DM Balve 2017: Isabell Werth ist zum 13. Mal Deutsche Meisterin in der Dressur

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Isabell Werth und Emilio in der Piaffe im Grand Prix Special DM Balve 2017 (© Ludwiga von Korff)

Zum 13. Mal ist Isabell Werth heute in Balve Deutsche Meisterin in der Dressur geworden. Mit Emilio setzte sie sich vor Sönke Rothenberger und deklassierte das Feld. Vor allem viele Nachwuchspferde machten die Meisterschaft zu einer besonderen Sache. Und: Helen Langehanenberg hat sich eindrucksvoll zurückgemeldet, gleich mit zwei Pferden.

84 Prozent, Deutsche Meisterin, wieder einmal – Isabell Werth und Emilio landeten oben auf dem Treppchen. Zwei Herren, Sönke Rothenberger und Hubertus Schmidt gewannen Silber und Bronze. Zusammen standen 125 Jahre auf dem Podium im Reitstadion von Balve.

Die Last lag auf meinen Schultern, nicht so sehr auf Emilios Schultern. Ich bin das ja gewöhnt.

Isabell Werth hat gerade ihren 13. Deutschen Meistertitel gewonnen. „Egal, es geht nicht ums Medaillenzählen. Es geht darum, immer wieder Pferde in den Sport zu bringen. Das macht Spaß. Und das Ziel ist es ja immer, dass die Pferde im Spitzensport landen, und wenn das so klappt …“ Werth strahlt. Die Siegesfaust hatte sie schon nach dem Schlussgruß gereckt. Nach einem Ritt, der einfach von vorne bis hinten rund war. „Emilio hat sich heute schon aus Weihes Schatten herausgekämpft“, sagt Werth. Eine stallinterne Wertung möchte sie aber nicht vornehmen.

Weihe ist das Pferd Nummer 1, Emilio die 1a

Schon bei der Grußaufstellung habe sie gemerkt, dass das heute Emilios Tag werden könnte, sagt die nunmehr 13-fache Deutsche Meisterin. „Früher stand er ja schon mal ungern still und ich musste schnell zusehen, dass ich loskam. Das war heute anders. Er hat da gestanden: So, hier bin ich. Er ist einfach souveräner geworden.“

Es war ein Ritt, der alle anderen überragte: Fehlerfrei, präzise und mit der mit Anstand besten Passage-Piaffe-Tour der Meisterschaften. In dieser Form muss Emilio auch international vor keinem anderen Pferd Angst haben – 84,275 Prozent sprechen für sich. Ob sie die auch morgen in der Kür schafft? Achselzucken bei Isabell Werth. „Emilio ist erst vier- oder fünfmal Kür gegangen, einmal bei der Weltcup-Quali, dann in Genf und natürlich im letzten Jahr hier in Balve.“

Sönke Rothenberger und Cosmo: „Schau’n wir mal“

„Wenn man am Anfang schon gleich so viel Seitenwind hat, dann reitet man natürlich etwas mehr auf Sicherheit“ – Sönke Rothenbergers Analyse bringt seinen gesamten Ritt in einem einfachen Satz auf den Punkt. Klassischer Fall von Silber gewonnen, kein Gold verloren. Der Vanh Gogh-Sohn Cosmo, der schon gestern zwei kleine Wackler im Programm hatte, äugte schon beim zweiten starken Trab hinterm Richterhäuschen bei B auf der rechten Hand irritiert nach außen. Auch am Ende der Aufgabe waren die Augen an dieser Stelle besonders groß. In der darauffolgenden Ecke gab es zum Auftakt der Prüfung eine Stockung. Und damit lautete Rothenbergers Konzept: Sicherheit statt Angriff. Lieber etwas weniger Druck, dafür eine sichere Runde. Das schlug sich in Piaffen nieder, die man schon lebhafter und ausdrucksstärker und auch schon mehr am Punkt bei dem Paar gesehen hat. Kurz vor dem Angaloppieren aus der Passage fiel Cosmo in den Trab. „Die Pirouetten waren eigentlich besser als gestern, daran haben wir mit Jonny noch mal gearbeitet“, verriet Rothenberger was heute morgen noch auf der Trainingsliste bei Disziplintrainer Jonny Hilberath oben an stand. „Zu blöd, dass er dann vor der Rechtspirouette noch einmal hinten umgesprungen ist“.

