Heu – das A und O in der Pferdefütterung

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Gutes Heu in ausreichender Menge wirkt sich in vielerlei Hinsicht positiv auf das Pferd aus. (© www.slawik.com)

Qualitativ gutes Heu ist die Basis der Pferdefütterung, da es von zentraler Bedeutung für Verdauung und Wohlbefinden ist. Der Erntezeitpunkt entscheidet über Inhaltsstoffe, bei Fütterung und Lagerung sind wichtige Punkte zu beachten und wie steht es um Heupreise und Alternativen?

Doch was ist Heu überhaupt? Heu ist weit mehr als nur getrocknetes Gras. Das Heu gehört zum Raufutter und stellt die Futtergrundlage des Pferdes. Es ist rohfaserreich, hat eine grobe Struktur und fördert die Speichelbildung und somit eine gesunde Verdauung.

„Ein Pferd kann sich problemlos nur von Heu ernähren“, erklärt Tierärztin und Mikrobiologin Dr. Dorothe Meyer „abhängig von Heuqualität und geforderter Leistung.“ Und auch Prof. Dr. Winter von der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen ist dieser Ansicht, gibt aber zu bedenken, je nach Bedarf Mineralfutter zuzufüttern.

Im Heu stecken wichtige Nährstoffe

Heu enthält sehr viele wichtige Nährstoffe! Neben Energie, Eiweiß und Zucker auch die für die Verdauung unersetzliche Rohfaser. Ebenfalls enthalten sind Fette, Mineralstoffe, Spurenelemente und Vitamine.

Rohfaser, Rohprotein und Rohfett im Heu

Beschäftigt man sich mit dem Thema Heu, kommt man an den drei chemischen Begriffen Rohfaser, Rohfett und Rohprotein nicht vorbei. Darunter fasst man die Inhaltsstoffe zusammen, die das Pferd aus dem Futter aufnimmt und in seinem Stoffwechsel verarbeitet.

  • Rohfaser sind schwer lösliche Kohlenhydrate, die im Dickdarm von Mikroben zersetzt werden. Es handelt sich um pflanzliche Bestandteile wie beispielsweise Cellulose.
  • Rohproteine befinden sich sowohl im Inneren der Pflanzenzellen als auch in der Gerüstsubstanz. Die Proteine, die sich innerhalb der Zelle befinden, werden von Enzymen im Dünndarm verarbeitet, wohingegen die schwerer verdaulichen Proteine aus der Zellwand erst im Dickdarm verdaut werden.
  • Rohfett wird ebenfalls im Dünndarm enzymatisch aufgespalten und in ungesättigte Fettsäuren umgewandelt.

Heu ist für das Pferd gut verdaulich

Die Verdauung des Pferdes ist von Natur aus eigentlich nicht dafür gemacht, Futter mit einem hohen Stärkegehalt, wie beispielsweise bei Hafer, Gerste oder Mais in großen Mengen zu verdauen. Nicht nur deshalb wird auch immer die Empfehlung der Aufteilung des Kraftfutters auf mindestens drei Mahlzeiten am Tag gegeben.

Pferde haben nur einen geringen Anteil an Enzymen, die Stärke aus dem Futter aufspalten können – sie sind Raufutterfresser. In der freien Wildbahn steht ihnen nur eine nährstoffarme Ernährung zur Verfügung, dafür ist diese aber besonders stängel- und rohfaserreich.

Dem ursprünglichen Futterangebot aus freier Wildbahn kommt das Heu somit am nächsten. Außerdem beschäftigt sich das Pferd über mehrere Stunden mit der Futteraufnahme, was sich positiv auf Verhalten und Futterverwertung auswirkt.

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Links: früh geschnittenes Heu enthält wenig Rohfaser, dafür viel Eiweiß, Aminosäuren und Energie. Rechts: spät geschnittenes Heu mit weniger Energie und Eiweiß, dafür mehr Rohfaser. (© Lengwenat)

Heuernte: Zum richtigen Zeitpunkt Heu mähen, wenden und schwaden

Die Heuernte ist stark abhängig von der Witterung und dem Wachstum der Pflanzen. Für den richtigen Zeitpunkt muss das Wetter mindestens vier Tage lang trocken sein. Der erste Schnitt sollte im Frühsommer am Anfang bis zur Mitte der Blüte erfolgen.

„Den zweiten Schnitt sollte man etwa sieben Wochen nach dem ersten planen“, weiß Dr. Dorothe Meyer. Der Schnittzeitpunkt entscheidet über die Inhaltsstoffe des Heus. Prinzipiell kann man sagen: Je später geschnitten, desto mehr Rohfaser, weniger Eiweiß und Aminosäuren und weniger Energie steckt im Heu.

