Cassandra Orschel siegt im 91. Deutschen Spring-Derby 2022

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Cassandra Orschel

Cassandra Orschel und Dacara E, Siegerin 91. Deutsches Spring-Derby 2022 (© von Korff)

Cassandra Orschel siegt im 91. Deutschen Spring-Derby als fünfte Frau in der 100-jährigen Geschichte des Derbys. Vor 47 Jahren hatte letztmals eine Frau in Klein Flottbek gewonnen, die Britin Caroline Bradley. Frederic Tilmann wurde Zweiter vor André Thieme und Sandra Auffarth.

Das 91. Deutsche Spring-Derby hat eine tolle Siegerin: Cassandra Orschel. In einem Stechen der vier Vierfehlerritte aus dem Umlauf setzte sie sich vor Frederic Tilmann, André Thieme und Sandra Auffarth, frenetisch gefeiert von 20.000 Zuschauern. Im Sattel von Dacara E musste sie als erste Reiterin ins Stechen und blieb als einzige fehlerfrei. Es war ihr erster Start im Derby überhaupt.

Die Stute Dacara E v. Cancara war einst Landeschampionesse von Schleswig-Holstein. Die Holsteiner Fuchsstute war im Parcours lediglich ein bisschen groß zur Planke hinter dem Wall gekommen. Es war der einzige Abwurf. Tränen der Freude liefen Cassandra Orschel nach einem Riesenapplaus der mehr als 20.000 Zuschauer im Derbypark über die Wangen. „Reit‘ Rhythmus“, hatte ihr Achaz von Buchwald mit auf den Weg gegeben. Den Tipp des zweifachen Derbysiegers beherzte die 29-Jährige. Ihr Ritt – eine stilistische Augenweide. Nicht nur im Parcours, sondern auch im Stechen, das sie als erste reiten musste. Und das sie fehlerfrei beendete. Das gelang sonst niemandem im 91. Deutschen Spring-Derby.

Cassandra Orschel ritt als Ponyreiterin zweimal für Deutschland bei Ponyeuropameisterschaften. Im Seniorenlager entschied sie sich, international für die polnische Heimat ihrer Mutter Jolanta zu reiten. Dacara E stammt von der Holsteiner Auktion, war ein Problempferd, erinnert sich Cassandra Orschel. Damals war sie fünfjährig. Für das Derby hatte sie eigentlich ein anderes Pferd geplant. Aber Derby-Hindernisse? Die wollte nur Dacara E absolvieren. Und wie! „Beim Üben in Wedel hat Dacara E das mit dem Finger in der Nase gemacht, da habe ich gedacht, ich als Hamburgerin muss das reiten, wenn ich schon mal ein solches Pferd habe, das mich so darüberträgt.“

Starkes Quartett im Stechen des 91. Deutschen Spring-Derbys

Drei weitere Reiter-Pferd-Paare hatten es ins Stechen geschafft. Frederic Tilmann ritt das jüngste Pferd im Entscheidungsstechen, den achtjährigen Brandenburger Comanche VL v. Cellestial. Lange sahen die beiden im Parcours wie der erste Nullfehlerritt aus. Aber die zweite Eisenbahnschranke wurde ihnen zum Verhängnis. Den Wall meisterten sie super im Fluss, es folgte ein Riesensatz über den Trakehner. Im Stechen war es wieder die zweite Eisenbahnschranke, mit der Comanche VL auf Kriegsfuß stand. Der Braune verfügt über einen gewaltigen Grundgalopp und war ursprünglich gar nicht fürs Derby geplant. Eine „Notlösung“, sagte der Reiter nach seinem Ritt im 91. Deutschen Spring-Derby.

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Frederic Tillmann und Comanche VL, Zweite91. Deutsches Spring-Derby 2022 (© von Korff)

Als einziger Vierfehlerritt im Stechen wurde Tillmann, dessen Bruder mit blauem Auge über den Traditionskurs ritt (siehe unten), Zweiter. 24.000 Euro gibt es dafür. Übrigens auch in den kommenden drei Jahren. So lange hat Kaffeeröster Albert Darboven „per Handschlag“ sein Sponsorenengagement verlängert.

André Thieme: Wieder der Buschoxer

Europameister André Thieme hatte alles auf eine Karte gesetzt. Die zweite Qualifikation hatte der Mecklenburger seinem routinierten Contadur erspart. „Seit Mittwoch kein Springen, das ist fast so, wie ein neues Turnier“, hatte der dreifache Derbysieger vorm Parcours gesagt. Schon im St.GEORG-Podcast hatte er seinen Angstsprung benannt: den Buschoxer (und auch erklärt, warum ihm dieser Sprung solche Sorgen bereitet, hier zu hören).

