Isabell Werth und Bella Rose knapp vor Dorothee Schneider und Showtime, der persönliche Bestleistung geht

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Isabell Werth und Bella Rose, CHIO Aachen 2019 (© von Korff)

Isabell Werth und Bella Rose haben sich mit Dorothee Schneider und Showtime ein spannendes Kopf-an-Kopf Rennen geliefert. Dabei war Showtime „Bella“ dicht auf den Fersen. Jessica von Bredow-Werndl und Dalera kamen auf über 79 Prozent.

Hochklassige Dressur kann Tausende verstummen lassen. Erst recht, wenn die Atmosphäre so ist, wie im Dressurstadion beim CHIO Aachen. Der Grand Prix Special sah das deutsche Team als Sieger im Nationenpreis, zum 38.Mal ertönte die deutsche Nationalhymne in der Soers für die Dressur-Equipe. Diese Prüfung in Aachen war ein Duell, das knapp zu Gunsten von Isabell Werth und Bella Rose ausging. Zwei Piaffen unter „Bella-Form“ plus ein „geklauter Wechsel“, wie Isabell Werth sagte – die Westfalenstute sprang den fliegenden Galoppwechsel nach der Linkstraversale vor der Hilfe der Reiterin – standen für die Weltmeister zu Buche. Dem gegenüber zeigten Dorothee Schneider und Showtime eine Prüfung, die alles hatte, was ein Dressurdrama ausmacht: sensationelle Momente im Dutzend und zwei Schreckmomente. Zwei teure. 19,5 Punkte trennten die beiden deutschen Ausnahmeathletinnen in der Endabrechnung.

Isabell Werth war nach ihrem WM-Sieg in Tryon gefragt worden, wie sie sich fühle, nun da sie die Britin Charlotte Dujardin mit neuem Pferd im Nacken spüre. Ihre Antwort hatte damals viele internationale Journalisten verwundert: „Wenn Doro ein gutes Pferd hat, dann weiß ich, wo ich hinzuschauen habe“. Vielleicht hat Isabell Werth schon damals den Moment kommen sehen, der jetzt in Aachen eingetreten ist: Die starke Konkurrenz aus dem eigenen Land, aus Framersheim,wo Dorothee Schneider zuhause ist. Aber der Reihe nach.

Kopf-an-Kopf-Rennen Bella und Showtime

Isabell Werth und Bella Rose begannen hochkonzentriert, man sah der Noch-49-Jährigen an: Heute musste alles klappen. Denn Dorothee Schneider führte zu dem Zeitpunkt mit 83,617 Prozent. Erstes Highlight der aktuellen Weltmeisterin: die Traversale nach links (8,7). An der kurzen Seite die Silhouette der Belissimo M-Tochter in der Passage schön wie gemalt (9,6). Jeder Tritt energisch, aber locker, akzentuiert und gleichmäßig. Bis zu Punkt S, wo Dorothee Schneider zuvor ein Patzer unterlaufen war (s. unten), rangierte das Paar knapp zwei Prozent hinter Showtime.

Der starke Schritt war anfangs etwas verhalten, nach X kam die Stute zum Überfußen (7,2). Die erste Piaffe (9,2) gelang in Bella Rose-Manier. Die zweite weniger. Die Fuchsstute stockte, begann zögerlich zu piaffieren – die deutliche Unterstützung aus dem Sattel setzte die Stute um (7,4). „Die Piaffe konnte ich nicht so zelebrieren, wie ich das vorhatte“, bilanzierte Isabell Werth. Zweiter kleiner Schnitzer: Besagter fliegender Galoppwechsel, den Bella Rose vor der Hilfe bei H nach der Linkstraversale im Galopp sprang. Dafür dann aber sehr gute Zweierwechsel (8, 0) und auch die Einerwechsel gelangen (7,7). Für die zweite Galopppirouette zogen die Juroren die Notenschublade ganz weit auf (8,7). Mit 84,447 Prozent für diese Vorstellung ohne groben Fehler und mit 34 Zehnen im Protokoll setzte sich Werth an die Spitze. Die Publikumswertung per App sah sie auf Platz zwei.

