Herdenintegration bei Pferden: Willkommen, Fremder!

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Bunte Herde

Hauspferderassen in einer Herde: Die Berberpferde zählen zu den Stammvätern vieler Rassen. (© www.slawik.com)

Pferde sind Herdentiere. Das ist jedem bekannt. Doch viele Vierbeiner dürfen dieses Naturbedürfnis nicht oder nur alleine ausleben. Zu groß ist die Angst der Halter vor Verletzungen bei der Eingliederung in eine Herde. Dabei kann eine solche Integration stressfrei und gefahrlos ablaufen.

Ein nervöses Wiehern ertönt aus dem Pferdeanhänger. Dann geht die Klappe auf. Mit hektischen Schritten trippelt der Neuankömmling von der Laderampe und schaut sich erstaunt um. Die ungewohnten Geräusche machen die bestehende Herde aufmerksam. Neugierig trottet sie an den Zaun. Die Aufregung ist förmlich zu spüren. Soll das Pferd in eine Herde integriert werden, tauchen bei den Haltern schnell bange Fragen auf: „Versteht sich mein Pferd mit der Herde oder gibt es Ärger? Wird es vielleicht sogar verletzt?“ Einmal tief ein- und wieder ausatmen! Die Herdenintegration bei Pferden ist gar nicht so kompliziert, wie Sie vielleicht denken.

Herdenhaltung entspricht der Natur

Ein Stallwechsel bedeutet für ein Pferd immer etwas Stress. Die gesamte Umgebung und die Artgenossen sind ihm fremd. Wichtig ist jetzt, dem Pferd genügend Zeit zum Eingewöhnen zu geben und dem Reitstallbetreiber so viel wie möglich über den Charakter, das Verhalten und die vorherige Haltungsform zu erzählen. Nur so kann dieser, falls mehrere Herden bestehen, die richtige aussuchen. In der Regel werden drei verschiedene Formen angeboten: gemischte Gruppe, reine Wallach- oder Stutenherde. Gemischte Gruppen sind dabei am häufigsten. Das ist nicht verwunderlich, denn sie sind der Natur des Pferdes am nächsten. Aber nicht für jeden Vierbeiner ist diese Konstellation ideal.

Haben Sie ein junges Pferd oder einen hengstigen Wallach, sollte die Wahl auf eine reine Wallachgruppe fallen, die den Junggesellen-Verbänden in der Wildnis nachempfunden ist. In eine gemischte Gruppe könnten sie viel Unruhe bringen, zum Beispiel durch ein dominantes Verteidigen der Stuten. Bei der dritten Form, der Stutengruppe, geht es im Allgemeinen etwas ruhiger zu. Sie ist ideal für ruhige weibliche Tiere. Allerdings ist diese Herdenform nicht natürlich. Häufig haben Reitstallbetreiber daher einen Wallach als Aufpasser und Chef dabei.

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Welche Herde ist die richtige?

Neben der passenden Herdenform spielt auch die Größe bei der Integration eine Rolle. Pferde lassen sich leichter in große als in kleine Herden integrieren. Also keine Angst vor Herden mit 30 Vierbeinern oder mehr. Die Chance, schnell einen Kumpel zu finden, ist hier sehr groß. In einer kleineren Herde ist sie dagegen geringer. Zudem gerät die Rangfolge ins Wanken. Diese wird dann oft durch starke Rangordnungskämpfe wiederhergestellt.

Das hat oberste Priorität, denn nur eine in sich geschlossene und harmonische Herde kann den Gefahren in der Wildnis trotzen – so gibt es der Instinkt noch heute vor. Ist dies geschehen, kehrt schnell wieder Ruhe ein. Verfügt der neue Stall über normale oder Paddockboxen, so dass der Neue nur tagsüber auf einem Gemeinschaftsauslauf mit anderen Pferden zusammensteht, sollte er zuerst seine neuen Boxennachbarn kennenlernen. Es empfiehlt sich, in den ersten Stunden in der Nähe zu bleiben, damit man bei Problemen eingreifen kann. Benachbarte Tiere könnten dem Neuankömmling drohen oder ihn angreifen. Nach einer gewissen Zeit sollte sich dieses Verhalten aber normalisieren. Tagsüber ist es empfehlenswert, den neuen Vierbeiner auf einen angrenzenden Auslauf zu stellen. So kann er sich zwar über den Zaun hinweg mit den neuen Herdenmitgliedern beschnuppern, aber nicht weggejagt, gebissen oder bedrängt werden. Diese Abtrennung sollte so lange bestehen bleiben, bis sich die erste Aufregung gelegt hat.