Ludwiga von Korff

Sönke Rothenberger und Cosmo, DM Balve 2017, Foto: Ludwiga von Korff (© Ludwiga von Korff)

Trotz der Prüfung mit Seitenwind und leicht angezogener Handbremse konnte sich der neue deutsche Vizemeister über eine Bewertung von 80,804 Prozent freuen. Wobei maßgeblichen Anteil an dieser hohen Beurteilung die Richterin bei E, Kerstin Holthaus, hatte: Sie lag bei über 85 Prozent, Dr. Dietrich Plewa bei M vergab 78,235 Prozent – sieben Prozent Unterschied in der Bewertung. Das ist nicht so ganz meisterlich, unabhängig von Position und Perspektiven sollte man eine 85-Prozent-Wertung, also einen absoluten Weltklasseritt, dann doch von einer guten Runde mit leichten Unsicherheiten unterscheiden können.

Für keinen anderen Reiter wird die Kür morgen so spannend sein wie für Sönke Rothenberger. Erst einmal hat er sie geritten, exakt vor einem Jahr, bei der Meisterschaft 2016. „Ich werde die Linien nochmal durchgehen“, sagte Rothenberger.

Warum Hubertus Schmidt gerne auf die Bundestrainerin hört

Reitmeister Hubertus Schmidt hat den Rat von Bundestrainerin Monica Theodorescu beherzigt. „Moni hat gesagt, ich sollte doch endlich mal wieder vernünftig reiten“. Daran habe er sich schon gestern gehalten und das wolle er auch morgen in der Kür so machen. Der Trakehner Hengst Imperio hatte eine längere Winterpause, „in der haben wir an seinen Schwächen gearbeitet, das Hinterbein noch stärker gemacht.“ Das hat sich ausgezahlt, vor allem zu Beginn der Grand Prix Special-Aufgabe mit ihrem Wechsel zwischen starkem Trab und Passagen. Über 86 Prozent hatte das Paar zum Auftakt der Prüfung. Der braune Connery-Sohn in herrliche Anlehnung. Feinstes Reiten, im Geradeaus, wie in den Seitengängen. Das Pferd total losgelassen. Willig dehnte sich Imperio sofort an die Hand heran im starken Schritt. Vor der ersten Piaffe lag der Notentrend bei 81 Prozent. Die untermalende Musik wechselte zur Piaffe zu den Klängen von Robin Thickes „Blurred Lines“, was soviel wie „verschwommen, vernebelt“ bedeutet, und damit unbewusst irgendwie das Thema der Imperio-Piaffen gut beschreibt. Der Hengst zeigt eine trabartige Bewegung auf der Stelle, aber souveränes Piaffieren ist etwas anderes. In den fliegenden Galoppsprüngen ist der Wechsel nach links häufig etwas kürzer gesprungen als der nach rechts. Aber der Reitmeister weiß, wie man punktet. Toller starker Galopp mit vollem Risiko, die Pirouetten gelangen. Am Ende standen 77,19 Prozent unterm Protokoll, Bronze.

Ludwiga von Korff

Hubertus Schmidt und Imperio im Grand Prix Special, DM Balve 2017  Foto: Ludwiga von Korff (© Ludwiga von Korff)

Monica Theodorescu hatte auch allen Grund zur Freude. Die Ausfall zweier Oympiasieger im Jahr Eins nach Rio würde eigentlich jede andere Nation in Bedrängnis bringen. Aber auch ohne Desperados und Showtime ist Deutschland gewappnet für die kommenden Championate. „Einige Pferde haben wieder etwas drauflegen können“, sagte die Bundestrainerin. „Das ist Sinn und Zweck unserer Arbeit. Emilio ist weiter und sicherer, er ist gewachsen mit seinen Aufgaben. Cosmo geht beständig trotz kleiner Wackler auf hohem Niveau. Dorothee Schneiders Sammy Davis jr. ging heute mit Kleinigkeiten, kommt aber immer weiter voran. Er ist ja noch jung. Die Pferde von Helen Langehanenberg sind nicht zu vergessen. Auch Fabienne Lütkemeiers Fabregaz ging richtig gut, ein Pferd mit sehr viel Potenzial.“

