und noch einmal starker Galopp, diesmal ohne umzuspringen, und doppelte Pirouette. Die Pirouetten mit „No time to die” von Billie Eilish untermalt, noch ein James Bond-Motiv. Sichere Einerwechsel auf der Halbdiagonalen.
Zum Abschluss dann Passage und starker Trab.
83,679 Prozent, damit setzt sich Kittel um 20.58 Uhr an die Spitze.

Carina Cassøe Krüth und Heiline’s Danciera (DEN)

Riesenapplaus für die erste Reiterin aus dem Gastgeberland. „Time of my life” aus „Dirty Dancing” zur Passage beim Einreiten. Die Fürstenball-Tochter geht zu Melodien der 1980er und 1990er Jahre. Die erste Piaffe ist etwas mau. Die Passage aber mit viel Ausdruck. Musikwechsel: Fame! Ruhm! Zur Traversale, dann „Holding out for a hero” zur Passage Traversale und wieder „Fame” für einen starken Trab und weitere Traversalen im versammelten Tempo.
Der Schritt ist vorn zunächst „stapfig” – dazu „I wanna know what love is”. Jetzt Galopp Whitney Houstons „I wanna dance with somebody”, dazu Einerwechsel die aber hinten nur gelegentlich durchgesprungen sind. Mehr ein Hüpfen. In der Pirouette, doppelt, Geige, Musik jetzt: „Footloose”. Die Zweierwechsel funktionieren, die Einer wieder nicht. Teuer! 360-Grad-Fächerpiaffe am Schluss, da klatschen die Menschen schon seit 30 Sekunden im Takt. Und dann erhebt sich das Stadion auch noch. Nationalstolz können sie, die Dänen. 82,143 Prozent

Alejandro Sánchez del Barco und Quincallo de Indalo (ESP)

Ihn finden alle toll hier in Herning. Der schlanke Spanier mit seinem sportlichen Schimmelhengst Quincallo de Indalo, der elf Jahre alt ist. Der Sitz von Alejandro Sánchez del Barco ist mustergültig. Und sein PRE-Hengst ist nicht zu unrecht im WM-Finale. Und was ertönt? Natürlich spanische Gitarren, dann Flamenco-Klatschen zur ersten Piaffe mit 90-Grad Wendung, um in der Passage von B bis H zu kommen. Kurz vorm Wechselpunkt eine weitere Piaffe. Dann frischer versammelter Trab und ein starker Trab. Das Publikum jauchzt, Fiesta hin oder her, das ist dem Schimmel zu viel, er galoppiert an: kollektives Mitleid auf den Rängen. Passage-Traversalen links und rechts der Mittellinie zur Gitarre. Ich sach ma: Olé!
Aus der Piaffe-Pirouette Übergang in den Schritt, leider vor der Musik, die ist – per Geige – das Motiv aus „We’re happy together”. Jo, happy sehen die beiden aus. Im Galopp gleich Traversalen am Anfang und dann Zweierwechsel. Zur Pirouette darf diesmal ein Spanier ein kehliges „Hehehehehehe” ertönen lassen, dann starker Galopp mit Drums und Wumms. Schnurgerade Einerwechsel auf der Mittellinie, exakt zur Musik.
Am Ende dann aus dem Galopp in eine Fächerpirouette und in der Passage zur Flamenco-Gitarre die Mittellinie herunter.
Mediterrane Klänge versetzen Skandinavien in Ektase! 78,386 Prozent

Juliette Ramel und Buriel K.H. (SWE)

Noch ein eingespieltes Doppel aus Schweden: Der 16-jährige Buriel und Juliette Ramel. Im versammelten Trab bis X, das darf Kürpäpstin Katrina Wüst aber nicht sehen, die findet das langweilig, hat sie mal in einem Seminar gesagt. Die Höhepunkte zu Beginn ausspielen, damit die Richter die Achten schon mal in der Hand haben. Das ist eine gute Strategie. Die wählt die Schwedin mit dem Osmium-Sohn. Konkret: viele Piaffen und Passagen in selten gesehener Regelmäßigkeit zum Auftakt des Programms. Der starke Trab, nun ja. Immerhin die Musik hat ein bisschen mehr Trommel.
Doppelte Pirouette nahezu in der Ecke bei F, ganz exakt zu dann reduzierter Musik, da wird eher gezupft, dann eine Traversale bis E und zurück nach links, dann kurz vor der Ecke wieder ein Pirouette, schöne Idee. Die Serienwechsel springt der Wallach heute etwas mehr nach vorne. Der übersichtliche Schritt wird mit Streichern und Piano aufgepimpt. Dann noch einmal Passagen und eine Piaffe mit fließenden Übergängen. 80,682 Prozent

