Großer Preis von Aachen: Marcus Ehning feiert mit Stargold Sieg Nummer drei in der Soers

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CHIO AACHEN 2023

Sieg Nummer drei im Großen Preis von Aachen - Marcus Ehning mit Lob für Stargold. (© Pauline von Hardenberg)

Marcus Ehning ist ein ganz Großer im Springsport. Das ist nicht neu. Dass der Große Preis von Aachen nun aber schon zum dritten Mal von dem Familienvater aus Borken gewonnen wurde, lässt ihn im Springreiter-Olymp eine weitere Stufe erklimmen: So viele unter den Legenden haben das Triple in Aachen noch nicht geschafft. Daniel Deußer und Killer Queen wurden Zweite vor Philipp Weishaupt und dem erst neunjährigen Zineday.

Noch vor der Ehrenrunde war der Name des Siegers auf der legendären Tafel am Einritt eingraviert. Großer Preis von Aachen, Marcus Ehning „Stargold“. Auf dem zwölfjährigen Oldenburger Hengst v. Stakkato Gold-Lord-Weingard gewann Ehning nach 2006 und 2018 zum dritten Mal den Großen Preis von Aachen. Als letzter von fünf Reitern, die nach zwei fehlerlosen Umläufen das Stechen erreicht hatten, galoppierte Ehning in die Soers. „Ich hatte gar nicht die Zeiten der anderen im Kopf“, sagte er, „Mein Pferd ist sehr grundschnell, das kam mir jetzt zugute.“

Zehn Jahre Rolex Grand Slam

Auf seine unnachahmliche Art, quasi aus dem Sitz heraus sein Pferd auf kürzestem Weg um die Kurven zu steuern, brachte der 49-jährige Routinier Stargold in 45,12 Sekunden ins Ziel. Damit war er 61 Hundertstelsekunden schneller als Daniel Deußer auf der 13-jährigen belgischen Eldorado-Tochter Killer Queen, die nach mäßigen Leistungen zu Wochenbeginn wieder zu großer Form auflief und einen Wiederholungsieg nach 2021 nur knapp verfehlte. Er hätte ihrem Reiter einen Sonderbonus von 250.000 Euro eingebracht, als zweiter Sieg innerhalb eines Jahres in der Rolex Grand Slam-Serie. Sie feierte in diesem Jahr ihr zehntes Jubiläum. Gleichwohl die Zeit von Deußer reichte nicht ganz. Ob Marcus Ehning nun nach Spruce Meadows fliegt, der nächsten lukrativen Station des Rolex Grand Slam, ließ er offen. „Habe ich bis jetzt noch nicht darüber nachgedacht, muss ich jetzt.“ Aber einen Start bei der Europameisterschaft in Riesenbeck hat er auf der Liste.

Den Freudentag für Bundestrainer Otto Becker komplettierte Philipp Weishaupt mit seinem dritten Platz auf dem jüngsten Pferd des Feldes, dem neunjährigen Zineday (Westf.), einem Sohn von Zinedine, der einst unter Weishaupts Chef Ludger Beerbaum viele Erfolge ersprang. Zineday hat von seinem Vater nicht nur die sportliche Klasse, sondern auch die Schönheit geerbt. Mit 43,36 Sekunden war er zwar der Schnellste, aber die Distanz zum silber-blauen Mercedes-Oxer passte nicht, sodass die vorderste Stange zu Boden ging. „Das war mein Fehler“, ärgerte sich Weishaupt anschließend.

Pessoa und sein neuer Kracher

Eine Art Comeback gelang dem Brasilianer Rodrigo Pessoa (51) mit seinem vierten Platz auf Major Tom v. Vagabond de la Pomme-Hickstead (BWP, 4/47,08). Er gewann auf Special Envoy bereits als 18-Jähriger den Großen Preis von Aachen. Es folgten große Erfolge, Weltmeistertitel, ein Olympiasieg und eine Phase, in der Pessoa Junior die Lust am Sport verloren zu haben schien. Jetzt ist sie wieder da und die Ritte mit Major Tom waren immer noch eine Augenweide.

Ebenfalls mit einem Abwurf wurde der Mexikaner Eugenio Garza Perez auf dem Cornet-Obolensky-Sohn Contago Fünfter (4/48,77). Pechvogel des Tages war der Belgier Nicolas Phillipaerts, er verfehlte mit der etwas unhandlichen Cardento-Tochter Katanga (BWP) das Stechen um einen Zeitfehler – acht Hundertstel, der Springgott kann unbarmherzig sein.