Dorothee Schneider und „Showi“ – persönliche Bestleistung trotz Patzer

Früher sei er etwas schüchtern gewesen, sagt Dorothee Schneider über Showtime. Heute war es fast schon kokett wie souverän „Showi“ stand, wie der Hannoveraner vom Fleck weg nach dem Gruiß seinen gewaltigen Schub aus der Hinterhand nach vorne oben in die weiche Reiterhand durchfedern ließ. Egal ob im versammelten oder starken Trab. Im Vorwärts oder seitwärts oder in der Passage (9,4). 86,55 Prozent zeigte die Zwischenwertung als der Wallach einmal beim Übergang aus der Passage in den Starken Trab zwischen S und K versehentlich angaloppierte. In diesem Moment, so muss man mutmaßen, hat das aktuelle deutsche Meisterpaar, die Chance vertan, die Soers als Sieger zu verlassen. Oder eine Minute später, als das Angaloppieren nicht funktionierte, „aber nicht so schlimm wie in Balve“, betonte die Deutsche Meisterin.

Dorothee Schneider und Showtime, CHIO Aachen 2019

Trotz des Fehlers blieb das Zwischenresultat weiterhin über 83 Prozent. Vorbildlich: der starke Schritt (7,9), schlicht und einfach grandios die Passage (9,7). Selbst die zweite „Fehlnote“, 5,3 für das missglückte Angaloppieren, vermochte den Notendurchschnitt nicht unter die 80-Prozent-Marke zu drücken. Warum auch? Dressurreiten kann so schön sein! Nach den 15 Einerwechseln ein lobendes Anklopfen am Hals. (7,6). Stark verbessert im Vergleich zu den Deutschen Meisterschaften in Balve: Die Galopppirouetten, nach rechts und links jeweils mit einer 8,9 beurteilt. Die Piaffen sind nicht von der Qualität einer Bella Rose, aber auch hier macht Showtime viele Dinge absolut richtig. Vorbildlich setzt er sich, arbeitet in den Hanken, gut im Takt, das Genick oben. Und dann schenkte die Kombination dem Aachener Publikum vorm Schlussgruß eine Passage, die man in Kadenz, Ausdruck und Regelmäßigkeit nicht vergessen kann (9,8). Dorothee Schneider über Showtime: „Der Motor ist einfach an und will auch nicht ausgehen! Es war wie fliegen.“

83,617 Prozent sind das beste Resultat, das Reiterin und Pferd jemals in einem Grand Prix Special erhalten haben. „Es war emotional für mich, mit diesem speziellen Pferd wieder da zu sein.“ Dreieinhalbjährig kam der Wallach in den Stall von Dorothee Schneider. „Und jetzt können wir hier so etwas zeigen.“ Der Wallach ziehe nun an die Hand heran. Der Fehler nach der Passage sei untypisch.

Heute Abend wird „Showi“ noch ein bisschen Schritt geführt werden. „Morgen früh reite ich das Kürprogramm noch einmal durch, im Schritt. Dann ein paar Runde links und rechts traben, das reicht“, verrät Dorothee Schneider ihre Pläne. Und dann ist Kür-Tag. „The Show must go on“, heißt die Kür. Queen sind die Interpreten – klingt nach guten Vorzeichen für Showtime und „Doro“.

Nach seinem zweiten Sieg in Aachen hatte Sönke Rothenberger gestern gegenüber Journalisten gesagt, er habe das beste Pferd der Welt. Wenn Cosmo fehlerfrei ginge, könne er jedes Pferd schlagen. Das Paar ging gestern ohne Fehler und erhielt 82,213 Prozent im CDI4*-Grand Prix Special. Dieselbe Aufgabe, dasselbe Stadion, aber eine andere Prüfung mit anderen Richtern. Dennoch ein Resultat, das bei der Einordnung helfen mag, wenn der deutsche Dressurausschuss das Team für die Europameisterschaft in Rotterdam aufstellt.

Olympiasiegerin auf Rang drei

Die Britin Charlotte Dujardin hatte nicht ihre Olympiahoffnung Freestyle mit nach Aachen gebracht, sondern den Trakehner Erlentanz. Sie ist die Krankenvertretung im Sattel des Wallachs. Im Anschluss an das CHIO Aachen wird Besitzer Sonnar Murray Brown nach Ausheilung seines Beinbruchs ihn wieder reiten. Der hübsche Latimer-Sohn hat viel Ausdruck im Vorderbein. Er schlug sich einmal unter den Bauch in der Passage an der kurzen Seite, war aber anschließend wieder total entspannt und zeigte nach Damsey den besten starken Schritt der Prüfung (8,3): Abstriche musste das Paar im versammelten Tempo (6,6) hinnehmen. Die Übergänge aus der Piaffe in die Passage gelangen nicht immer ganz fließend. Mit guten Serienwechseln und sehr guten Pirouetten (8,3) punktete das Paar in der Galopptour. Mit 80,277 Prozent lag die Kombination 30 Punkte vor Jessica von Bredow-Werndl und Dalera.