Therese Nilshagen und Dante Weltino (SWE)

Die beiden sind ein so vertrautes Paar. Diese WM war nicht ihr bestes Turnier. Aber sie haben sich gesteigert, von Prüfung zu Prüfung. Das Paar aus dem oldenburgischen Lodbergen hat eine neue Kür. „La Luna” zum Einreiten. Nach dem Gruß starker Trab, Passagen und Piaffen, die besser gelingen als an den Vortagen. Es wird viel gesungen zur Untermalung von Traversalen im versammelten Trab und in der Passage. Heute klappt vieles besser. Zweierwechsel auf gebogener Linie. Dann einer dieser „Dante-Galopps” – volle Pulle, herrlich bergauf, der Schweif majestätisch hinterherwehend. Präzise zu Glockenspiel mündet dieser starke Galopp in einer Pirouette. Vorwärts seitwärts geht’s weiter, Pirouette bei X, dann eben mal 20 Einerwechsel. Läuft bei den beiden.
Eineinhalbfache Pirouette, dann im starken Galopp auf die Richterin bei C zu. Das ist Susanne Baarup aus Dänemark. Auf der letzten Mittellinie reitet Therese Passage und das Stadion klatscht im Takt mit. Der Oldenburger, sturmerprobt in hunderten Hengstvorführungen, lässt sich dadurch nicht ablenken. Er steht bei X und will sagen: „So, heute habt ihr gesehen, was ich wirklich drauf habe.”
Und die Richter? Die verstehen die Message: 83,046 Prozent.

Emmelie Scholtens (NED) und Indian Rock



 

Also jetzt! Grand Prix Kür – der publikumswirksame Schlusspunkt der Dressurweltmeisterschaften 2022 in Herning. A-Note für den technischen Wert und B-Note für den künstlerischen Eindruck addiert, dann durch zwei geteilt – fertig ist die Note, die über die Medaillen entscheidet.
15 Paare haben sich im gestrigen Grand Prix Special für diese Entscheidung qualifiziert. Geritten wird in zwei Gruppen. Das Flutlicht ist schon jetzt an, dabei strahlt noch die Sonne am blauen dänischen Himmel, der heute nicht durch Wolken getrübt wird. Und auch der Wind ist heute freundlich mit allen umgegangen.

Die Richter sind stilecht in einer Kutsche hereingefahren worden. Wenn sie dabei nach vorne geschaut haben, haben sie tätige Rückenmuskeln gesehen. Hoffentlich hat sie das inspiriert.

Um 21.40 Uhr beginnt die Gruppe mit den letzten acht Kombinationen. 10.000 Zuschauer soll das Fußballstadion fassen. Und es ist ausverkauft, so heißt es offiziell. Die Menschen haben ihre Plätze eingenommen. Geht los!

Was bisher geschah

Wenige Auftritte hatte Glamourdale von Charlotte Fry in dieser Saison bisher, aber der elfjährige KWPN-Hengst und seine britische Reiterin erregten bereits im Grand Prix große Aufmerksamkeit der Fachleute und münzten ihren Start an vorletzter Stelle im Grand Prix Special in einen Sieg um – Einzelgold! Cathrine Laudrup-Dufour und ihr zehnjähriger Vamos Amigos hatten das Nachsehen und bekamen Silber, nachdem sie im Grand Prix zuvor noch in Führung gelegen hatten. Alleine das reicht schon für mächtig Spannung vor der Grand Prix Kür, in der 15 Paare starten werden.

Doch die Grand Prix Kür kann auch sonst noch für Überraschungen sorgen. Es kommt eben auch auf das Künstlerische an und auf den Schwierigkeitsgrad. In Letzterem konnten wir bereits einen Blick erhaschen in eine Abfolge von Isabell Werth und Quantaz, die Schwieriges vermuten lässt. Und allgemein wird sich die erfolgreichste Dressurreiterin aller Zeiten sicherlich nicht kampflos geschlagen geben im Wettbewerb um die Medaillen. Ebenso werden aus deutscher Sicht Benjamin Werndl und Famoso die Daumen gedrückt, die durch stilistisch feine Ritte in den letzten Tagen überzeugen konnten.