Vorjahrssieger Gerrit Nieberg hatte nach einem fehlerlosen ersten Umlauf noch eine gute Chance, seinen Vorjahressieg mit dem zwölfjährigen Ben v. Sylvain (Westf.) zu wiederholen. Aber im B-Kurs fiel am zweiten Sprung der Kombination aus zwei überbauten Wassergräben die Stange, die ihm nur Platz neun übrigließ.

Hans Dieter Dreher auf dem springgewaltigen Holsteiner Schimmel Elysium v. Zirocco Blue wurde mit je einem Abwurf 13. Er hat übers Ganze gesehen eine gute Woche hinter sich, lieferte im Nationenpreis eine Nullrunde. Der britische Olympiasieger Ben Maher, noch im ersten Umlauf fehlerlos, fiel nach zwei Fehlern im B-Kurs auf Rang 14 zurück. Richard Vogel auf United Touch rutschte mit einem schnellen Vierfehlerritt noch in die zweite Runde, zwei Abwürfe machten dann alle Hoffnungen zunichte. Jana Wargers auf Limbridge, die wie Vogel hier in der Soers glänzende Runden geliefert hatte, verpasste die zweite Runde nach einem Abwurf und einer langsamen Zeit. Enttäuschend endete der Große Preis für den US-Reiter McLain Ward, den Sieger der beiden letzten Grand Slam-Turniere in Genf und Hertogenbosch. Er hätte hier eine Extramillion Euro für den Sieg im Rolex Grand Slam kassieren können, gab nach dem zweiten Abwurf der 17-jährigen Stute Azur (SBS) nach wenigen Sprüngen auf.

Warum das Wasser …?

Das Glück war auch nicht auf der Seite von Ludger Beerbaum und André Thieme. Bei beiden fiel in der ersten Runde keine Stange, aber am Wassergraben schnellte die gelbe Kelle des Hindernisrichters hoch. Chakaria v. Chap von Thieme verfehlten das hintere Band um ein paar Zentimeter, Beerbaum kam etwas schräg an den Graben, was ihn noch breiter machte, sodass Mila v. Monte Bellini die Weite nicht mehr ganz schaffte. In so einem Fall wird das Stück Silikon herausgeschnitten, mit der Kopfnummer des Pferdes versehen und aufbewahrt. Falls das Corpus Delicti noch als Beweis dienen muss.

Beide Ritte waren besser, als es die nüchterne Statistik verrät. Beerbaum war am Freitag noch Sechster im NRW-Preis gewesen und schloss nun spontan seine einzigartige Karriere mit einem respektablen Auftritt in der Soers ab – selbst „Stable Jockey“ Philipp Weishaupt wusste nichts von den Plänen seines Chefs. „Er redet sein zehn Jahren vom Aufhören“, sagte er bei der Pressekonferenz. Ludger Beerbaum sei einfach „insane“ – „irre“!

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Reichlich Nuller zum Auftakt

40 Reiter traten zum ersten Umlauf an, die Schwierigkeiten bestanden wie schon in den Rothenberger-Kursen an den Tagen zuvor nicht nur in den Maximalabmessungen, bis 1,63 Meter hoch und 1,90 Meter breit, sondern auch in den Optionen, die sich den Reitern eröffneten, einen Galoppsprung weniger für die große Galoppade bzw. größere Risikobereitschaft oder einen mehr, um das Pferd noch einmal zurückzunehmen und sauber an den nächsten Sprung zu bringen.

18 Reiter kamen in den zweiten Umlauf, wo ein völlig neuer Parcours stand. Außer den zwölf Paaren, die im ersten Umlauf fehlerlos geblieben waren, rutschten auch die sechs schnellsten Vier-Fehler-Starter noch nach. Schon vor der Entscheidung konnte sich Bundestrainer Otto Becker freuen, dass sechs seiner Schützlinge die zweite Runde erreicht hatten.

Die Ergebnisse des Großen Preis von Aachen 2023 finden Sie hier.

Gabriele PochhammerHerausgeberin

Herausgeberin des St.GEORG, den sie als Chefredakteurin von 1995-2012 als erste Frau auf dieser Position verantwortet hat. Als Berichterstatterin auf elf Olympischen Spielen und unzähligen Welt- und Europameisterschaften. Erfolgreiche Pferdezüchterin: Der von ihr gezogene Wallach Leonidas II war eines der besten Vielseitigkeitspferde seiner Zeit. Eines der Fachgebiete: internationale Sportpolitik, schreibt für die Süddeutsche Zeitung.