Isabell Werth und Skovens Tzarina gewinnen Nürnberger Burg-Pokal 2023

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Die neue Burg-Pokal Championesse: Skovens Tzarina unter Isabell Werth. (© Ludwiga von Korff)

Der Nürnberger Burg-Pokal 2023 ist entschieden und zum fünften Mal stellte Isabell Werth den Sieger bzw. in diesem Fall die Siegerin vor: Skovens Tzarina.

Mit 76,878 Prozent nach einer Prüfung ohne große Patzer und mit Höhepunkten in den Lektionen in den schwunghaften Gangarten sicherten sich Isabell Werth und Skovens Tzarina den Sieg im Nürnberger Burg-Pokal 2023. Für Isabell Werth war es ihre 19. Teilnahme an der Traditionsserie. Tzarina ist ihre fünfte Siegerin.

Bereits die Qualifikation in Hagen hatte die Stute für sich entschieden. Seither war sie nur wenige und ausgesuchte Turniere gegangen. Isabell Werth hätte sie auch für die kleine Tour mit nach Aachen nehmen können, entschied sich aber dagegen. „Das war mir zu früh für sie. Ich habe in Hagen gemerkt, dass sie sich von der Atmosphäre noch beeindrucken lässt. Pferde, die so an der Haarspitze gehen und so viel Geist haben, muss man in Ruhe reifen lassen.“

Das letzte Mal, dass Tzarina vor so einer Kulisse gegangen ist, war fünfjährig bei den Weltmeisterschaften der jungen Dressurpferde, damals noch für ihre Heimat Dänemark. Seit sie sechsjährig ist, steht die heute neunjährige Zack-Tochter bei Isabell Werth im Stall. Besitzerin ist Werths Freundin Victoria Max-Theurer, die ja auch mit der Multichampionesse trainiert. Und der Plan ist auch, dass Max-Theurer die Stute eines Tages übernimmt. Aber zumindest im nächsten Jahr darf Isabell Werth noch Spaß mit ihr haben. Den hat sie. „Ein Weltklassepferd mit Go und Geist“ sei die Stute. „Sie ist fantastisch leistungsorientiert und will immer gehen. Ich halte ganz große Stücke auf sie.“ Besonders in Sachen Versammlung bringe sie großes Talent mit – eine Kostprobe gab es in der heutigen Siegerehrung.

Aufholjagd von Lord Europe

In der Einlaufprüfung hatten sie noch viele Fehler, heute gelang Leonie Richter und dem sieben Jahre jungen Rheinländer Hengst Lord Europe v. Lord Loxley eine Traumrunde mit vielen Höhepunkten und kaum Unsicherheiten. Insbesondere bemerkenswert für einen erst Siebenjährigen waren unter anderem die ausbalancierten Pirouetten mit klar erkennbarer Bereitschaft, Last aufzunehmen. Insgesamt gefiel das Seitenbild des Rappen. 75,365 Prozent erhielt das Paar von den Richtern und von Christoph Hess den Kommentar: „Ich musste mehrmals in die Starterliste gucken, weil ich dachte, das kann doch gar nicht sein, dass der erst sieben Jahre alt ist und so eine souveräne Runde geht.“ Von Leonie Richter sei die Prüfung „reiterlich ganz großes Kino“ gewesen. Das konnten wohl auch die Zuschauer so unterschreiben.

Danny Cool

Der Name ist Programm bei Helen Langehanenbergs achtjährigem DSP-Wallach Danny Cool v. Danciano. Als der Applaus nach seiner 74,658 Prozent-Runde aufbrandete, nahm er ihn mit huldvoller Gelassenheit entgegen. Der hochbeinige schmale Rappe zeigte eine schwungvolle Trabtour, in der man der Linkstraversale allerdings noch mehr Stellung und Biegung gewünscht hätte. Im starken Schritt marschiert Danny los. Da haben die Richter Henning Lehrmann bei H und Elke Ebert bei B verständlicherweise zur 9 gegriffen. In der zweiten Schrittpirouette gab es dann aber einen kurzen Taktverlust. Den Galopp des Wallachs wünschte man sich energischer und über mehr Boden ins Bergauf gesprungen. Aber Lektionsfehler machte das Paar hier keine und Christoph Hess hob explizit die gut herausgerittenen Wechsel und die Pirouetten hervor. Am Ende gab es Bronze.