Isabell Werths Startzeit mit Quantaz lautet 22.10 Uhr, Benjamin Werndl folgt ihr mit Famoso auf den Tritt um 22.20 Uhr. Danach folgen die Einzel-Medaillengewinnerinnen aus dem Grand Prix Special: Charlotte Fry, Dinja van Liere und Cathrine Laudrup-Dufour in dieser Reihenfolge.

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Jan TönjesChefredakteur

Chefredakteur ab 2012, seit 2003 beim St.GEORG. Pferdejournalist seit 1988. Nach Germanistik/Anglistik-Studium acht Jahre tätig bei öffentlich rechtlichem Rundfunk, ARD, SFB, RBB in Berlin. Familienvater, Radiofan, TV-erfahren, Moderator, Pferdezüchter, Podcasthost, Preise: Silbernes Pferd, Alltech Media Award. Präsident Internationale Vereinigung der Pferdesportjournalisten (IAEJ).

  1. Desi

    Viele Ritte haben gestern viel Spaß gemacht. Schönes Reiten, Harmonie zwischen Reiter und Pferd, Losgelassenheit. Gerade Benjamin Werndl und Famoso waren eine Augenweide. Alles wirkte so selbstverständlich, kaum Hilfen waren zu sehen. Das war wirklich ein Tanz. So macht Dressur Spaß. Der beeindruckende Glamourdale und Charlotte Fry unter Flutlicht – auch ein Highlight, das sicherlich viele begeistert hat.Ein Highlight für mich auch ein mal mehr Gareth Hughes. Ein toller Ritt!
    Schade war für mich, dass die Richter leider bei dieser WM auch in der Kür nicht auf schwingende Rücken und Leichtigkeit zu achten schienen. Es ist schwer zu vermitteln, dass Dinja van Liere und Hermes 9en für die Passagen bekommen, obwohl der Rücken in keinem Moment mitschwingt und das Pferd recht fest „oben dran steht“. Für mich sieht eine schöne Selbsthaltung anders aus. Dem ganzen Ritt fehlte es für mich an Losgelassenheit und auch Schöneheit (es fällt mir schwer zu beschreiben, aber mir war das alles zu statisch, zu gezwungen). Ähnliches bei Imhotep. Ein großartiges Pferd, von dem man sicherlich noch viel hören wird. Aber auch hier: Diese absolute Aufrichtung, in keinem Moment wirkliche Rahmenerweiterung, auch nicht in den Verstärkungen. Und dafür so hohe Punkte… Ist das wirklich das, was die Richter heute sehen wollen? Ich dachte eigentlich, dass wir mit Jessica von Bredow-Werndls Olympiasieg eine neue Ära der Leichtigkeit in der Dressur erreicht haben und die Zeiten, in denen exaltierte Bewegungen ohne reellen Fluss und ohne schöne Selbsthaltung hoch bewertet werden, vorbei sind.

  2. Inga Kamp

    Dem kann ich nur zustimmen, aber weder bei Desi noch im Liveticker gibt es einen annähernd glaubwürdigen Kommentar zum Ritt von Juliette Ramel. Für mich war das die Qual des Abends. 6 Minuten Dauer – Sporeneinsatz und sehr bezeichnend hierfür auch die Reaktion des Pferde, nämlich keine. Das kann nur bedeuten, das läuft häufig so. Für diesen Ritt gab es über 80 % . Das zeigt, die Einwirkung des Reiters oder, wie oben angesprochen, die Losgelassenheit des Pferdes zählen gar nichts mehr. Spektakulär, mit viel Aktion und möglichst eine Höchstschwierigkeit nach der anderen, das will man sehen. Ritte wie der von Frau Romel liefern genau die Munition für Peta etc. Es fachlich nicht zu kommentieren, vergibt eine Chance und die nutzen dann fachlich wenig versierte Organisationen, um sich Gehör zu verschaffen. Viel brauchen sie dazu leider nicht, 1 bis 2 Minuten dieses Ritts mit dem Fokus auf die Reitersporen reichen da völlig aus. Den Schaden hat erneut der Sport, der in seiner Breite gerade solches Reiten nicht praktiziert.