Jessi und Dalera lassen Punkte in den Piaffen liegen

Jessica von Bredow-Werndl hatte sich mit Dalera einiges vorgenommen. Das konnte man ihr ansehen. Fokussiert hielten beide an (7,8). Elastische präzise Trabtraversalen (8,2), kadenzierte Passagen, ausdrucksstarke Trabverstärkungen, alles im Takt, alles aus einem Guss. Beständig stand eine 80 vor dem Komma in der Zwischenwertung. Im starken Schritt waren die Nüstern genau auf Buggelenkhöhe (7,2) – Präzision ist, wenn man alles im Griff hat. Dann geschah aber ein kleiner Wackler vor der ersten Piaffe. In der zweiten Piaffe verlangsamte die Stute dann die Frequenz des Abfußens, ein grober Taktfehler war es aber nicht. Piaffen fließen in doppelter Wertung in das Grand Prix-Ergebnis ein. Bei den ersten beiden der drei geforderten verlor das Paar aus Aubenhausen damit ungefähr 20 Punkte.

von Korff

Jessica von Bredow-Werndl und Dalera, CHIO Aachen 2019 (© von Korff)

Zweierwechsel (7,8) und Einerwechsel (7,5) waren wieder im Plan. Anschließend hatte „Jessi“ wieder den Achter-Modus eingestellt: Linkspirouette (8,5), Rechtspirouette (8,1). Zum Abschluss eine Traumlinie: Piaffe bei X (8,3) und Passage (8,8). Mit 79,021 Prozent lagen die beiden nur knapp unter ihrem bisherigen Bestergebnis von 79,404 im Grand Prix Special bei Horses and Dreams in Hagen. „Bis auf die zwei Piaffen mein bisher bester Ritt überhaupt in einem Grand Prix Special“.

One to watch: Bohemian

Mit zwei starken Reitern konnte das dänische Team aufwarten. Cathrine Dufour und Daniel Bachmann Andersen bekamen beide mehr als 78 Prozent! Sie landeten auf den Plätzen vier und fünf. Der Dunkelfuchs Bohemian, mit neun Jahren das jüngste Pferd im Feld, ging manchmal nach rechts leicht verkantet im Genick. Vor allem in der Passage zeigte sich dieses Balanceproblem. Ansonsten begeisterte die Kombination mit sehr gleichmäßigen Übergängen in allen Trablektionen – Zwischenwertung 79,5 Prozent vor der Galopptour. Die Zweierwechsel waren nicht präzis auf der Linie, die Einerwechsel waren gerade und korrekt. Etwas mehr Ausdruck im Vorderbein wünschte man dem westfälischen Bordeaux-Sohn im Galopp.

Lange sah es so aus, als würde die EM-Dritte von Göteborg 2017 noch an Jessica von Bredow-Werndl vorbeiziehen. Doch die Linkspirouette vereitelte das. Der Wallach sprang um. Teuer! 5,0 – in zweifacher Wertung. In der letzten Piaffe trat Bohemian in der Tendenz hinten breit und ausweichend, fußte aber sehr gleichmäßig. Fünf Punkte lag Dufour hinter von Bredow-Werndl. „Ich kam ja nach Dorothee rein und dachte das Stadion fliegt auseinander bei dem Applaus. Aber dass er als Neunjähriger das so gemacht hat, macht mich super stolz. Er ist ein super, super, super Pferd.“

20 Punkte hinter seiner Teamgefährtin landete Daniel Bachmann Andersen mit dem Deckhengst Don Olymbrio. In den Traversalen nach rechts war der Dunkelfuchs stabiler im Genick als nach links, hohe Noten gab es für die Passagen (bis 8,0), etwas zögerlich war die erste Piaffe (7,6) Schritt zuvor stark (7,9). Der Däne überhastete nichts, ließ dem Pferd die Zeit, die es brauchte, die diagonale Fußfolge zu entwickeln. Tolle Zweierwechsel (8,4) ,dann nur sieben Einer zwischen zwei guten Pirouetten – „mein Fehler, ich war zu blöd zu zählen“. Es hatte in der Tat so ausgesehen, als habe der hochaufgeschossene Däne die fliegenden Wechsel früher einleiten wollen, der Dunkelfuchs aber nicht auf die erste Hilfe reagiert. Wertvolle Punkte, die hier liegen blieben. Die 79 Prozent wären zu erreichen gewesen. 78,17 Prozent, Sechster.

