DM Balve 2020: Gold in Kür für Isabell Werth, Silber für von Bredow-Werndl

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Pferdesport, Dressur

Isabell Werth und Weihegold OLD, Kür Deutsche Meister 2020 Balve (© von Korff)

Kopf-an-Kopf Rennen bei den Deutschen Meisterschaften 2020 der Dressur in der Kür: Mit über 90 Prozent siegte Isabell Werth mit Weihegold vor Jessica von Bredow-Werndl und Dalera. Dorothee Schneider und Newcomer Faustus gewannen Bronze.

Die Besten kommen zum Schluss. Die Dramaturgie stimmte. Denn die drei Medaillenträgerinnen von gestern standen am Schluss der Starterliste: Dorothee Schneider, Jessica von Bredow-Werndl und Isabell Werth. Acht Paare kämpften um den deutschen Meistertitel in der Kür nachdem Benjamin Werndl wegen seines Schlüsselbeinbruchs ausgefallen war.

Gold für Weihegold und Isabell Werth – sie tanzen Samba

Passagen und Piaffen zu einem italienischen Pop-Potpourri aus den 1970er Jahren, Passage-Traversalen, die in eine Piaffepirouette mündeten, aus der heraus sich dann direkt eine Passage-Traversale anschloss. Klar arbeitete Isabell Werth den Wechsel von Passagen und versammeltem Trab in den Traversalverschiebungen heraus. Technische Raffinessen wie in einem Feuerwerk. Zack, zack, zack! Und der technische Wert war es, der im Endergebnis den Ausschlag brachte: Zwischen 83,25 und 87,75 gab es für die A-Note von Weihegold und Isabell Werth. Jessica von Bredow-Werndl und Dalera lagen in der technischen Beurteilung zwischen 82,75 und 85,00 Prozent.

Der Galopp – „Du bist so heiß wie ein Vulkan“ kündigte das Thema an: „Tanze Samba mit mir“. Dazu gab es doppelte Pirouetten gefolgt von Zweierwechseln bzw. 17 Einerwechseln. Und am Ende, natürlich bei „Weihe“, nach kurzem Klopfen am Hals in der Passage vor der letzten Mittellinie, alles, was man an Piaffen und Passagen im Vorwärts, seitwärts oder als Pirouette kombinieren kann. Inklusive einer Gänsehaut-360-Grad-Piaffe-Pirouette zum Schluss. Die geballte Faust nach dem Gruß signalisierte – gepackt. Der 16. Deutscher Meistertitel für Isabell Werth mit 90,825 Prozent, einmütiges Richterurteil. Das zweitbeste Ergebnis, das die vielfache Weltcup-Siegerin je erzielt hat.

Isabell Werth sprach von einer der besten Küren, die Weihegold jeweils gegangen ist. „Das war an der Haarspitze auf den Punkt.“ Sie nutzte die Chance, um ausdrücklich im Namen aller Aktiven sich für die optimalen Bedingungen in Balve zu bedanken. Gestern nach Silber im Grand Prix Special heute Gold. „Das pusht mich, das motiviert mich.“

Silber für die Tänzerinnen Jessica von Bredow-Werndl und Dalera

Mucksmäuschenstill war es als Jessica von Bredow-Werndl als vorletzte Starterin das Handzeichen gab. Die Musik setzte ein: La La Land – die EM-Bronze-Kür von Rotterdam 2019! „City of Stars“ erklang zu Passagen und Piaffepirouetten, daraus starker Trab, alles super exakt auf den Takt der Musik. Die Traversalen gelangen heute noch geschmeidiger und selbstverständlicher als gestern im Grand Prix Special. Zwei Tänzerinnen waren da unterwegs, kaum eine Hilfe zu sehen. Ganz relaxt der starke Schritt. Sichere Zweierwechel aus der eineinhalbfachen Galopppirouette, 18 Einerwechsel – wenn man Musicalmelodien hat, dann nutzt man auch die ganze Klaviatur der Lektionen.

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Jessica von Bredow-Werndl und TSF Dalera BB, Silber DM Balve 2020 Kür (© von Korff)

Am Ende Passage-Traversalen, Piaffe-Pirouetten und immer wieder „City of stars“. 89,35 Prozent knapp unterhalb der persönlichen Bestleistung von Neumünster, bedeuteten Silber nach dem Sieg gestern. „Es hätte auch klappen können, wir haben nicht gepatzt, das macht mich stolz. Dalera hatte kein nasses Haar, die steht Bombe da, das macht mich glücklich.“ Jetzt sei die Kraft da und Dalera fiele alles leicht, so Jessica von Bredow-Werndl in ihrem Fazit.

