WM Ermelo: Danciero und Anna Kasprzak holen Titel bei den siebenjährigen Dressurpferden

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Pferdesport Dressur

Die Silbermedaillengewinner der Siebenjährigen bei der WM Junge Dressurpferde 2023: Global Player und Leonie Richter. (© www.toffi-images.de)

„Das Wort, das ich mir in Großbuchstaben aufgeschrieben habe, war HARMONIE“, kommentierte Richterin Maria Colliander den Auftritt von Anna Kasprzak und Danciero im Finale der Siebenjährigen bei der WM Junge Dressurpferde in Ermelo. Und da hatte sie vollkommen recht.

Vor einem guten Jahr, im Mai 2022, hatte Anna Kasprzak Danciero übernommen. Der Hannoveraner Hengst v. Dancier-Floriscount aus der Zucht der ZG Broers und Weber war zu diesem Zeitpunkt schon hoch dekoriert: Siegerhengst 2018 in Westfalen, drei- und vierjährig Vierter beim Bundeschampionat, fünfjährig Zweiter und zudem auch Silbermedaillengewinner bei den Weltmeisterschaften der jungen Dressurpferde. Bei allen Erfolgen unter dem Sattel wurde er von Eva Möller vorgestellt. Bereits bei der WM 2021 erhielt der Rappe eine 10 für die Zukunftsperspektive – und zwar nicht, weil er ein solcher „Lampenaustreter“ ist, wie zum Beispiel ein Jovian, ebenfalls Weltmeister, sondern weil er ein Pferd ist, das mitmacht und Spaß an seiner Arbeit hat.

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Womit wir bei der heutigen Prüfung wären. Die einstigen dänischen Olympiareiterin Anna Kasprzak präsentierte Danciero natürlich in den Grundgangarten und äußerst korrekt und sauber, was die technischen Anforderungen der Aufgabe angeht. Das setzt voraus, dass man ein Pferd hat, das ebenso fokussiert wie durchlässig ist. Beides traf auf Danciero zu.

Zwei kleine Fehler gab es in der Aufgabe, ein Taktfehler im ersten starken Trab und ganz am Schluss erschrak der Hengst beim Abwenden auf die Mittellinie in Richtung letzte Grußaufstellung, weil die Anzeigetafel hinter A plötzlich nicht mehr die statische Information zu Reiter und Pferd anzeigte, sondern eine bewegte Werbung. Kasprzak hatte den Hengst sofort wieder bei sich, hielt, grüßte, fiel ihm um den Hals, während Danciero selbst sich umdrehte in Richtung der Ecke, in der er sich kurz zuvor so erschreckt hatte. Offenbar wollte er nochmal schauen, was das denn eigentlich gewesen ist.

Wo noch Luft nach oben in der Vorstellung heute war, war in Sachen Seitenbild. Da wirkte der Hengst etwas zu hoch und zu eng eingestellt. Das sollte aber zu beheben sein, denn beim Zügel aus der Hand kauen lassen, streckte er sich ja vertrauensvoll zur Hand.

Die Richter hoben in ihrer Kommentierung Losgelassenheit, Natürlichkeit und Zufriedenheit des Hengstes hervor sowie das Zügel aus der Hand kauen lassen und die Pirouetten. Im Trab gaben sie die 9,6, im Schritt 9,8, im Galopp 9,0 und sowohl in der Durchlässigkeit als auch in Sachen Perspektive eine 10. Das ergab 96,80 Prozent im Bereich Qualität. Hinzu kamen 76,858 Prozent im technischen Teil. Insgesamt 86,829 Prozent, mit denen Danciero zum neuen Weltmeister der jungen Dressurpferde gekrönt wurde.

Silber an Vorjahressieger

Silber ging an den Vorjahressieger, den Oldenburger Hengst Global Player v. Grand Galaxy Win T-Don Schufro aus der Zucht von Henrik Hansen und vorgestellt von Leonie Richter. Als er sechsjährig Weltmeister wurde, saß noch Eva Möller im Sattel. Als die vor kurzem bekannt gab, keine Turniere mehr reiten zu wollen, übernahm Leonie Richter, die für das Team Helgstrand Deutschland ja ebenfalls schon mehrere große Erfolge erzielen konnte (Bundeschampionesse mit Vitalos und Vogue, WM-Silber mit Vitalos usw.) die Turniervorstellung des Schwarzen.

Die beiden begannen stark, aber mit etwas fester Anlehnung, was die Richter hinterher auch anmerkten. Insgesamt fehlte heute etwas die selbstverständliche Lockerheit. Hinzu kamen zwei technische Fehler – möglicherweise die Konsequenz daraus – ein Wechselfehler, den die Richter allerdings als Reiterfehler bei der Bewertung der Durchlässigkeit außen vor ließen und ein Patzer in der Linkspirouette, als Global Player, in der Priouette hinten einen Einerwechsel zelebrierte. Das war in sich eine große Leistung, gehörte aber leider nicht zum Programm.