Das war nicht der einzige Erfolg, den Helen Langehanenberg heute feiern konnte. Mit ihrem zweiten Pferd, dem hübschen Oldenburger Hengst Golden Romance v. Governor hatte sie heute Vormittag die Prüfung eröffnet. Am Anfang war der achtjährige Dunkelfuchs noch etwas unzufrieden im Maul, doch das gab sich im Laufe der Prüfung und am Ende war er derjenige, der seiner Reiterin den Preis fürs beste Rückwärtsrichten einbrachte, was ja bekanntlich der Prüfstein der Durchlässigkeit ist. In der Prüfung rangierten sie mit 73,975 Prozent an fünfter Stelle.

Die weiteren Platzierten

Zwischen die beiden Langehanenberg-Pferde schob sich mit 74,170 Prozent Beata Stremler mit dem imposanten Hannoveraner Dunkelfuchs For Magic Equesta. Der achtjährige For Romance-Sohn war 2021 bereits Bronzemedaillengewinner bei den Weltmeisterschaften der jungen Dressurpferde gewesen. Heute überzeugte er mit großem Schwingen und viel Schub im Trab, wunderbar weit kreuzenden Traversalen bei guter Stellung und Biegung, ausbalancierten Pirouetten und ausdrucksvollen Serienwechseln. Auch das schöne Seitenbild des Paares gefiel. Ärgerlich war ein Patzer beim fliegenden Wechsel nach dem starken Galopp.

Sechster wurde der neunjährige Hannoveraner Wallach Don Domingo v. Dimaggio unter der Finnin Emma Kanerva, die für die schöne Vorstellung ihrer beiden Pferde zudem den Stilpreis einheimsen konnte. Don Domingo, ein großer, kraftvoller Rappe, bringt viel von dem mit, was man sich für ein Dressurpferd wünscht. Auch er ist ein ganz großer „Beweger“. Heute sprang er allerdings beide fliegenden Wechsel zwischen den halben Pirouetten hinten kurz, was ihn ja auch in den Fußnoten noch einmal teuer zu stehen kam. Außerdem war der versammelte Schritt zeitweise taktverschwommen. Am Ende wurden es 72,685 Prozent.

Mit ihrem zweiten Pferd, der ebenfalls erst siebenjährigen Hannoveraner Stute Bond Girl v. Borsalino, die heute vor allem mit ihrer Trabtour und insgesamt mit ihrer willigen Selbstverständlichkeit überzeugte, wurde Kanerva zudem Achte (72,414).

Zwischen die beiden „Kanervas“ schoben sich mit 72,585 Prozent die Nachrücker, Carina Harnisch und der achtjährige Sezuan-Sohn Sheldon Cooper. „Carina, du hast uns heute Freude gemacht“, begann Christoph Hess seinen Kommentar. Recht hatte er. Die Harmonie zwischen Reiterin und Pferd hatten schon bei der Qualifikation in München begeistert, wo sie Zweite geworden waren. Die Runde heute stand dem in nichts nach. Auch dafür hätte man einen Stilpreis vergeben können.

Neunte wurde mit 70,853 Prozent Florine Kienbaum auf dem neunjährigen Trakehner Connery-Sohn Nautilus. „Er ist ein absoluter Schatz und ich bin stolz, ihn reiten zu dürfen“, hatte Kienbaum schon im Vorfeld gesagt. Besonders der Trab des Wallachs muss Spaß machen – schwungvoll und mit ganz viel Go. Florine hatte aber auch gesagt, dass Nautilus ein äußerst ehrgeiziges Pferd ist, und auch das zeigte er heute. Im Schritt sah es so aus, als dürfe die Reiterin besser nicht atmen. Im Galopp wurde der Wallach etwas eng.

Zehnter wurde der Sieger der Qualifikation von München, La Vie unter Therese Nilshagen. Der achtjährige Hannoveraner v. Livaldon begann recht gut, zeigte sich jedoch zwischendurch immer mal unzufrieden in der Anlehnung. 70,365 Prozent wurden es unter dem Strich.

Rang elf ging an den von Thomas Wagner vorgestellten Westfalen Escolux v. Escolar, der viel von seinem Vater hat. Ein Patzer in den Dreierwechseln kostete Punkte, am Ende wurden es 69,390 Prozent.

