Barren/Touchieren? Zusammensetzung der FN-Kommission Ausbildungsmethoden Pferdesport

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Symbolbild FN-Kommission Ausbildungsmethoden (© st-georg.de)

Die FN-Kommission, die u. a. eine Aussage treffen soll, ob in dem RTL-Beitrag über Ludger Beerbaum Barren oder Touchieren zu sehen ist, gibt es seit Januar 2021. 27 Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Sport gehören dem Gremium an. Wer es ist und warum eine Entscheidungsfindung lange dauert, hat die FN nun erläutert.

Das konkrete Problem ist seit über 30 Jahren als eines bekannt, das das Zeug hat, den Pferdesport in der Öffentlichkeit schlecht aussehen zu lassen. Die FN-Kommission Ausbildungsmethoden, die sich aktuell mit dem Thema Barren oder Touchieren beschäftigen muss, gibt es seit Januar 2021. Doch das Gremium hat noch andere Themen zu bearbeiten. Eckdaten rund um das Expertengremium hat die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN) auf ihrer Webseite zusammengefasst.

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Wie setzt sich die FN-Kommission Ausbildungsmethoden zusammen?

27 Menschen grübeln über Barren oder Touchieren, aber auch über andere Dinge, die Ausbildungsmethoden im Reitsport betreffen. Wissenschaftler und Tierärzte, Juristen, Sportler, Berufsreiter, Vertreter von Zuchtverbänden und Bundestrainer sowie Funktionäre aus dem Deutschen Olympiade Komitee für Reiterei (DOKR).

Welche Personen sind das konkret?