    • Desi

      Inga, ich stimme hier vollkommen zu. Ich habe den Ritt gestern nicht gesehen, ihn mir aber gerade angeschaut. Deinem Kommentar ist nichts hinzuzufügen. Es ist einfach schade. Das ist doch keine Werbung für unseren Sport, wenn man für solches Reiten noch über 80% bekommt. Und dann gibt es die weniger im Fokus stehenden Reiter, die wirklich schön reiten, aber einfach keine Punkte bekommen, weil sie nicht so berühmt sind, die Pferde nicht vorne strampeln etc.
      Ich habe immer mehr das Gefühl, dass nach Namen oder ich weiß nicht was gerichtet wird…Ich finde bei vielen Pferde, dass die Noten gestern einfach zu hoch waren für nicht reeles Reiten. Auch Cathrine Dufour oder Charlotte Dujardin fand ich im Special sehr hoch bepunktet. Vamos Amigos war sehr an, sehr spannig…
      Mein Mann schaut nur selten mit mir Dressur und hat selbst wenig mit Pferden zu tun. Ihm war sehr schwer zu vermitteln, warum ein spanniger, „krampfiger“ Ritt von Dinja van Liere Bronze holt und vor Benjamin Werndl liegt, der schön anzusehen war. Und ich glaub mit dem Unverständnis ist er nicht so alleine

      • Sylvia

        Sehr richtig. Schaut man den Pferden ins Gesicht, sind es Ausnahmen wie ein Famoso, wie ein Dante Weltino, die überhaupt keinen Stress haben.

  3. Desi

    Inga, ich stimme hier vollkommen zu. Ich habe den Ritt gestern nicht gesehen, ihn mir aber gerade angeschaut. Deinem Kommentar ist nichts hinzuzufügen. Es ist einfach schade. Das ist doch keine Werbung für unseren Sport, wenn man für solches Reiten noch über 80% bekommt. Und dann gibt es die weniger im Fokus stehenden Reiter, die wirklich schön reiten, aber einfach keine Punkte bekommen, weil sie nicht so berühmt sind, die Pferde nicht vorne strampeln etc.
    Ich habe immer mehr das Gefühl, dass nach Namen oder ich weiß nicht was gerichtet wird…Ich finde bei vielen Pferde, dass die Noten gestern einfach zu hoch waren für nicht reeles Reiten. Auch Cathrine Dufour oder Charlotte Dujardin fand ich im Special sehr hoch bepunktet. Vamos Amigos war sehr an, sehr spannig…
    Mein Mann schaut nur selten mit mir Dressur und hat selbst wenig mit Pferden zu tun. Ihm war sehr schwer zu vermitteln, warum ein spanniger, „krampfiger“ Ritt von Dinja van Liere Bronze holt und vor Benjamin Werndl liegt, der schön anzusehen war. Und ich glaub mit dem Unverständnis ist er nicht so alleine

    • Dr. J. Kraul

      Desi und Inga, dem kann ich nur zustimmen und eigentlich nicht mehr viel hinzufügen. Benjamin Werndl hätte eine Medaille mehr als verdient. Wenn er oder auch Jessica ins Viereck reiten ist das einfach nur schön. Richtiges, schönes Reiten, losgelassene, reel ausgebildete, zufriedende (!) Pferde – nicht „nur“ Dressur sondern wahres Horsemanship. Schade, dass die Richter dann doch lieber das Show-Reiten der Girls sehen wollten. Sicherlich in der heutigen Zeit kein positives Signal.

  4. Sylvia

    Nachdem ich nach den jüngeren Championaten das Gefühl hatte, hier und da geht wieder was in die richtige Richtung, kann ich mich meinen Vorrednerinnen nur anschließen. Das Richten hat mich sehr enttäuscht bei dieser WM, entweder patriotisch, oder/und man muss zu dem Schluss kommen, dass die Gewichtung mittlerweile in völliger Schieflage ist. Technik ist doch nicht alles! Teilweise gruselige Ritte, was Schwingen und innere und äußere Losgelassenheit betrifft, jenseits der 80%. Kriterien wie Rahmenerweiterung oder relative Aufrichtung scheinen aus dem Vokubalur der Richter/innen gestrichen.
    Der starke Galopp von Glamourdale war „stark“, aber die Rahmenerweiterung fehlte – dann eine glatte 10?