Vierte wurde Dorothee Schneider, die aber mit Sammy Davis jr. v. San Remo nicht so stark unterwegs war wie noch vor zwei Wochen in München. Schon den ersten starken Trab ritt die Ausbilderin äußerst vorsichtig, eher im mittleren Tempo, wohl um keine Taktfehler zu riskieren. In den Passagen war der bayerische Wallach sehr gleichmäßig und das Sprunggelenk, das der Rappe dann und wann auch schon mal recht hoch und wenig unter den Körper schwingen lassen kann, arbeitete auch gut in Richtung Körperschwerpunkt. Die ersten Piaffen waren allerdings wenig akzentuiert und deutlich im Vorwärts, nach der Galopptraversale sprang Sammy Davis jr. den fliegenden Wechsel vor der Hilfe der Reiterin. Nach den Zweierwechseln nutzte die Mannschaftsolympiasiegerin die kurze Seite, um ihr Pferd noch einmal zusammenzuschieben und das Genick wieder etwas höher zu bekommen. Die Rechtspirouette hätte man sich rhythmischer gewünscht. Alles Kleinigkeiten bei einem Pferd, das 2017 erst seine erste Grand Prix-Saison geht. Geschickt glich Schneider auch bei der zweiten Pirouette mit dem äußerem Zügel aus, damit das Pferd in der Balance bleiben konnte. Vier Punkte trennten sie am Ende von der Bronzemedaille, 77,039 Prozent. Drei Richter hatten sie an dritter Stelle gesehen, Hubertus Schmidt nur zwei.

Helen Langehanenberg ist wieder da – und wie!

Manchmal sind es nicht nur die Ritte, die ganz vorne landen, die einen besonders in ihren Bann ziehen. Gleich zwei solcher Ritte legte Helen Langehanenberg heute hin.

Als sie als zwölfte Starterin mit dem Hannoveraner Hengst Damsey v. Dressage Royal ins Viereck kam, konnte sie nur sich selbst schlagen: Denn bis dahin führte die 35-jährige mit ihrem erst neunjährigen Suppenkasper. Der Niederländer v. Spielberg hat mit seinem Grand Prix Special von heute auf seinem Weg nach oben gleich eine ganze Etage geschafft. Ginge es darum, Etagen in einem Treppenhaus zu erreichen, dann hat Suppenkasper heute gleich drei Stufen pro Schritt genommen. Gestern hatte es diverse Haker gegeben, heute war Helen Langehanenberg so konzentriert wie man das von ihr kennt. Ihr Gesichtsausdruck ähnelte dem, mit dem sie 2013 mit einem bravourösen Ritt die Mannschaftsgoldmedaille bei der Europameisterschaft in Herning für Deutschland gesichert hatte. 110 Prozent Konzentration.

Das Pferd arbeitete gut durch den Körper, locker und willig. Die Piaffen waren viel sicherer als gestern, alles andere klappte auch. Langehanenberg weiß, wie sich Ritte anfühlen, die an die 80 Prozentmarke herangehen. Sie ist aber auch lange genug im Geschäft, um zu wissen, dass die Richter sich erst einmal „warm sehen“ müssen. Und so hieß es auch schon nach der Prüfung aus dem Richterhäuschen heraus, dass dieses Paar sicherlich „nicht erst in drei Jahren“, ganz oben, sprich im 80-Prozent-Bereich zu erleben sein wird. 75,118 Prozent bedeuteten Platz sieben. Teuer waren eine leichte Unstimmigkeit in einer Piaffe und vor allem der Übergang vom versammelten Galopp nach den Pirouetten in den versammelten Trab. Womöglich verlor Helen an dieser Stelle das Gros jener 17 Punkte, die sie in der Schlussabrechnung mit Suppenkasper vom erfahreneren Damsey trennten. Der 15-jährige Hengst, Fünfter mit 76,549 Prozent, ging eine dynamische Prüfung. Seine Piaffen waren losgelassen, der Kandarenzügel stand während der gesamten Prüfung ganz leicht an. In den neun Einerwechsel zwischen den beiden Galopppirouetten sprang er einmal kurz.