Für die Europameisterschaft in Rotterdam muss Daniel Bachmann Andersen sich nun entscheiden: Zack oder Don Olymbrio. Die Dänen wurden Zweite im Nationenpreis vor den US-Amerikanern. Der vierte dänische Teamreiter Anders Dahl wurde nach seinem Ritt disqualifiziert, weil ein Steward Blut in der Sporenregion gefunden hatte. „Das ist mir noch nie in meiner Karriere widerfahren. Und dann geschieht es ausgerechnet in Aachen, ich könnte mich nicht schrecklicher fühlen“, sagte Dahl zerknirscht.

US-Equipe auf Platz drei

Adrienne Lyle und Salvino waren die besten des drittplatzierten US-Teams Das Paar hatte immer mal wieder leichte Stockungen in den Passagen zu Beginn der Prüfung. Dabei ist die eigentlich eine der Paradelektionen des Hannoveraner Sandro Hit-Sohns. Das Pferd machte einen zufriedenen Eindruck. In der ersten Piaffe fußte er aktiver ab als noch im Grand Prix am Donnerstag, die zweite war etwas weniger energisch (7,5). In den Galopptraversalen drohte der Dreitakt verlustig zu gehen (6,5). Dasselbe Schicksal deutete sich auch in den Galopppirouetten an, die groß angelegt waren. Die letzte Piaffe gelang sehr schön auf dem Punkt mit Abdruck und Rhythmus (8,3). 76,745 Prozent, Siebte.

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79,2 Prozent zeigte die Tafel, die den Notendurchschnitt den Zuschauern mitteilt, zwischenzeitlich an. Damit war klar: Dante Weltino und die Schwedin Therese Nilshagen waren gut unterwegs. Pech: Der schicke Rapphengst musste äppeln, ausgerechnet in der ersten Piaffe (6,4). Die zweite, das Pferd um ein paar Pfund leichter, gelang dann viel besser, (7,6). Höhepunkte waren die federleichten 15 Einerwechsel (7,9). Dafür verhaspelte sich der Oldenburger Rapphegst vor den neun fliegenden Galoppwechseln (6,4) von Sprung zu Sprung zwischen den Galopppirouetten (7,8). 76,596 Prozent, Platz acht.

Helen Langehanenberg: Nicht das beste, was wir können

Ein versöhnliches Ende gab es für Helen Langehanenberg und Damsey. Nach einem verhunzten Grand Prix ging der Hengst heute deutlich besser. Auch das Piaffieren hatte er wieder in sein Programm aufgenommen. Höhepunkt war der starke Schritt (8,7). Anschließend lag die Zwischenwertung bei 75,5 Prozent. Noch ein Höhepunkt: die 15 fliegenden Galoppwechsel von Sprung zu Sprung (7,6). Ein Stolperer im starken Galopp, kein schlimmer Fehler, aber einer, der Punkte kostete (6,8). 75,043 Prozent, Platz elf – „wir dürfen nicht vergessen, dass er eine lange Saison hatte. Er war im Weltcupfinale, anschließend auf drei Turnieren und den deutschen Meisterschaften“, bilanzierte Helen Langehanenberg.

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Jan TönjesChefredakteur

Chefredakteur ab 2012, seit 2003 beim St.GEORG. Pferdejournalist seit 1988. Nach Germanistik/Anglistik-Studium acht Jahre tätig bei öffentlich rechtlichem Rundfunk, ARD, SFB, RBB in Berlin. Familienvater, Radiofan, TV-erfahren, Moderator, Pferdezüchter, Podcasthost, Preise: Silbernes Pferd, Alltech Media Award. Präsident Internationale Vereinigung der Pferdesportjournalisten (IAEJ).