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André Thieme und Contadur, Dritter 91. Deutsches Spring-Derby 2022 (© von Korff)

Der OS-Hengst begann flüssig im regulären Parcours. An den irischen Wälle stutzte der Braune kurz. Dann aber: Bilderbuch – Wall souverän, die Planke dahinter, der folgende Trakehner – alles gut. Dann die Klippe von Thieme. Und – Geschichte wiederholt sich! Wieder fußte Contadur im Buschoxer auf. Doch Thieme hatte den Conteros-Sohn schnell wieder bei sich. Alle anderen Stangen blieben im Parcours liegen. Im Stechen klappte es dann am Buschoxer. Dafür aber nicht an der zweiten Eisenbahnschranke und auch nicht an der Bogenmauer, dem letzten Hindernis. Mit 50,08 Sekunden war Thieme der deutlich schnellste der Stechritte. „Er hat gekämpft für mich wie ein Löwe, wir mussten beide durchs Feuer springen“. Der Boden habe dem Paar, als letzte im Normalparcours unterwegs, bei aller Qualität doch Kraft gekostet.

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Stilpreis zum Trost für Sandra Auffahrth

Wenn Marcus Ehning Global Champions Tour-Springen wie A-Springen aussehen lässt, dann ist Sandra Auffarth diejenige, die den „schwersten Parcours der Welt“ optisch zum Stilspringen degradiert. Unfassbar wie rhythmisch und selbstverständlich ihre Hannoveraner Stute La Vista v. Lordanos über alle Hürden des Kurses kam. Nur die Planke hinter dem Wall blieb diesmal nicht in den Auflagen. Ansonsten super easy, alles im Fluss – niemand hat den Stilpreis so verdient wie Sandra Auffarth! Und er mag sie darüber hinwegtrösten, dass im Stechen erst das Gatter und dann auch noch die erste Eisenbahnschranke fielen, acht Strafpunkte – Platz vier.

Fünfter wurde Max-Hilmar Borchert, der schnellste der vier Acht-Fehler-Ritte, mit einem zweiten Abwurf am Einsprung der Holsteiner Wegesprünge. Aber der Freude von Borchert konnte das kein Abbruch tun. Er klopfte seinen Cent Blue v. Cento, ritt mit durchhängenden Zügeln aus dem Stadion, zeigte immer wieder auf seinen Schimmel, der die tolle Leistung vollbracht hatte. Das Publikum war begeistert. Ansager Kai Warneke unterstütze die Zuschauer, die sich nicht lange bitten ließen und jeden Ritt feierten.

Noch ein „Buschi“ im Derby

Nach den 1250 Metern war Kai Rüder gerade einmal 25 hundertstel Sekunden langsamer als Borchert. Cross Keys, sein 17-jähriger Casall-Sohn ist ein echter Derbyveteran, immer gut unter die Top Ten zu kommen. Diesmal also Platz sechs für den Vielseitigkeitscrack von der Insel Fehmarn. Bei den beiden waren es die Planke und der Aussprung der Holsteiner Wegesprünge, die einen Nuller vereitelten.

Dahinter reihte sich Stefan Jensen mit dem 16-jährigen Cyrus L v. Cartani als dritter Reiter mit nur zwei Abwürfen ein.

Achter wurden die Sieger der zweiten Qualifikation, Benjamin Wulschner und Bangkok Girl. Auch hier unterliefen „klassische“ Fehler – Planke Buschoxer, Eisenbahnschranke Nummer zwei. Zwölf Punkte für einen, dem manch einer den Sieg 2022 im 91. Deutschen Spring-Derby zugetraut hätte. Die Fuchsstute verlor unterwegs ein Eisen.

Favoritensterben im 91. Deutschen Spring-Derby

Einer der Titelfavoriten für viele vor Ort war der Ire Dermott Lennon. Der Mann von der grünen Insel kam schon zu Beginn des Parcours in leichte Sattelnot auf dem zweiten irischen Wall. Zu schwungvoll kam das Paar dann den Wall herunter, der Schimmel stellte sich schräg zum Hang. Er rutschte den Wall hinunter und verlor dann am Fuße der berüchtigten Derbyklippe die Füße. Der Weltmeister von 1992 verließ den Sattel unsanft. Pferd und Reiter verließen in würdevollem Schritt das Stadion in Klein Flottbek.