Team für Aachen nominiert: Werth mit drei Pferden

Die Mannschaft, die in Aachen im Nationenpreis reiten soll, wurde nach dem Grand Prix Special benannt:

Isabell Werth mit Weihegold (Reserve 1: Emilio, Reserve 2: Don Johnson)
Sönke Rothenberger mit Cosmo
Hubertus Schmidt mit Imperio
Dorothee Schneider mit Sammy Davis jr.
1. Reserve: Helen Langehanenberg mit Damsey, Reserve: Suppenkasper
2. Reserve: Fabienne Lütkemeier und Fabregaz


Platz sechs sprang für Fabienne Lütkemeier heraus. Mit ihrer Zukunftshoffnung Fabregaz v. Florestano, der in Dortmund überzeugt hatte, begann sie schwungvoll. In den Trabtraversalen hätte man sich mehr Linksbiegung gewünscht, auch an Kadenz darf es noch ein bisschen mehr sein. Aber angesichts der Tatsache, dass der Bayer über 1,80 Meter Stockmaß misst und erst in seiner ersten „richtigen“ Grand Prix Saison unterwegs ist, kann man diesen Mangel an Kraft verschmerzen. Es gibt Dinge, die brauchen eben Zeit, die kann man nicht erzwingen. Denn im Galopp zeigt er gerade auch in den Seitengängen welche Möglichkeiten in Sachen Schulterfreiheit er mitbringt. Die erste Piaffe war deutlich im Vorwärts, die zweite etwas besser, hätte aber auch energischer sein dürfen. Dann folgte besagtes großes Galoppieren in den Traversalverschiebungen nach rechts und links. Sichere, ausdruckstarke Wechseltouren auf den Diagonalen, eine sehr gute Linkspirouette, und zum Schluss eine Mittellinie vorm Gruß mit Passagen und Piaffen, bei denene Fabregaz in Richtung Richterhäuschen zu sagen schien: „Seht her! Ich komme.“ 75,19 Prozent waren keine Bewertung, die man als allzu üppig nennen kann. Mit „Dagi“, D’agostino v. De Niro, hatte Lütkemeier auch schon eine gute sichere Runde gedreht, Platz 73,49 Prozent, Platz neun. „Egal, ich hatte Spaß“, bilanziert die 27-Jährige nach dem Ritt mit D’Agostino.

Achter wurde Jan Dirk Gießelmann mit dem Hannoveraner Real Dancer v. Rubin Royal. Das Paar hatte gestern reichlich Fehler. Heute gelang die Prüfung besser (74,510). Zehnte wurde Anabel Balkenhol mit dem Imperio-Sohn Heuberger, Finalist im vergangenen Jahr beim Louisdor-Preis. Balkenhol hätte sich heute vermutlich eine Aufgabe ohne Serienwechseln gewünscht. Sowohl Heuberger (73,431/Zehnter) als auch Routinier Dablino (71,804/13.) hatten in diesen Lektionen heute einen Knoten. Elfte wurde Charlott-Maria Schürmann, 73,275. Ihr Burlington v. Breitling kam in der ersten Trabverstärkung etwas unrund daher. Außerdem verritt sich die beste der Teilnehmerinnen aus der Deutschen Bank Reitsport Akademie in der Galopptour. „Läuten, läuten“ war da deutlich aus dem Richterhäuschen bei H zu vernehmen, wo die resolute Bayerin Katrina Wüst saß. Chefrichter Reinhard Richenhagen war noch nicht aufgefallen, dass an dieser Stelle im Grand Prix Special nicht etwas Zweierwechsel von der rechten Hand auf der Diagonalen gefordert waren, sondern eine Rechtstraversale.

Gegen einen schwachen ersten Eindruck mit mehreren Taktfehlern auf der ersten Diagonale starker Trab musste Bernadette Brune anreiten. Man hatte den Eindruck, dieser kleine „Hallo wach“ führte sie zurück auf den Pfad der Konzentration. Ihr gelangen gute Piaffen mit geschmeidigen Übergängen und gute Pirouetten, 72,373 Prozent, Platz zwölf.

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Jan TönjesChefredakteur

Chefredakteur ab 2012, seit 2003 beim St.GEORG. Pferdejournalist seit 1988. Nach Germanistik/Anglistik-Studium acht Jahre tätig bei öffentlich rechtlichem Rundfunk, ARD, SFB, RBB in Berlin. Familienvater, Radiofan, TV-erfahren, Moderator, Pferdezüchter, Podcasthost, Preise: Silbernes Pferd, Alltech Media Award. Präsident Internationale Vereinigung der Pferdesportjournalisten (IAEJ).