  • Prof. Dr. Peter Kunzmann, Professor für Angewandte Ethik in der Tiermedizin an der Tierärztlichen Hochschule (TiHo) Hannover. Der einzige Professor in diesem Bereich hat beispielsweise auch an einer Entscheidungshilfe für Tierärzte zum Thema Einschläfern von Klein- und Heimtieren mitgearbeitet
  • Prof. Dr. Peter Stadler, Fachtierarzt für Pferde und emeritierter Professor für Orthopädie an der TiHo. Nicht erst seit der Rollkur-Diskussion ab 2005 hat Professor Stadler sich als Kämpfer für das Pferd immer wieder mit seiner Expertise zu Wort gemeldet
  • Diplom-Biologin, Pferdewissenschaftlerin, Verhaltenstrainerin und Westernreiterin Dr. Vivian Gabor betreibt ein „Institut für Verhalten und Kommunikation (IVK)“ auf ihrem Hof in Einbeck, wo sie „Pferdeverhaltenstrainer IVK“ ausbildet
  • Amtsveterinär Fabian Ahrens ist im Springen bis Klasse S siegreich
  • Dr. Andreas Franzky, ist bekannt als Vorsitzender der Tierärztlichen Vereinigung für Tierschutz (TVT). Sein Herz schlägt unter anderem für die Vielseitigkeit
  • Dr. Christiane Müller ist schon seit langem die Tierschutzbeauftragte der FN und als solche Mitglied des FN-Präsidiums, öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige für Pferdehaltung, -zucht und -sport
  • Theo Leuchten, Züchter aus dem Rheinland und FN-Vizepräsident für den Bereich Zucht, öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Pferdehaltung, -zucht und -sport
  • Wolfgang Egbers, Pferdewirtschaftsmeister und Dressurausbilder, Mitglied des FN-Vorstands Sport für den Bereich Ausbildung,
  • Dietmar Hogrefe (bis Januar 2022), Mitglied der FN-Rechtskommission, 1984 Bronzemedaille bei den Olympischen Spielen in Los Angeles mit Foliant, Zwölfter in der Einzelwertung Vielseitigkeit.
  • Wilken Treu, Geschäftsführer des Hannoveraner Verbandes, zuvor Zuchtleiter des Westfälischen Pferdestammbuchs und damit bei zwei großen Verbänden u. a. für die Durchführung von Körungen verantwortlich gewesen
  • Joachim Geilfus, internationaler Springrichter, Vertreter der Deutschen Richtervereinigung, der auch bei den Springreitern bei Olympia in Tokio im Einsatz war
  • Stephan Ellenbruch, Kaufmann aus Essen, Richter u. a. bei den Olympischen Spielen in London und Rio, seit 2012 im Springausschuss des Weltreiterverbandes FEI engagiert, ab 2015 als stellvertretender und ab 2017 als Vorsitzender des Komitees
  • Klaus Roeser, Vorsitzender des Disziplin-Ausschuss Dressur, kaufmännischer Leiter der Tierklinik Lüsche, vorher lange Jahre Turnierorganisator im Dienst von Paul Schockemöhle, (PST), Generalsekretär des Internationalen Dressurreiter Clubs (IDRC)
  • Prof. Dr. Jens Adolphsen, Vorsitzender des Disziplin-Ausschuss Vielseitigkeit. Der Juraprofessor von der Justus-Liebig-Universität Gießen war schon für die FN und die FEI tätig. Er hat an internationalen Universitäten gelehrt, Sportrecht gehört zu seinen Spezialgebieten.
  • Peter Hofmann, Vorsitzender des Disziplin-Ausschuss Springen. Der Geschäftsmann engagiert sich seit Jahrzehnten im deutschen Springsport und ist die treibende Kraft hinter dem Mannheimer Maimarkt Turnier.
  • Reitmeister Martin Plewa, ehemaliger Bundestrainer Vielseitigkeit und früherer Leiter der Westfälischen Reitschule Münster ist bekannt als jemand, der sich deutlich pro Pferd positioniert, auch wenn er damit anecken könnte. Lange Jahre einer der Autoren der Richtlinien für Reiten und Fahren der FN.
  • Hubertus Schmidt, ebenfalls Reitmeister und Ausbilder vieler hoch erfolgreicher Dressurpferde und -reiter. Kaderreiter.
  • Otto Becker, Bundestrainer der deutschen Springreiter, Mannschaftsolympiasieger, Weltcupsieger, ritt in den 1980er und -90er Jahren bei Paul Schockemöhle
  • Peter Thomsen, neuer Bundestrainer der Vielseitigkeitsreiter, über Jahrzehnte in deutschen Teams erfolgreich auf Olympischen Spielen, Welt- und Europameisterschaften und in schwersten Prüfungen
  • Monica Theodorescu Bundestrainerin Dressur, mehrfache Mannschaftsolympiasiegerin, Mannschaftswelt- und Europameisterin, Weltcupfinalistin
  • Holger Wulschner, vertritt die Aktiven aus dem Bereich Springreiten, mehrfacher Derbysieger, international erfolgreich, Turnierorganisator
  • Julia Krajewski Olympiasiegerin Vielseitigkeit 2021, Bundestrainerin Altersklasse U25 sowie Perspektivgruppe Vielseitigkeit
  • Helen Langehanenberg, mir deutschen Dressur-Teams Olympiasiegerin, Welt- und Europameisterin, Weltcupsiegerin
  • Markus Scharmann vertritt die Bundesvereinigung der Berufsreiter (BBR) und ist hauptamtlich der Leiter des Bundesstützpunkts Reiten in Warendorf
  • Dr. Dennis Peiler, Geschäftsführer des Deutschen Olympiade-Komitees für Reiterei (DOKR) als Sportler hocherfolgreicher Voltigierer
  • Thies Kaspareit, Ausbildungsleiter der FN, Mannschaftsolympiasieger Vielseitigkeit 1988
  • Nicht namentlich genannt werden Vertreterinnen der Abteilung Veterinärmedizin und Tierschutz

Worum geht es, wenn sich die FN-Kommission trifft?