Ausweichmöglichkeiten

Stand das Pferd bereits in einer Herde und ist daher gut sozialisiert, kann diese Phase schneller abgeschlossen werden. Je weniger Erfahrung es aber sammeln konnte, umso behutsamer muss die Integration erfolgen. Das kann bis zu einigen Wochen dauern. Danach werden viele Pferde direkt in die Herde gelassen. Optimal wäre es, wenn die Zusammenführung im Sommer auf einer großen Pferdeweide stattfinden würde. Das frische Grün finden die Pferde meist interessanter als den Neuen.

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Ein gewöhnungsbedürftiger Anblick für alle Pferdebesitzer. Aber solange kein Pferd ernsthaft Schaden annimmt, ein ganz normales Verhalten. (© www.slawik.com)

Dennoch sollte genügend Platz vorhanden sein, damit sich die Tiere aus dem Weg gehen können. Spitze Winkel, Engstellen und Sackgassen sind zu vermeiden. Es kann nämlich immer mal wieder vorkommen, dass der Neue in den ersten Tagen kurz gejagt und in seine Schranken gewiesen wird. Das geht aber meist ohne große Blessuren ab. Wilden Keilereien sollten aber mit lautem Rufen und Knallen einer Peitsche ein Ende gesetzt werden. Aber Vorsicht: Oftmals sind Pferdebesitzer von solchen „Attacken“ stärker beeindruckt als die Pferde selbst. Drastisch aussehende Verhaltensweisen sollten nicht überbewertet werden.

Die sanfte Methode der Eingliederung

Wem die erste Variante der Herdenintegration zu gewagt ist, sollte eine sanftere Version versuchen: Dabei wird der Neuling nach den ersten Beschnupper-Tagen mit nur einem, möglichst verträglichen, Pferd zusammengestellt. Idealerweise haben sich diese beiden bereits über den Pferdezaun hinweg bekannt gemacht. Manchmal kann es auch sinnvoll sein, den Neuen mit dem ranghöchsten Pferd zusammenzustellen. Hier ist die Erfahrung des Stallbesitzers gefragt.

Ist diese Mini-Zusammenführung gelungen, können nach und nach die anderen Pferde dazugestellt werden. Was ist bei einem neuen Platz in einem Offenstall? Dort wird das Pferd in der Regel in eine Integrationsbox gestellt, wo es Sicht- und Schnupperkontakt zur Herde hat, sich aber auch vor aufdringlichen Pferden zurückziehen kann. So ist es mittendrin im Geschehen. Schnell stellt man fest, welches Tier dem Neuzugang freundlich gesinnt ist. Mit diesem kann eine erste Begegnung stattfinden. Falls keine Spannungen bestehen, kann der Neue gleich in die Herde gelassen werden. Das klingt alles gut und schön, mögen einige jetzt vielleicht denken, aber was ist mit dem Verletzungsrisiko? Das gehört dazu. Spielerische Kämpfe sehen gefährlich aus. Das ist in etwa vergleichbar mit Kindern, die beim Toben fallen. Bei ihnen käme aber niemand auf die Idee, sie einzusperren, damit sie sich bloß nicht ein zweites Mal wehtun. Bei fitten und gesunden Pferden sollten Sie ähnlich denken.

Verletzungsrisiko eher gering

Haben Sie keine Angst vor kleinen Verletzungen. Ist das Pferd erst einmal in die Herde integriert, treten kaum noch Blessuren auf. Dann überwiegen die positiven Einflüsse: Die ständige Bewegung macht die Tiere ausgeglichener und belastbarer. Leistungseinbußen gibt es keine, auch wenn sich die Mär hartnäckig hält. Und mal ehrlich: Was gibt es Schöneres, als eine Herde zu beobachten, die im vollen Galopp über die Wiese jagt?!

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