Der dänische Fünf-Sterne-Richter Hans-Christian Matthiesen, Vorsitzender des International Dressage Officials Club (IDOC), hat im Namen der FEI ein Schreiben an seine Kollegen geschickt, das St.GEORG vorliegt. Darin führt er aus, dass Online-Turniere zu den vom Weltreiterverband FEI nicht genehmigten Turnieren gehören.
Als solches werden Turniere geführt, die „weder im offiziellen Kalender veröffentlicht werden, noch von einem nationalen Verband genehmigt wurden, und/oder die von einem nationalen Verband genehmigt oder organisiert werden, der von der FEI ausgeschlossen wurde“.
Matthiesen äußerte sich verständnisvoll für die Situation und dass Online-Turniere eine Option darstellten, wie man die Zeit mit den Corona-bedingten Einschränkungen übersteht. Er betonte aber auch, dass man gerade jetzt, wo das einzige, was man mit Gewissheit sagen könnte, sei, dass sich einiges ändern werde, an den alten Regeln festhalten müsse. Zumindest so lange noch nicht klar sei, wie die Zukunft aussehe.
Darum seien Online-Turniere eben doch keine Option.
Online-Turniere können „Fundamentale FEI-Prinzipien“ nicht garantieren
Von der FEI nicht genehmigte Turniere könnten die Einhaltung einiger der wesentlichen Prinzipien der FEI nicht garantieren. Dazu gehören, wie Matthiesen ausführt,
- das Wohlergehen der Pferde, also das viel zitierte „Welfare of the horse“, das „nie und unter keinen Umständen, sportlichen oder kommerziellen Interessen untergeordnet werden“ dürfe.
- die Gleichheit der Wettbewerbsbedingungen für Reiter und Pferde.
- die Anwendung der Regeln auf alle Teilnehmer in gleicher Weise und die Verantwortlichkeit von Teilnehmern und Organisation, dass sie sich so verhalten, dass Sicherheit und Integrität des Sports bewahrt werden.
Die Beteiligten riskieren Sperren
Matthiesen verweist im weiteren Verlauf seines Schreibens darauf, dass sowohl Reiter als auch Pferde für sechs von FEI-Turnieren ausgeschlossen werden, wenn sie an einem nicht von der FEI genehmigten Turnier teilnehmen.
Dasselbe gilt auch für Richter, die bei einem nicht von der FEI genehmigten Turnier am Tisch gesessen haben. Auch sie dürfen in den nächsten sechs Monaten danach bei keinem FEI-Turnier richten.
Zudem stelle es eine Rechteverletzung dar, wenn die internationalen Dressuraufgaben, die „intellektuelles Eigentum“ der FEI sind, vervielfältigt werden.
Ausnahmen
Was aber sehr wohl erlaubt sei, so Matthiesen weiter, sei es, Aufgaben ausschließlich zu Bildungs- und Trainingszwecken zu richten. Also Turniere (Konkurrenz, Ergebnislisten, Platzierungen, Preisgelder) nein, aber Üben ja.
Der Fünf-Sterne-Richter gibt schließlich aber auch zu bedenken, dass der Eindruck, den man auf einem Video von einem Paar gewinnt, ein ganz anderer sein kann, als wenn man die Vorstellung live sieht. Das hinge schließlich unter anderem mit der Kameraperspektive etc. zusammen.
Diskussion Online-Turniere
Online-Turniere gibt es schon seit einer Weile. Vor kurzem haben auch zwei deutsche Größen im Turnierbusiness bekannt gegeben, auf diesen Zug aufspringen zu wollen: die En Garde Marketing GmbH, die unter anderem die Partner Pferd in Leipzig, das Hamburger Derby und das Global Jumping Berlin ausrichtet, und die Firma Equi-Score, die als Dienstleister für Turniere in ganz Deutschland und zum Teil auch im benachbarten Ausland zur Verfügung steht.
Das Internetportal Dressursport Deutschland hat ein Interview mit dem DOKR-Dressurausschussvorsitzenden Klaus Roeser geführt, in dem der ganz ähnliche Bedenken äußert, wie oben Hans Christian Matthiesen. Auch er spricht von Dopingkontrollen, fairen Wettkampfbedingungen usw. Er sagt aber auch: „Wir sollten uns dieser Thematik nicht verschließen. Das wäre absolut kurzsichtig.“
Sein Fazit ist dieses: „Die sportliche Wertigkeit eines reellen Turniers wird immer deutlich über der einer Online-Prüfung stehen.“
Dressur-Bundestrainerin Monica Theodorescu ist im Interview mit Clip my Horse da schon sehr viel eindeutiger: „Ich halte davon ehrlich gesagt gar nichts. Dass man seinen Ritt analysiert und bewertet haben möchte, kann ich verstehen, das ist auch nachvollziehbar. Im Training arbeiten wir ja auch mit Videoanalyse. Das ist ein gutes Tool. Aber so etwas als Wettbewerb. Dafür braucht man einen Vergleich. Zuhause kann man nie die Turnieratmosphäre auch nur annähernd herstellen. Natürlich weiß man auch nicht, wie sind die Pferde vorher vorbereitet worden. Es gibt keine Dopingkontrollen, keine Stewards. Das hat für mich gar nichts mit Turnier zu tun.“
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