Laut FN soll mit dem Personenkreis, der ein breites Spektrum umfasst, daran gearbeitet werden, wie man Touchieren als Trainingsmethode in der Öffentlichkeit vermitteln kann. Und „wo die Grenze zwischen dem erlaubten Touchieren und dem verbotenen Barren verläuft“. Deutlich wurde laut der FN im. Zuge des RTL-Beitrags jedoch in jedem Fall, „dass auch zulässige Ausbildungsmethoden falsch angewendet werden können, zum Beispiel, wenn sie bei zu jungen Pferden zum Einsatz kommen oder nicht fachkundig durchgeführt werden.” Neue wissenschaftliche Erkenntnisse und der Wandel der Gesellschaft, der Sport mit Tieren häufiger hinterfragt, sind ebenfalls Teil der Beratungen.

Es ist also offensichtlich erneut an der Zeit, das Touchieren und auch andere Ausbildungsmethoden auf Basis aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse und mit Blick auf gesellschaftliche Akzeptanz zu begutachten sowie die Richtlinien und Regelwerke der FN, falls nötig, anzupassen.

Mit Runden Tischen, Stichwort Rollkur/Kriterienkatalog für den Vorbereitungsplatz, hätte die FN in der Vergangenheit gute Erfahrungen gemacht, heißt es weiter.

Getagt wurde, pandemiebedingt, vor allem per Videokonferenz. Die Fachleute haben sich „aber auch zu einer Praxisdemonstration getroffen“. Thema: Touchieren. Das ist aber nicht das alleinige Thema, auch der Einsatz von Hilfsmitteln und Ausrüstungsgegenständen wurde besprochen.

Hat die FN-Kommission schon etwas zu Papier gebracht?

Ja, Zunächst einmal hat das Gremium Fragen formuliert, um darauf basierend Kriterien erarbeiten zu können. Hier die Fragen:

  • Was ist das gewünschtes Lernziel/der gewünschte Lerneffekt dieser Ausbildungsmethode?
  • Wie ist das Verhalten des Pferdes während der Anwendung?
  • Welche Voraussetzungen und welche persönliche Reife müssen Reiter*in, Ausbilder*in und das Pferd bei der Durchführung der Methode erfüllen?
  • Welche technisch-materiellen Voraussetzungen sind für die Durchführung notwendig?
  • Wie sieht es mit der gesellschaftlichen Akzeptanz einer Methode aus?

Worauf zielt die Arbeit der FN-Kommission?

Der Blick auf „strittige Ausbildungsmethoden bzw. Hilfsmittel“ soll überprüft werden. Sollte die FN-Kommission es für nötig erachten, sollen Vorschläge für Regelwerksänderungen formuliert werden.

Die FN-Kommission arbeitet zwar sicherlich auch unter dem Eindruck des RTL-Beitrags über Ludger Beerbaum. Es ist aber nicht ihre Aufgabe, das dort Gesehene juristisch einzuordnen. Sie kann vielmehr Empfehlungen zu Papier bringen und diese den entscheidenden Gremien, FN-Präsidium und Beirat Sport, vorlegen. Hier können Regeländerungen auf den Weg gebracht werden.

Wann wissen wir mehr?

In ca. sechs Wochen, also Anfang/Mitte März soll ein Ergebnis der Kommissionsarbeit zum Thema Touchieren, sprich was den FN-Gremien empfohlen wird, vorliegen. Der Grund für den noch recht langen Zeitraum – acht Wochen nach der RTL-Ausstrahlung, 15 Monate nach der Gründung der FN-Kommission – liegt an den 27 Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus ganz unterschiedlichen Fachgebieten. Entsprechend würde mitunter „sehr kontrovers diskutiert“. Stand der Diskussion in Sachen Touchieren, so liest sich das FAQ-Kompendium: „Es gibt viele Gesichtspunkte, die dafür oder dagegen sprechen und noch nicht ausdiskutiert sind. Deshalb gibt es auch noch keine klaren Aussagen zum Touchieren.“