Für den Trab („SEHR aktiv, elastisch und fließend in den Seitengängen, aber mit einer etwas unelastischen Anlehnung“) gaben sie eine 9,7. Im Schritt, wo „ein kleines bisschen Verlust an Elastizität in der Versammlung“ angekreidet wurde  gab es eine 9,6. Im Galopp lobten die Richter den großzügig angelegten fleißigen Sprung, merkten aber auch hier an, dass der Hengst heute nicht immer locker über den Rücken arbeitete, was man dann bei dem Fehler in der Pirouette gesehen habe, 8,7. Positiv in Sachen Durchlässigkeit hob die Jury die fließenden Seitengänge des Hengstes hervor. Aber wegen der genannten Dinge wurde es am Ende eine 8,3. Für die Perspektive gaben sie eine 9,4. Das machte in Sachen Qualität 91,40 Prozent und für die technische Ausführung der Aufgabe wurden es 74,858 Prozent.

Zweites WM-Bronze für Lightning Star

Bereits fünfjährig hatte die Niederländerin Kirsten Brouwer die KWPN-Stute Lightning Star v. Ferguson-De Niro aus der Zucht von Titan Wilaras zur Bronzemedaille bei den Weltmeisterschaften in Verden geritten. Heute wurde es wieder Bronze. Vielleicht wäre sogar noch mehr drin gewesen für die „echte Lady“, wie die Richter sie beschrieben, wäre in den schwunghaften Gangarten etwas mehr Gelassenheit und Erhabenheit gewesen, um die Qualitäten der Stute voll zur Geltung kommen zu lassen.

Im Trab merkten die Richter die etwas eiligen Verstärkungen an, 9,1. Der Schritt, klar im Takt mit gutem Vor- und Übertritt, erhielt eine 9,0. Der Galopp, auch hier fiel das Wort „eilig“, wurde mit 8,6 bewertet. In der Kommentierung der Durchlässigkeitsnote hoben die Richter die leichte, gleichmäßige Anlehnung hervor, merkten aber auch das Problem in der zweiten Pirouette an, wo die Stute erst fast ausfiel und dann eher stemmte und drehte, als fleißig im Takt zu springen. Trotzdem gab es hier noch eine 9,2, ebenso wie in der Perspektive. Endergebnis 90,20 Prozent für die Qualität, 73,358 Prozent für die technische Ausführung der Anforderungen der Aufgabe, in Summe 81,779 Prozent.

Zwei weitere deutsche Pferde in den Top fünf

Den Dimaggio-Sohn Diaton (Mutter v. Benetton Dream, Z.: Silke Groeneveld) muss man einfach mögen! Ein so schönes Pferd, das noch dazu alles mitbringt, was man sich für ein Dressurpferd wünscht. Die Glückliche, die den Hannoveraner derzeit reitet, ist Kasselmann Stallreiterin Nicole Wego-Engelmeyer. Auf Dauer wird sie ihn aber wohl an seine Besitzerin abgeben müssen, Maria Teresa Pohl, die gerade Kür-Bronze bei den Pony-Europameisterschaften gewonnen hat und für die Junioren-Tour bereits den WM-Bronzemedaillengewinner des Vorjahres im Stall hat, den KWPN-Hengst Lennox U.S.. Heute aber stellte Nicole Wego-Engelmeyer Diaton noch einmal vor. In der Qualifikation waren die beiden Dritte gewesen. Heute wirkte der Fuchs zeitweise etwas unzufrieden im Maul, was sich auch in der Durchlässigkeitsnote niederschlug, 7,8. Für alle Grundgangarten gab es eine 9,3, für die Perspektive eine 9,4. Das machte 90,2 Prozent in Summe für die Qualität. Zusammen mit 73 Prozent im technischen Teil wurden es 81,60 Prozent.

Komplettiert wurden die Top fünf durch Isabell Werth auf einem weiteren Hannoveraner Hengst: Valdiviano v. Veneno-Fidertanz aus der Zucht von Roger Ballmann. Wieviel Werth von dem Braunen hält, kann man schon daran ablesen, dass er der Vater von Bella Roses erstem Fohlen ist. Heute in Ermelo kam er im Trab mit 8,7, im Schritt mit 6,4, im Galopp mit 9,0, in der Durchlässigkeit mit 8,1 und in der Perspektive 8,5. Das machte in Sachen Qualität 81,4 Prozent. Hinzu kamen 73,50 Prozent für die technische Ausführung, 77,450 Prozent in Summe.

Alle Ergebnisse der WM der Siebenjährigen finden Sie hier.

Dominique WehrmannRedakteurin

Studierte Politologin, seit 2006 bei St.GEORG. Als Jugendliche Dressurtraining bei Hans-Georg Gerlach, Michael Settertobulte und Reitmeister Hubertus Schmidt und das auf einem selbstgezüchteten Pferd. Verantwortet die Bereiche Spitzensport und Pferdezucht. Im Presseteam des CHIO Aachen und der Pferdemesse Equitana, hat für den NDR im Fernsehen kommentiert.