Ärgerlicher Stop an der Eisenbahnschranke

Shane Breen, ebenfalls Ire und favorisiert, sah lange souverän aus. Der Holsteiner Can Ya Makan v. Canturo, übrigens auf dem Hengstmarkt einst entdeckt, kam ideal vom Wall, mit blitzschnellem Bein über den Trakehner. Alles easy. Doch dann: Verweigerung an der zweiten Eisenbahnschranke, beim erneuten Anreiten dann ein Abwurf an der ersten, der rot-weißen Eisenbahnschranke, im Anschluss fiel auch noch ein Gatter aus den Auflagen.

Gilbert Tilmann mit einem blauen Auge davon gekommen

Er war unter den Top Acht in den letzten fünf Derbys: Gilbert Tilmann, Bruder des Zweitplatzierten Frederic, legendärer Derbysieger mit „Schulpferd“ Hello Max. Diesmal lief es für den Rheinländer nicht ganz so gut. Denn sein Gesicht zeugte von einem Unfall, keiner mit Pferd. Sein Hotel lag in der Nähe des Derbyplatzes, in Fahrrad-Distanz. Bei regennasser Straße war er auf dem Heimweg gestürzt. Mit Tapes und blauem Auge sowie genähter Schläfe ritt er Hadjib über den Kurs. Frühzeitig erwischte es ihn schon an Sprung zwei, dazu kam noch die Planke hinterm Wall. Dann sah es lange gut aus, aber an der Mauer handelte sich das Paar dann einen dritten Abwurf ein, Platz zehn.

Was sonst noch so passierte im 91. Deutschen Spring-Derby

Der Navi versagte bei Josch Löhden. Nach einer Verweigerung Planke, die beim zweiten Anreiten fiel, galoppierte er beherzt weiter und alles sah gut aus. Doch dann sprang er über Hindernis 17, die Bogenmauer (traditionell der letzte Sprung des Derbys), statt 9, das Gatter zwischen den beiden Mauern. Im nächsten Jahr mit Update des Navi klappt es sicherlich besser.

Oldies und Youngsters: 67 und 20 Jahre

Karl Heinz Markus ist 67 und ritt sein erstes Derby. Beinahe hätte er die irischen Wälle vergessen. Aber das Publikum half lautstark. Planke, Trakehner, die Stangen an Ein- und Aussprung von Pulvermanns Grab sowie an den Holsteiner Wegesprüngen fielen. Das waren zwar 20 Fehlerpunkte am Ende mit Chuck v. Clarimo. Aber man erlebte einen überglücklichen Reiter, der vom Hamburger Publikum gefeiert wurde und dies sichtbar genoss. Mit 67 Jahren mehr als 1,2 Kilometer über diesen Kurs – Chapeau.

Mit 20 Jahren war Elisa Marlene von Hacht neben Marvin Jüngel (Rang 15) mit 20 Jahren die jüngste Reiterin. Am Buschoxer wurde es für den Levistano-Sohn Lancoon etwas groß, ein Schrei über den Eisenbahnschranken motivierte den DSP-Wallach, vier Abwürfe an Pulvermanns Grab, dem Einsprung der Holsteiner Wegesprünge und dem letzten Hindernis summierten sich auf 20 Strafpunkte. Rang 14, zwei „raus“. Platz zwölf ging an Christian Hess und Chili Palmer. Den Applaus des Hamburger Publikums, gut 90.000 zählten die Veranstalter trotz Wind und Regen, wird die 20-Jährige bestimmt nicht vergessen.

Acht Paare beendeten den Parcours des 91. Deutschen Spring-Derbys nicht.

Die Ergebnisse finden Sie hier.do nike outlets sell jordan 1 | cheap air jordan 1 australia

Jan TönjesChefredakteur

Chefredakteur ab 2012, seit 2003 beim St.GEORG. Pferdejournalist seit 1988. Nach Germanistik/Anglistik-Studium acht Jahre tätig bei öffentlich rechtlichem Rundfunk, ARD, SFB, RBB in Berlin. Familienvater, Radiofan, TV-erfahren, Moderator, Pferdezüchter, Podcasthost, Preise: Silbernes Pferd, Alltech Media Award. Präsident Internationale Vereinigung der Pferdesportjournalisten (IAEJ).