    Interessant auch die Kommentatoren auf Eurosport – Dirk-Alexander Lude richtigerweise oft mit dem Hinweis, dass die Pferde zu eng sind, dem hat Sönke Rothenberger jedes Mal direkt entgegengehalten – puh… niederländischer Einfluss? Und nein, lieber Sönke Rothenberger, ein zu enger Ganaschenwinkel ist keine „Geschmackssache“.

    • Ellen

      Sehe ich genauso; auch für mich gab es bei vielen Ritten gestern (viel) zu viele Punkte. Die Richter:innen hatten offenbar einen temporär sehr, sehr wohlwollenden Blick oder beschlagene Brillengläser oder….? Sorry für meinen Sarkasmus aber manchmal kann ich nicht anders. Es ist mitunter wirklich frustrierend. Die Wurzel des Übels sitzt sehr, sehr tief.

      • Sylvia

        Ja, es ist frustrierend 🙁 man müht sich ab, um alles nach der klassischen Reitlehre zu erlernen… und dann sieht man diese Reiter/innen mit ihren unhappy athletes, denen die Punkte hinter geschmissen werden (nicht allen, natürlich). Es macht wirklich keinen Spaß mehr, und das Publikum kriegt sich auch, völlig undifferenziert, vor lauter Jubeln nicht mehr ein.
        Wenn dann vom Profi bei Eurosport teilweise noch so kommentiert wird, gute Nacht Marie.

  5. Sepp

    Mein Eindruck ist, dass Deutschland benachteiligt wird. Benjamin Werndl hätte Gold
    erhalten müssen. Aber wenn Großbritannien vorne liegt, lässt sich der Sport
    besser vermarkten. Fry nimmt das Pferd zu eng. Der Hals des Pferdes müsste lockerer sein.

  6. Claudia R.

    Hallo Frau Brandt,
    da bin ich bei Ihnen: Diese WM, insbesondere das Kür-Finale, hat mich leider auch mehr an zirzensische Vorführungen als an klassische Dressur erinnert. Insgesamt bleibt man eher grüblerisch als begeistert zurück. Was mir auch auffiel: Führzügelklasse auf höchsten Niveau, wenn erst Sekunden vor dem Einritt die Pflegerin den Führstrick löst. Vielleicht soll sie dem Pferd etwas Sicherheit und Beistand geben bis kurz vor dem Hexenkessel, aber wenn das nötig ist, dann muss man sich doch fragen: Ist der Stress so groß? (Hab ich übrigens bei z. B. IW noch nie gesehen, werden wir wohl auch nicht.)

  7. M. Bach

    Sabine Brandt und Euch anderen hier, vielen Dank für Eure wertvollen Beiträge!

    Ich selbst habe auch spontan gedacht: Volltreffer!
    „Another one bites the dust“ / „Wieder einer, der ins Gras beißt“!
    Grandios passende Musikauswahl!
    Und dann tauchte auch bei mir sofort das Bild vom Auf- und Abstieg des Totilas auf.
    Was war das für ein Hype! Und wie haben sich die meisten täuschen lassen von dem Spektakel.
    Und welch hohen Preis hat der Hengst dafür bezahlen müssen!?

    In diesem Moment, gerade zur rechten Zeit kamen Valegro, Utopia, Le Noir, Desperados, Showtime und andere, die extrem wichtig für den Dressursport waren, weil sie dafür sorgten, die klassische Reitweise nicht ganz in Vergessenheit geraten und aussterben zu lassen.

    Ich frage mich die schon die ganze Zeit, was wohl passiert wäre,
    wenn sich bei dieser WM Dalera und Glamourdale gegenüber gestanden hätten?