Heu machen – aber richtig!

Optimales Heu kann nur der ernten, der richtig mäht! Wichtig ist, dass das Mähwerk nicht zu tief eingestellt ist. Die Schnitthöhe sollte bei sieben bis zehn Zentimetern liegen, da sonst Erde und mit ihr Keime aus dem Boden in das Heu gelangen.

Entscheidend ist, dass das Heu so trocken wie möglich ist, wenn es gepresst wird. Der Wassergehalt muss sich während des Trocknens auf unter 15 Prozent verringern. Hierfür wird das geschnittene Gras drei- bis fünfmal bei geringer Fahrgeschwindigkeit gewendet.

Danach wird das Heu geschwadet, das heißt, es wird in langen Reihen zusammengerecht. So wird das getrocknete Heu nicht weiter der Bodenfeuchte ausgesetzt. Anschließend wird es in Heuballen gepresst. Dabei gibt es beispielsweise je nach Einsatzgebiet die Möglichkeit in Quaderballen, kleine Heuballen oder große Rundballen zu pressen.

Vorsicht: Besonders gefährlich ist das Bakterium Bacillus Clostridium botulinum, das im Boden vorkommt und dessen Toxine für die Krankheit Botulismus verantwortlich sind. Da der Feuchtigkeitsgehalt bei der Silage höher ist als beim Heu, kann sich das Bakterium gut darin vermehren. Auch durch Tierkadaver in Heu- und Heulage- und Silageballen kann die Krankheit übertragen werden.

Heuballen: Das Heu im Rundballen

Für Heu empfiehlt Agrarwissenschaftler Dr. Hans-Peter Karp das Pressen zu Rundballen, da hier nicht so dicht gepresst wird und somit das Heu auch im Ballen noch trocknen kann. Generell sollte Heu so trocken wie möglich eingefahren werden.

Selbst bei wirklich trockenem Heu laufen während der Lagerung, die sechs bis acht Wochen dauern sollte, fermentative Prozesse ab. Wird das Heu zu nass gelagert, vermehren sich die Keime im Heu rapide. Es verdirbt.

Für Silagen hingegen eignen sich Quaderballen besser. Da die Silierung unter Luftabschluss abläuft, ist eine dichtere Pressung und damit weniger Lufteinschluss besser.

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Heu als Rundballen eignet sich besonders gut für die Pferdefütterung. Auf der Weide und dem Paddock sollten die Fressstände überdacht sein. (© www.slawik.com)

Nach der Heuernte: Das Heu lagern

Damit die Ballen richtig gut durchtrocknen und sich kein Schimmel bildet, sollten sie nicht direkt auf dem Boden liegen. Häufig werden dazu die untersten Heuballen beispielsweise auf Europaletten oder kleine Strohballen gestellt. Um einen Nährstoffverlust zu verhindern, muss der Lagerraum dunkel sein.

Bei der Silage muss man schon bei der Herstellung darauf achten, dass die Ballen luftdicht verpackt sind. Dann kann man sie auch ohne Probleme im Freien lagern, sofern sie vor Nagetieren und Vögeln geschützt sind.

Vorsicht Heublumen!

Die sogenannten „Heublumen“, das sind die kleinen, bröckeligen Überreste, die von den Heuballen übrigbleiben, sind eine Brutstätte für Keime, aber auch ein Eldorado für Vorratsschädlinge! Auf Heuböden, aber auch in Heuraufen sind oft Zentimeter hohe Schichten dieser Bröckelreste zu finden.

Die Bröckelverluste tragen zudem oft Pilzsporen mit sich herum, was der Lunge zusätzlich schadet. Bakterien stehen im Verdacht, Verdauungsstörungen, Koliken und eventuell sogar Leberschäden hervorzurufen. Schimmelpilze und ihre Gifte schädigen die Atemwege, die Leber und schwächen das Immunsystem.

„Einmal im Jahr sollte ein Heulager mit dem Besen sauber gemacht werden“, rät Prof. Petra Wolf, Fachtierärztin von der Universität Rostock. So lässt sich die Keimverbreitung ein wenig eindämmen.

Qualität von Heu und Silage beurteilen

„Wenn man einen Büschel Heu in beide Hände nimmt und die Handflächen zusammendrückt, sollte man die Struktur spüren, sie darf aber nicht schmerzhaft pieksen“, beschreibt Dr. Dorothe Meyer das Gefühl von gutem Heu. Zudem sollte es ein Blatt-Stängel-Verhältnis von 50 zu 50, maximal von 40 zu 60 haben. Gutes Heu darf nicht stauben, sollte eine blaugrüne Farbe haben und aromatisch riechen.