Was den Ausschlag in der technischen Note gegeben hat? Chefrichter Henning Lehrmann ging schnell im Geist noch einmal alle Lektionen durch. „Bei mir waren es letztendlich die Galopppirouetten, die waren bei Weihegold noch einmal deutlich besser als bei Dalera“. Sein Fazit fällt euphorisch aus: „Super Sport, ich habe den beiden Erstplatzierten für die Harmonie eine Zehn gegeben.“

Bronze für den Aufsteiger des Jahres: Faustus und Dorothee Schneider

Pathos ist Trumpf! Schon zum Einreiten erklingt die Carmina Burana „Oh Fortuna“. Dorothee Schneider und ihr noch verhältnismäßig unerfahrener Faustus – es ist erst seine vierte Grand Prix Kür – zeigten gleich, dass sie sich etwas vorgenommen hatten:

Zum Auftakt Passagen über Halbdiagonalen im Wechsel mit Piaffepirouetten mit 90-Grad-Wendung. Dorothee Schneider und Faustus setzten zum Beginn ihres Programms auf die versammelnden Lektionen. Technisch anspruchsvoll: Aus der Piaffe bei E sofort in die Traversale nach rechts. Und entsprechend spiegelbildlich von B nach links. Dorothee Schneider war zu konzentriert, um zu grinsen. Aber sie hätte im Schritt allen Grund dazu gehabt: Starker Schritt im Bereich des unteren Zirkels vor C, damit vor allen Richtern auf einer halben Zehn-Meter Volte erst nach rechts, dann nach links – wer hat, der hat. Und kann es ja allen ausgiebig zeigen!

von Korff

Dorothee Schneider und Faustus – Bronze DM Balve 2020 Kür (© von Korff)

In der Galopptour gab es dann Fehler in den Serienwechseln zu zwei Sprüngen, ein Abstimmungsproblem. Während die Zweierwechsel misslangen, waren die Einerwechsel auf gebogener Linie, 17!, dafür umso schöner genauso bergauf wie kraftvoll nach vorne gesprungen.

Auf der Mittellinie ein Übergang aus dem versammelten Galopp in eine Piaffepirouette mit 360-Grad-Drehung. Das war der Moment, in dem der Hannoveraner wunderbar piaffierte und zeigte, was in ihm alles noch steckt. „Two Steps from Hell“ war das vorherrschende Musikthema. Klänge, die auch in Computerspielen mit Heldenfiguren zu hören sind. 81,6 Prozent für den Hannoveraner, der einst den Otto Lörke-Preis gewonnen hat. „Früher ist er immer lieber hinter mir gelaufen, jetzt läuft er stolz voran.“ Dass er so mutig und stolz vorangegangen ist, „das macht mich glücklich.“

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Ingrid Klimke und Franziskus v. Fidertanz

Willkommen im Hier und Jetzt! Das war das musikalische Motto von Ingrid Klimke und ihrem Hannoveraner Hengst Franziskus. Und wenn man schon nicht nach Malle fahren kann, dann kann man doch die Musik erklingen lassen, die dort Trumpf ist. Wohlbemerkt: die schönen, spanischen Hits, nicht das Ballermann-Gegröhle. „La Cintura“ zu einer taktmäßig passenden Piaffe, „Despacito“ zu Galopppirouetten und Serienwechseln. Originelle Idee: Übergang aus den Einerwechseln (es waren viele!!), direkt in den Schritt. Und aus den Zweierwechseln an der kurzen Seite direkt in die Galopptraversale – auch cool!

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Ingrid Klimke und Franziskus – Vierte DM Balve 2020 Kür (© von Korff)

Zum Schluss durfte Alvaro Soler noch mal sein Cintura schmettern, dazu piaffierte und passagierten Franziskus und Ingrid Klimke zum Schlussgruß. Musik, die man sich auf der Zunge zergehen lassen kann. Dem Publikum gefiel es! 81,35 Prozent

Helen Langehanenberg  und Annabelle

Musik von Edward Grieg untermalte den Auftritt von Helen Langehanenberg und der zwölfjährigen Holsteiner Stute Annabelle. Bewusst setzte die ehemalige Weltranglistenerste die Highlights der hochbeinigen Conteur-Tochter gleich schon mal an den Beginn des Programms: Passagen, auch als Traversalen und Piaffen. Die hochbeinige Stute tanzte.