Im Wortlaut kann man hier die FAQ rund um die FN-Kommission Ausbildungsmethoden nachlesen.air jordan 1 factory outlet | air jordan 1 dark mocha

Jan TönjesChefredakteur

Chefredakteur ab 2012, seit 2003 beim St.GEORG. Pferdejournalist seit 1988. Nach Germanistik/Anglistik-Studium acht Jahre tätig bei öffentlich rechtlichem Rundfunk, ARD, SFB, RBB in Berlin. Familienvater, Radiofan, TV-erfahren, Moderator, Pferdezüchter, Podcasthost, Preise: Silbernes Pferd, Alltech Media Award. Präsident Internationale Vereinigung der Pferdesportjournalisten (IAEJ).

  1. Paul Jensen

    Ein Sport, der nicht von der breiten Mehrheit der Gesellschaft „getragen“ wird, hat mittelfristig keine Exixtenzchancen mehr. Wenn wir mal aus unserer heimeligen Reiterwelt heraustreten, wird uns auffallen, dass wir in puncto Sendezeiten, Sponsoren bis hin zum Sportlernachwuchs mit Mountainbiken, Golf und Kitesurfen konkurrieren. Der Öffentlichkeit ist es völlig egal, ob wir touchieren, sensibilisieren oder barren. In ihrer Wahrnehmung hauen wir dem Pferd Knüppel an die Beine. Und was machen wir? Wir diskutieren seit über 30 Jahren(!) – und jetzt sogar in einem hochrangigen Expertengremium – wie wir den Menschen da draußen klarmachen können, dass es vielleicht doch Sinn machen könnte, das Pferd auf diese Weise zu höherem Springen zu motivieren. Schließlich ist es ja nur erlaubt, wenn das Schlagholz auf`s Kilogramm genau abgewogen ist und ausschließlich „qualifizierte“ Hände dem Sportpartner Pferd so über die Sprünge helfen… Im Ernst jetzt? DAS wollen wir der Öffentlichkeit vermitteln? Bei dieser Strategie knallen bei PETA und Co die Sektkorken und sie liefert allen Pferdesportkritikern – Achtung Wortwitz – schlagende Argumente, um das Springreiten gänzlich zu verbieten! Einzige Lösung ist eine extrem klare Ansage: Stangen, Stöcke, Knüppel haben an Pferdebeinen nichts verloren. Punkt! Und ins Stammbuch der Verantwortlichen sei geschrieben: Gute Kommunikation kann nicht immer alles besser machen. Aber schlechte Kommunikation macht immer alles nur noch schlechter.

    • Heidi

      Dem Inhalt dieses Briefes von Herrn Jensen ist nichts mehr hinzuzufügen, er hat es genau beschrieben, die jetzige Misere. Change or be changed, jedenfalls für einen Teil der Welt ist es nicht akzeptable, Pferdebeine mit Stöcken zu „touchieren oder zu barren“. Im öffentlichen Fernsehen ist der Pferdesport eh schon eine Randnotiz. Wenn sich nichts ändert, wird diese Art des Pferdesports nur noch in Ländern stattfinden, die nichts mit Tierschutz am Hut haben, sprich die üblichen Verdächtigen, die sich schon in anderen Sportarten durch keinen Tierschutz hervorheben, z.B. im Endurance….

  2. Ferdinand Leve

    Ich habe Herrn Beerbaum immer sehr geschätzt. Der Springsport hat Ihm viel zu verdanken. Allerdings sind die jetzt bekanntgewordenen Details aus dem Training ein No- Go. Im Sinne eines zukünftigen pferdegerechten Trainings aller Springpferde , hoffe ich , das Herr Beerbaum aus den Vorkommnissen seine eigenen Schlüsse zieht , zeitgemäße und tiergerechtere Trainingsmetoden mitentwickelt, und sich an die Spitze einer neuen Bewegung setzt. Das würde seinem großen Namen gerecht, und es würde jegliche Diskussion beenden! Ich glaube daran.


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