    Da wären sich dann zwei extrem unterschiedliche Pferde und Reitstile begegnet,
    und hätten dazu aufgefordert, Farbe zu bekennen:
    Wie soll der Dressursport der Gegenwart und Zukunft aussehen?
    Wollen wir junge Pferde und junge Reiter physisch und psychisch verheizen?
    Wollen wir geölte, stets hundertprozentig funktionierende „Maschinen“,
    oder sind wir bereit, ein Stück weit auf Perfektion und den sicheren Sieg zu verzichten,
    wenn wir dafür einen charmanten, zufriedenen, lebensfrohen Sportpartner haben.
    (Denke da ganz speziell an Franziskus bei seinen Kürauftritt in Frankfurt)

    Und ja:
    Durchgängig deutlich sperrende Mäuler, schlackernde Unterlippen, Blut im Maul, extrem hohe Halsaufrichtung, fehlende Dehnung und Biegung, starre Rücken, nicht abgesenkte Kruppen, strampelnde Pferdebeine, übertrieben hohe angezüchtete oder erworbene Knieaktion, gestreckte Reiterarme, verdeckte Fäuste, durchgängig stramme Kandaren sind nicht nur Schönheitsfehler und Bagatellen, sondern sie beeinträchtigen fundamental das Wohlbefinden, die Gesundheit und vor allem die Lebenserwartung der Pferde. Wollen wir das tolerieren und fördern?

    Und wenn Glamourdale nun mit seinem aufwendigen Bewegungsablauf den Standard setzt,
    was wird dann aus all den Pferden, die zwar nicht diese, aber andere Qualitäten haben:
    die Schulterfreiheit von Imperio, die Leichtigkeit von Dalera, den Charme vor Franziskus und Cassidy, etc.

    Warum landen häufig Pferde bei den falschen Reitern?
    Ich könnte mir vorstellen, dass sich Glamourdale unter Benjamin Werndl sehr gut machen würde, oder unter Frederic Wanders, oder unter Markus Hermes, oder unter Hubertus Schmidt. Diese und viele andere erfahrene, hochqualifizierte Reiter müssen sich mit oft nur durchschnittlichen Pferden abmühen, und kommen nur selten oder gar nicht in den Genuss eines solchen Pferdes, das unter ihnen auf gesunde Weise voll ausreifen könnte.

    Und warum muss überhaupt alles so schnell gehen?
    Warum lässt man den jungen Pferden und jungen Reitern nicht mehr Zeit, sich zu entwickeln?
    Ein Koloss wie Glamourdale braucht mehr Zeit, um auch mental auf gesunde Weise in seinen Körper hineinzuwachsen. Bei seinen Proportionen, hätte ihm aus gesundheitlichen Überlegungen ein Jahr länger im Louidor-Bereich sehr gut getan.

    Die Antworten auf diese Fragen bekommen wir dann sicher eines Tages, wohl schon in Paris.

    • Sylvia

      Danke, dass Sie auch noch einmal auf das teils sehr junge Alter der Pferde hinweisen. Dieser Gedanke kam mir auch, z.B. bei Imhotep oder Hermès. Da wird dann stolz darauf hingewiesen, das Pferd sei noch jung und unerfahren und erst so und so oft diese Prüfung gegangen.
      Das verstehe ich nicht – das ist kein Pluspunkt, sondern mE eine ungenügende Vorbereitung auf so ein Turnier, und leider sah man den Pferden die Überforderung an. Mir ist klar, dass man solche Stadien nur üben kann, wenn man in ihnen reitet. Aber dann sollten die Pferde doch zumindest, was das sportliche Level angeht, Sicherheit und eine gewissen Routine mitbringen. Dass es trotzdem in so einer Atmosphäre in die Hose gehen kann – geschenkt, ist völlig logisch. Aber man kann eine solche Überforderung nicht ausschließen können, oder sie provozieren, und oft ist letzteres der Fall.
      Das ist nicht explizit gg C. Dujardin gemünzt, ich halte sie, ihre Reiterei und Pferdehaltung für noch mit die pferdefreundlichste, wobei es für mein Dafürhalten auch schon bessere Bilder von ihr gab. Imhotep war einfach viel zu (absolut) aufgerichtet und nicht reell durchlässig. Wahrscheinlich einfach noch zu grün.

      • Julia

        Imhotep war durchgängig zu eng, was den Kommentatoren nicht aufgefallen ist. Das Maul war ständig offen zu sehen. Wenn mein Pferd auf Kandarre mit offenem Maul läuft, bekomme ich ins Protokoll geschrieben und die Note sieht danach aus. Was ich auch richtig finde, aber warum geht das auf einem Championat ?
        Mir gefiehlt Charlotte Dujardon mit Valegro eigentlich gut, letztes Jahr in Tokio hatte sie doch auch so ein junges Pferd dabei… Der Auftritt am Mittwoch gefiel mir gar nicht.


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