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Helen Langehanenberg und Annabelle – Fünfte DM Balve 2020 Kür (© von Korff)

Das Wort von Damseys Nachfolgerin machte die Runde. In der Galopptour kam zwar noch etwas Spannung auf, aber diese kurz gesprungenen Galoppwechsel dürften der mangelnden Kür-Routine der beiden geschuldet sein. Die zwölfjährige Holsteiner Stute hat mit 79,850 Prozent, Platz sechs, schon mal darauf hingewiesen, dass Holsteiner nicht nur im Springsport international ein Wörtchen mitreden können.

Sönke Rothenberger und Santiano R

Spanische Kastagnetten zur Piaffe machten schon zum Auftakt klar, was das musikalische Leitmotiv dieser Kür werden würde. Dann ertönte Paul Simons und Art Garfunkels „Cecilia“ zur Passage, die Piaffe von spanischen Akustikgitarren untermalt an der Mitte der langen Seiten, daraus dann mal Passage-Traversalen und dann wieder solche im versammelten Trab. Lässiges Schreiten im Schritt, auch hierzu eine Variation von dem „Cecilia-Motiv“. Im Galopp blieb das Paar Paul Simon, bzw. Simon and Garfunkel, treu: „Mrs Robinson“ aus dem Film „Die Reifeprüfung“. Auf eine doppelte Pirouette mit starkem Galopp folgten Zweierwechsel, bei denen der zwölfjährige DSP-Wallach einen Einerwechsel einbaute.

Ein sehr komplexes und anspruchsvolles Programm mit einer Diagonalen, die mit Zweierwechseln begann, die dann nahtlos in Einerwechsel übergingen. 79,00 Prozent, die B-Note bis 85 Prozent, Platz sechs. Gestern war der Wallach seinen allerersten Grand Prix Special gegangen.

Carina Bachmann und Tarantino v. Toronto

Das Paar begann im Galopp mit doppelter Pirouette und starkem Galopp. Bombastische Orchesterklänge untermalten die kraftvollen und in Sachen Typ etwas altmodisch ausgefallenen Hannoveraner, der ein dynamisches Kraftpaket ist. Seine Paradelektion: Die Passage, geradeaus und auch als Traversale – Weltklasse! Und aus dieser Dynamik heraus ging der Toronto-Sohn dann zu Streichern sofort einen wunderbar losgelassenen Schritt. In den Einerwechseln sprang der Dunkelbraune einmal hinten gleichzeitig.

Mit einer halben Passagevolte und einer Piaffe mit 45-Grad-Wendung sowie 76,375 Prozent verabschiedete sich die Berufsreiterchampionesse in die Babypause.

Jessica Süß und Duisenberg

Jessica Süß und der elfjährige Hannoveraner Duisenberg v. Desperados waren auf Anregung von Bundestrainerin Monica Theodorescu nach Balve gekommen. Und am heutigen Kür-Tag zeigten sie, warum sie diese Nominierung absolut verdient hatten. Das Paar war noch nicht lange in der Bahn, da ging es dann schon richtig schwierig los: Piaffe bei A mit 45 Grad Drehung daraus Passage-Traversale – nicht schlecht für ein Paar, das gestern erstmals in einem Grand Prix Special am Start war. Wohl gemerkt sowohl Reiterin als auch Pferd feierten in dieser Prüfung ihre Premiere bei den Deutschen Meisterschaften. Schon am Samstag hatte das Paar einen guten Eindruck gemacht. Heute setzten sie mehr als einen drauf. Fehlerfreies Programm, super harmonisch und auch die Einerwechsel, die in den beiden Vorprüfungen nicht geklappt hatten, gelangen. 75,15 Prozent. Ein Einstieg nach Maß!

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Jan TönjesChefredakteur

Chefredakteur ab 2012, seit 2003 beim St.GEORG. Pferdejournalist seit 1988. Nach Germanistik/Anglistik-Studium acht Jahre tätig bei öffentlich rechtlichem Rundfunk, ARD, SFB, RBB in Berlin. Familienvater, Radiofan, TV-erfahren, Moderator, Pferdezüchter, Podcasthost, Preise: Silbernes Pferd, Alltech Media Award. Präsident Internationale Vereinigung der Pferdesportjournalisten (IAEJ).