Das Schlusslicht bildete heute ein weiterer Escolar-Sohn: der Rheinländer Hengst Escamillo mit dem Spanier Manuel Dominguez Bernal. Escamillo fühlte sich heute wohl einsam in der Festhalle. Er kam laut wiehernd hinein, reduzierte seine Rufe dann während der – sehr gelungenen – Trabtour, aber im Schritt ging nichts mehr. Hier entlud sich die Spannung zumindest zum Teil. Im Galopp konnten die beiden zwar manches wieder gut machen (wobei es auch hier einige Patzer gab), doch die Punkte, die sie im Schritt verloren hatten, konnten die beiden nicht mehr aufholen. Man muss Bernal bewundern, wie er mit stoischer Ruhe die Prüfung zu Ende ritt und dem aufgeregten Hengst, mit dem er ja schon Silber und Bronze bei den Weltmeisterschaften der jungen Dressurpferde gewonnen hatte, Ruhe zu geben versuchte. Die 63,268 Prozent, die die Richter dem Paar heute geben mussten, haben weder etwas mit der Qualität des Pferdes noch mit der Reiterei des Spaniers zu tun.

Alle Ergebnisse vom Burg-Pokal Finale 2023 finden Sie auch noch einmal hier.

Exkurs

Die beiden erstplatzierten Pferde gehörten früher bzw. gehören noch zu Helgstrand Dressage. Skovens Tzarina hatten Isabell Werth und Victoria Max-Theurer einst in Vodskov entdeckt. Lord Europe steht in gemeinschaftlichem Besitz der Helgstrand Dressage ApS, Paul Schockemöhle und Joop van Uytert.

In der Pressekonferenz nach der Prüfung wurde Leonie Richter auf ihre Verbindung zum Stall Helgstrand angesprochen, der aufgrund der Enthüllungsvideos des dänischen TV-Senders TV2 derzeit in der Kritik steht. Leonie Richter, die ja bei Helgstrand Deutschland angestellt ist und in Syke unter der Leitung von Dr. Ulf und Eva Möller trainiert, sagte: „Die Stimmung war in den vergangenen Wochen nicht die beste, ist sie auch jetzt noch nicht. Zugleich kann ich sagen, dass wir uns in Syke nichts vorzuwerfen haben. Ich reite heute genauso wie vor dem TV-Bericht. Ich versuche immer und seit jeher, das Pferd bestmöglich auszubilden und das werde ich auch weiterhin so tun. Ich möchte meinen Pferden gerecht werden. Und ich finde es sehr wichtig, dass alle Reiter an sich und für das Pferd arbeiten.“

Isabell Werth, die inzwischen für sich selbst und ihre Schüler mehrere Pferde bei Helgstrand Dressage erworben hat – auch in Dänemark – hatten wir gefragt, ob sie auch zukünftig in Vodskov einkaufen werde. Werth:

„Ich muss sagen, dass ich fünf Pferde von Andreas Helgstrand in meinem Stall habe, die wir … ich glaube, das erste Pferd vor zwei oder drei Jahren gekauft haben, und nicht ein Pferd hat nicht den Beschreibungen und hat nicht den Ansprüchen entsprochen, die Andreas mir gesagt hat und die ich da auch ausprobiert habe. Und ich bin mehrere Male dort gewesen und ich habe keine schlechten Bilder und keine irgendwie diskutablen Situationen erlebt. Ich glaube, es ist ganz wichtig – das habe ich auch schon vorher gesagt –, dass wir das ganz differenziert betrachten. Es bedeutet nicht, dass dort jeden Tag und alle Reiter so reiten, wie wir das dort auf dem Video gesehen haben. Sondern das muss man auch mal als Ausnahmesituation sehen und nicht als Regelfall. Ich habe es zumindest nicht erlebt und alle Pferde, die wir im Stall haben, selbst Pferde von Kunden, auch für Mädchen zu reiten, sind wirklich tolle Pferde und sind weder mit Blessuren noch mit irgendwelchen, ich sage mal reiterlichen Mankos angekommen. Das möchte ich wirklich auch mal betonen, um ein bisschen davon wegzukommen, als ob das da ein Dauerzustand wäre.“

Isabell Werth hat bereits einen Plan für ihr 20. Jubiläum im Nürnberger Burg-Pokal 2024. Daran möchte sie mit So Unique teilnehmen, einem Pferd, das zuvor bei Helgstrand Germany ausgebildet wurde.

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Dominique WehrmannRedakteurin

Studierte Politologin, seit 2006 bei St.GEORG. Als Jugendliche Dressurtraining bei Hans-Georg Gerlach, Michael Settertobulte und Reitmeister Hubertus Schmidt und das auf einem selbstgezüchteten Pferd. Verantwortet die Bereiche Spitzensport und Pferdezucht. Im Presseteam des CHIO Aachen und der Pferdemesse Equitana, hat für den NDR im Fernsehen kommentiert.