Eine gute Silage riecht hingegen leicht säuerlich, aber immer noch angenehm. Was allerdings auf gar keinen Fall in der Silage auftreten darf – genauso wenig wie bei gutem Heu oder einer qualitativ guten Heulage – ist Schimmel!

Eine graue, weiße oder gar dunkle Farbe ist ein Zeichen dafür, dass der Ballen verdorben ist. Er muss komplett entsorgt werden! Wer hier buchstäblich faule Kompromisse macht, schadet dem Pferd.

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Sehr gutes Heu, das Mitte der Blüte geschnitten wurde und etwa 18 Prozent Rohfaser enthält. (© Lengwenat)

Die aktuellen Heupreise richten sich nach dem Angebot-Nachfrage-Prinzip

Bei Heu, Heulage und Stroh kamen im Jahr 2018 die Mechanismen von Angebot und Nachfrage besonders stark zum Tragen und sind auch im Jahr 2019 noch spürbar. Das deutschland- und europaweit insgesamt knappe Angebot an Raufutter aufgrund der schlechten Ernte, treibt die Preise in die Höhe.

Die regionalen Unterschiede innerhalb, aber auch zwischen den Bundesländern, sorgen auch dafür, dass der Handel über deutlich größere Entfernungen als sonst stattfindet. Auch aktuell gibt es Pferdebetriebe, die weite Strecken zurücklegen, um systematisch Vorräte für den Winter zu „horten“. Der Transport des sperrigen und schweren Guts verteuert das Futter noch zusätzlich.

In welche Höhen die Raufutterpreise steigen, hängt zunächst von zahlreichen Faktoren ab, zum Beispiel, ob es mehrere Schnitte in einem Jahr gibt.

Eng mit den Preisen für Pferdefutter verbunden ist die Situation in der Viehhaltung. Kann hier genügend Futter (Silage, Mais) gewonnen werden, könnte das eine leichte Entspannung bedeuten.

Knappe Raufuttervorräte bedeuten aber nicht zwangsläufig kontinuierlich steigende Preise bis zur nächsten Ernte. Auch hier „spekulieren“ manche Anbieter und halten Futtervorräte zurück, in der Hoffnung auf größere Gewinne. Nicht immer geht diese Rechnung jedoch auf, und es kann durchaus im Verlauf des Winterhalbjahres wieder zu (leicht) sinkenden Preisen kommen. Verlassen sollte man sich hierauf nicht.

Wenn das Heu knapp wird – Alternativen zum Heu

Heu ist das ideale Pferdefutter. Entspre­chend schwer ist es in der Fütterung zu ersetzen. Eine der herausragenden Eigenschaften von Heu ist, dass es auf ideale Weise das angeborene Kaubedürfnis der Pferde deckt.

„Haben Pferde nicht den Großteil des Tages etwas zu kauen, kann dies zu Verhaltensstörungen wie Koppen, Weben oder Boxenlaufen führen. Die Unzufriedenheit steigt, viele Tiere werden aggressiv und futterneidisch, was sich besonders in Gruppenhaltungen negativ auswirkt“, erklärt Prof. Dr. Ellen Kienzle, Inhaberin des Lehrstuhls für Tierernährung und Diätetik an der Ludwig-Maximilians-Universität München.

Heu wird vom Pferd sehr gründlich durchgekaut. Allein das stellt eine Gesundheitsgarantie dar, denn der dabei entstehende Speichel schützt vor Magengeschwüren, hält den Verdauungsbrei in Bewegung und macht Heu so insgesamt zum Lieblings­futter der Darmmikroben.

All das kann zum Beispiel Kraftfutter nicht! Daher ist es ausgeschlossen, Heu durch Kraftfutter ersetzen zu wollen. Die Folge wären, neben psychischen Problemen, unter anderem Koliken, Magengeschwüre und Stoffwechselstörungen.

Heu mit Stroh „strecken“

Viele Pferdehalter versuchen im Winter nach einer mageren Heuernte das knappe Gut Heu mit Stroh zu „strecken“. Dabei gilt es zu beachten, dass Stroh zwar das Kaubedürf­nis des Pferdes deckt, dabei jedoch weniger Speichel produziert wird als bei der Heufütte­rung. Der Verdauungsbrei ist entsprechend trocken und wird nur langsam durch den Magen-Darm-Trakt transportiert, weshalb es zu Anschoppun­gen kommen kann. Das Kolikrisiko steigt.

Aus diesem Grund sollte Stroh nie mehr als ein Drittel der Raufutterration ausmachen! Um Verstopfungen zu vermeiden, empfiehlt Prof. Kienzle: „Kombinieren Sie strohreiche Rationen mit abführenden Futtermitteln wie Kleie, eingeweichten Tro­ckenschnitzeln oder Viehrüben.

Wichtig: Das Futter sollte auf mehrere kleinere Mahlzeiten am Tag verteilt werden, und die Pferde müssen immer Zugang zu Wasser haben – auch auf dem Paddock!“ Stehtage seien bei strohrei­chen Rationen tabu.

Gras- und Heucobs als Alternative

Gras- oder Heucob könnten als Alternative zu Heu eingesetzt werden, auch wenn sie als alleiniger Heuersatz nicht ideal sind.

„Grascobs haben einige vergleichbare gute Eigenschaften wie Heu, so schützen sie den Verdauungstrakt und den Organismus des Pferdes vor Übersäuerung und halten im Darm die empfindliche Bakterienpopulation im Gleichgewicht. Wegen ihrer zerkleinerten Struktur können Cobs jedoch nicht das Kaubedürfnis befriedigen, und das Pferd bildet nur wenig Speichel, was wiederum das Risiko für Koliken und Magengeschwüre steigen lässt.“

Denkbar wäre, Grascobs mit Stroh zu kombinieren, dabei müssen jedoch die Hinweise für strohreiche Rationen beachtet werden. Wichtig: Grascobs müssen vor dem Füttern immer eingeweicht werden! Heulage ist, bei guter Qualität und einem für Pferde geeigneten Trockenmassegehalt von mindestens 30 Prozent, als Heuersatz sehr gut geeignet – allerdings in manchen Jahren zeitgleich durch die Ernterbedingungen ebenfalls knapp.

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Heucobs sind eine gute Alternative, reichen aber für das Kaubedürfnis alleine nicht aus. (© www.slawik.com)

Knappes Heu – Maissilage?

Der eine oder andere Pferdhalter könnte im herbst überlegen, Maissilage an seine Pferde zu verfüttern. „Allerdings ist Maissilage nur ein Notfallfutter für Pferde“, so Prof. Kienzle, da es für Pferde eigentlich zu sauer ist. Außerdem würden die Tiere schnell fett davon, was Maissilage ungeeignet für Freizeitpferde macht. Sportpferde dagegen, die aufgrund ihrer Leistung nicht fett würden, schwitzten von der Silage stark.

Wie viel Heu braucht ein Pferd?

Jedes Pferd muss ausreichend mit Heu versorgt werden, denn Heu bildet beim Pferd die wichtige Basis des Futters. Das absolute Minimum liegt bei 1,5 Prozent der eigenen Körpermasse pro Tag. Bei einem 600 Kilogramm schweren Pferd wären das neun Kilogramm am Tag. „Das ist aber die Untergrenze. Die Tendenz sollte eher Richtung zwei Prozent gehen“, so Dr. Dorothe Meyer. „Bei der richtigen Menge spielen auch die Fresspausen eine Rolle. Diese sollten nicht zu lang werden.“ Zudem ist sie überzeugt, dass Pferde, die ausreichend Heu fressen, besser mitarbeiten und gesünder sind.

Nasses Heu verdirbt schnell

Damit Heu nicht nass wird, sollten auf Paddocks und Weiden nur Raufen mit dach verwendet werden. Hat es sehr stark geregnet, müssen Pferde das Heu möglichst zügig fressen, da es schnell verdirbt.

Es sammeln sich unter anderem Pilze an, die zu Durchfall oder Koliken führen können. Eine Faustzahl, wann nasses Heu nicht mehr gefressen werden darf, gibt es leider nicht, das hängt noch von vielen anderen Faktoren wie etwa der Temperatur ab.

Pauschal lässt sich aber sagen, dass bei feuchtwarmem Wetter der Fäulnisprozess schneller voranschreitet als etwa im Winter.

Fütterung von nassem Heu bei Allergikern

Dass nasses Heu schnell verdirbt, sollte man auch bedenken, wenn man Heu für zu Husten neigenden Pferden wässert.

Hier gibt es gleich drei Grundsätze zu berücksichtigen, weiß Prof. Petra Wolf: „Zunächst darf man das Heu nicht zu lange wässern. Nur kurz eintauchen und wieder rausholen, sonst werden Nährstoffe herausgewaschen. Dann muss das Heu nach dem Wässern zügig verfüttert werden, da sich durch die Nässe im Heu und die Wärme im Stall schnell Keime ansiedeln. Und zuletzt ist es ganz wichtig, dass das Wasser, in dem man das Heu wässert, täglich gewechselt wird. Hier sammeln sich viele Mikroorganismen an!“jordan retro shoes mens release dates | cheap air jordan 1 low